Donnerstag, 20. April 2017

4. Sonntag im August - Hl. Papst Gregor aus dem Brevier

Lesung 4-6
Aus dem Buch des hl. Papstes Gregor über Sittenfragen
Es gibt manche, die ganz gleichgültig dahinleben, die nur nach vergänglichen Dingen streben und das Ewige entweder gar nicht kennen, oder wenn sie es kennen, sich nicht darum kümmern. Sie empfinden keine Reue und lassen sich auch nicht beraten; sie denken gar nicht an die ewigen Güter, die sie preisgegeben haben, und fühlen sich ganz glücklich bei ihrem zeitlichen Besitze. Die Armen! Sie erheben ihr Geistesauge gar nicht zum Licht der Wahrheit, für das sie geschaffen sind; ihre Sehnsucht richtet sie nie empor zur Betrachtung der ewigen Heimat; vielmehr gehen sie ganz auf in dem, was sie besitzen, und statt der Heimat lieben sie die Verbannung, die sie leiden, und in der Blindheit, die sie tragen, hüpfen sie vor Freude, als ob sie im hellsten Licht wären. Demgegenüber erkennen die Auserwählten die Nichtigkeit alles Vergänglichen und trachten nur nach dem, wozu sie geschaffen sind. Nichts außer Gott kann ihre Herzenssehnsucht stillen, und so findet ihr Geist, wenn er des mühevollen Suchens müde ist, seine Ruhe im Vertrauen auf den ewigen Schöpfer und im Aufblick zu ihm, und er hat nur den einen Wunsch, den himmlischen Heerscharen eingegliedert zu werden. Ein jeder von ihnen erhebt sich, obgleich er dem Leibe nach noch auf Erden weilt, mit dem Geist über die Erde empor; er beklagt die harte Verbannung, die er noch leiden muss, und unter unaufhörlichen Liebesseufzern wächst seine Sehnsucht nach dem ewigen Vaterlande immer mehr. Zu seinem grüßten Schmerz sieht er, wie das, was er verloren hat, ewig ist, und findet so einen heilsamen Antrieb, das Zeitliche zu verachten, in dem er leben muss. Und je mehr in ihm die Einsicht wächst, daß er alles Vergängliche bei Seite lassen soll, desto größer wird sein Schmerz, daß er noch nicht zu dem Unvergänglichen gelangen kann. Man muss auch bedenken, daß Leute, die gedankenlos handeln, keinen Seelenschmerz kennen. Denn wer ohne Überlegung dahinlebt, von den Zufällen des Lebens sich leiten läßt und ganz darin aufgeht, der wird dabei von keinem quälenden Gedanken beunruhigt. Wer aber auf den Sinn des Lebens achtet, der überlegt vorsichtig und schaut sich vor jeder Handlung bedächtig um, und damit das, was er unternehmen will, keinen unerwarteten  schlimmen Ausgang nehme, darum überlegt er es sich vorher, genauso wie man mit dem Fuße erst  behutsam den Boden abtastet. Er überlegt, damit ihn nicht unnötige Furcht abhalte von dem, was zu tun ist, damit ihn nicht die Überstürzung zu dem hinreiße, was aufzuschieben ist, damit nicht das Schlechte infolge des ungezügelten Verlangens offen die Oberhand gewinne, damit nicht das Gute infolge eitler Ruhmsucht ihn hinterlistig zu Fall bringe.

(aus dem Deutschen Brevier übersetzt von Dr. Johann Schenk 1937)

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