Samstag, 18. Oktober 2014

Neunzehnter Sonntag nach Pfingsten - Predigt vom hl. Thomas von Aquin

Zweite Rede 


Jesus bestieg ein Schiff und fuhr über das Meer und kam in seine Stadt. Matth. 9, 1. (Gewöhnlich auf den vorhergehenden Sonntag)

Im allegorischen (geistigen) Sinne ist diese Stadt das himmlische Jerusalem. Der Psalmist (80.) sagt: Rühmliches wurde von dir, Stadt Gottes erzählt. Zn dieser Stadt gelangt der, welcher ein Schiff besteigt, d.h. das heilige Leben, und über das Meer dieser Welt schifft. Im moralischen (sittlichen) Sinne bezeichnet das Schiff die Heiligkeit des Lebens aus drei Gründen; zuerst in Bezug auf die Sache, zweitens in Bezug auf die Form, und drittens in Bezug auf den Endzweck. (Siehe den vierten Sonntag nach Epiphanie 1. Rede  2. und 3. Rede)  Es muß aber Jeder zu dieser Stadt eilen. Zuerst wegen der Sicherheit, zweitens wegen der Armuth, drittens wegen des Ueberflusses.
 In Bezug auf den ersten Punkt ist zu bemerken, daß es in der hinrmlischen Stadt aus drei Gründen sicher ist. Zuerst weil sie von den festesten Himmeln gleichsam den stärksten Säulen, beschützt ist. Der Herr sei gepriesen, weil er seine Erbarmung in der befestigten Stadt wunderbar macht. (Ps. 30.) Zweitens, weil es dort keinen Bösen gibt, welcher die Sicherheit und den Frieden stören könnte. Herr, in deiner Macht wirst dir ihr Bild zunichte machen (Ps.72.) Drittens, weil sie sich auf die Ewigkeit gründet. Wie wir hörten, so sahen wir es in der Stadt des Herrn der Kräfte, in der Stadt unseres Gottes; Gott gründete sie in Ewigkeit. (Ps. 47). Der Apostel (Hebr. 11.) sagt: Denn er erwartete die im Grunde feste Stadt, dessenr Künstler und Erbauer Gott ist.
In Bezug auf den zweiten Punkt ist zu bemerken, daß die Anmuth der Stadt in drei Stücken besteht. Zuerst weil sie mit den schönsten Mauern geziert ist. In den Sprüchen (9.) heißt es: Sie (die Weisheit) sandte ihre Mägdlein (nämlich schwache und verächtliche Prediger erwählte er) aus, auf das Schloß und in die Mauern der Stadt zu laden. Zweitens, weil sie vom beständigen Lichte erhellt wird. Die Offenbarung (21.) sagt: Und die Stadt hat keine Sonne, keinen Mond um ihr zu leuchten, denn die Klarheit Gottes erleuchtet sie, und ihre Leuchte ist das Lamm und die Völker wandeln in seinem Lichte. Drittens weil eine wunderbare Temperatur ohne Hitze und Kälte beständig herrscht. Dort leuchtet über sie keine Sonne - heißt es (Offenb. 7.) - weil das Lamm, das in ihrer Mitte ist, sie beherrscht, und sie zu den Quellen des Lebens führt, und Gott wird jede Thrane von ihren Augen abtrocknen. Der Psalmist (65.) spricht: Wir gingen durch Feuer uud Wasser und du führtest uns zur Erquickung.
 In Bezug auf den dritten Punkt ist zu bemerken, daß dort Überfluß an allen Gütern, d. h. an allen Freuden ist. Isaias (33.) sagt: Deine Augen werden die Stadt Jerusalem, die reiche Wohnung sehen. Aber die Freuden entstehen aus drei Ursachen. Zuerst aus der Anschauung der göttlichen Schönheit. Den König werden sie in seinem Schmucke sehen (Isai. 33.) Zweitens aus der Schönheit und Güte der Gemeinschaft mit den Engeln, welche seiue Mitbürger sind. Ihr seid hinzugetreten - spricht der Apostel (Hebr. 12.) zum Berge Sion und zur Stadt des lebendigen Gottes, zum himmlischen Jerusalem und zur Versammlung vieler tausend Engel, und zur Kirche der Erstlinge die im Himmel aufgezeichnet sind und zu Gott dem Richter von Allen und zum Geiste der vollendeten Gerechten. Drittens aus der beständigen Dauer der ewigen Freude. Sieh hin, auf Sion die Stadt euerer Festlichkeit. Denn die, welche in dieser Stadt sind feiern ein beständiges Fest und thun nichts anderes als ruhen, anschauen, lieben, loben, singen wie es an einem Feste üblich ist. Der heilige Augustin sagt in der Stadt Gottes: Wenn man uns fragt, was man in jener Stadt zu thun habe, so antworten wir, daß wir dort ruhen und schauen und lieben und loben und singen. Denn welch andern Zweck haben wir als zum Reiche zu gelangen, das kein Ende hat? Dazu wolle uns Gott führen. Amen.

1. Rede

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