Mittwoch, 2. Oktober 2013

Predigt vom hl. Thomas v. Aquin - Dritter Sonntag nach Epiphanie

Dritter Sonntag nach Epiphanie

 

(Aus dem Buch Des heiligen Thomas von Aquin, des englischen Lehrers, Predigten auf das ganze Kirchenjahr)

 

Erste Rede


 Seid nicht klug bei euch selbst. Röm. 12, 16.

 Diese Worte enthalten nach der doppelten Auslegung zwei Uebel, nämlich das der Hoffart und des Geizes. Auf die erste Weise legt man diese Worte so aus: Seid nicht klug bei euch selbst, d. h. haltet euch nicht für weise und klug, was durch den Stolz geschieht. Der Prophet (Isai. 5.) sagt: "Wehe euch, die ihr in euern Augen weise seid." Auf die andere Weise legt man es so aus: "Seid nicht klug," d. h. behaltet die Klugheit nicht bei euch, sondern theilet sie den Andern mit, oder: Uebet die Klugheit nicht für euch, sondern vielmehr für den Nächsten aus.

 Von der Hoffart soll uns vorzüglich dreierlei abschrecken, zuerst weil er sich von Gott entfernt; zweitens vom Nächsten; drittens von sich selbst. Von Gott entfernt sich der Mensch auf dreifache Weise, erstens indem er von Gott abfällt, zweitens indem er gegen ihn kämpft, und drittens indem er sfich gegen ihn erhebt. Daher sagt die Schrift (Pred. 10.): "Der Anfang der Hoffart des Menschen ist es von Gott abzufallen." Vom zweiten sagt der Psalmist (73.): "Der Stolz derer, die dich hassen, wächst immer." Vom dritten Falle sagt (Job. 15.): "Er rannte gegen ihn mit ausgedehntem Halse." Darum ist der Herr immer bewaffnet, um dem Stolze zu widerstehen. Jacobus (4.) sagt: "Gott widersteht den Hoffärtigen."

 Vom Nächsten entfernt ihn der Stolz gleichfalls auf dreifache Weise, zuerft, indem er ihn durch Beleidigungen verwirrt, zweitens indem er ihn durch Bosheit quält, drittens indem er ihn verachtet. Vom ersten Falle sagt die Schrift (Sprichw. 13.): "Unter den Stolzen sind immer Zwistigkeiten." Und: "Der Böse sucht immer Unfrieden;" der Böse ist aber der Stolze. Vom zweiten Falle sagt der Prophet (Isai. 14.): "Gott zerbrach den Arm der Gottlosen, die Ruthe der Herrscher, welche die Völker widerrechtlich mit einer unheilbaren Wunde schlägt, die Völker in der Wuth unterwirft und sie grausam verfolgt." Vom dritten spricht (Job. 12.): "Die Einfalt des Gerechten wird verlacht, die Lampe ist verachtet in den Gedanken der Reichen," d. h  der Stolzen.

 Von sich selbst entfernt den Menschen der Stolz auf dreifache Weife, zuerst indem er sich selbst täuscht, zweitens indem er sich selbst verfinstert, und drittens indem er sich selbsft verwirrt. Von der ersten Art sagt (Jeremias. 49.): "Dein Stolz und deine Anmaßung hinterging dich;" von der zweiten sagen die Sprichwörter (21.): "Der Stolze und Anmaßende heißt thöricht;" und von der dritten gleichfalls (11.): "Wo Stolz ist, da ist auch Schmach," und der Prediger (10.): "Wer ihn besitzt (nämlich den Stolz), der wird mit Uebeln überhäuft und am Ende vernichtet er ihn."

 Vor der Sünde der Habsucht aber warnt uns der Schöpfer, das Geschöpf, und die Natur, und es ist zu bemerken, daß der Schöpfer warnt, indem er droht, das Geschöpf indem es sich und das Seinige gibt, die Natur indem sie abhält. In Bezug auf das erste heißt es (Luc. 12.): "Enthaltet euch von jeder Habsucht;" in Bezug auf das zweite sagt der heilige Angustin: "Es ist ein großes Zeichen der göttlichen Güte, daß jedes Geschöpf sich selbft hingeben muß." Vom dritten sagt Tobias (4.): "Was du nicht willst, daß dir geschehe, füge auch keinem Andern zu."
Dieß sind die zwei Kranken, welche in dem heutigen Evangelium geheilt werden. Der Aussätzige ist der Stolze, welcher sich aufbläht, der Wassersüchtige aber ist der Geizige. Sie werden aber durch zwei Güter geheilt, wozu uns der Apostel in der Epistel ermahnt; zuerst indem er sagt: "Habet Frieden mit allen Menschen," wodurch er den Stolz verbietet, denn der Stolze hat mit Niemandem Frieden. Zweitens in dem er sagt: "Sorget für die Güter," wodurch er vor dem Geize warnt, welcher für keine Güter sorgen will.

2. und 3. Rede
Alle Predigten vom Hl. Thomas von Aquin 
 

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