Mittwoch, 8. März 2017

Fronleichnam - Hl. Thomas von Aquin aus dem Brevier

Lesung 4-6
Predigt des hl. Thomas von Aquin

Die unermeßlichen Segensgaben, die Gott in seiner Freigibigkeit dem christlichen Volke zuteil werden läßt, verleihen ihm eine unschätzbare Würde. Denn es gibt kein, und es gab auch nie ein Volk, wenn es auch noch so groß war, das die Gottheit so nahe hätte, wie unser Gott uns nahe ist. Denn der eingeborene Sohn Gottes wollte uns an seiner Gottheit teilnehmen lassen; darum nahm er unsere Natur an, und wurde Mensch, um uns Menschen zu Göttern zu machen. Zudem schenkte er das, was er von unserer Natur angenommen hatte, uns zu unserem Heile wieder. Seinen Leib brachte er zu unserer Versöhnung auf dem Altare des Kreuzes Gott dem Vater als Opfer dar; sein Blut vergoß er, um uns loszukaufen und zugleich um uns reinzuwaschen; er wollte uns befreien aus unserer elenden Knechtschaft, uns reinigen von allen Sünden. Damit aber das Andenken an diese große Erlösungstat immerdar wach in uns bleibe, hinterließ er unter der Gestalt von Brot und Wein seinen Gläubigen seinen Leib als Speise und sein Blut als Trank. O kostbares, staunenswertes Gastmahl, voll des Segens und aller Süßigkeit! Was kann es kostbareres geben als dieses Gastmahl? Hier wird uns nicht das Fleisch von Kälbern und Böcken, wie einst im alten Bunde, sondern Christus der wahre Gott, zur Speise gereicht. Was kann es Wundervolleres geben als dieses Sakrament? In ihm werden Brot und Wein wesentlich in Christi Leib und Blut verwandelt; und so ist Christus, der wahre Gott und wahre Mensch, unter der unscheinbaren Gestalt von Brot und Wein gegenwärtig. Er wird also von den Gläubigen genossen, aber nicht zerteilt; vielmehr bleibt er, wenn auch die Gestalten zerteilt werden, dennoch unter jedem Teil unversehrt gegenwärtig. Die Gestalten existieren hier ohne ein Wesen, das sie trägt; hier muss also der Glaube Platz greifen, da etwas Sichtbares unsichtbarerweise genossen wird, verborgen unter einer fremden Gestalt. So bleiben die Sinne vor Täuschung bewahrt, die nur nach den bekannten Gestalten urteilen. Kein Sakrament ist sodann segensreicher als dieses; durch dies werden die Sünden abgewaschen, die Tugend nimmt zu, die Seele wird mit einer Überfülle von geistigen Gnadengaben gelabt. Es wird in der Kirche für Lebende und Verstorbene dargebracht, damit auch allen zugute komme, was zum Heile aller eingesetzt ist. Keiner kann endlich die Lieblichkeit dieses Sakramentes beschreiben. Hier kosten wir die geistige Wonne in ihrem Quell: hier wird das Andenken an die übergroße Liebe begangen, die Christus in seinem Leiden bewiesen hat. Um diese unermessliche Lieb den Herzen der Gläubigen ganz tief einzuprägen, hat Christus beim letzten Abendmahle, als er das Paschamahl gefeiert hatte und sich eben anschickte, hinzugehen zum Vater, dieses Sakrament eingesetzt zur ständigen Erinnerung an sein Leiden; das ist die Erfüllung der alten Vorbilder, das größte seiner Wunder. So schenkte er seinen Jüngern, die über seinen Weggang traurig waren, einen ganz einzigartigen Trost.
(aus dem Deutschen Brevier übersetzt von Dr. Johann Schenk 1937)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen