Dienstag, 14. Februar 2017

Sonntag Quinquagesima - Papst Gregor aus dem Brevier

Lesung 7-9
Luk. 18, 31-43

Auslegung des hl.Papstes Gregor

Unser Erlöser sah voraus, daß seine Jünger bei seinem Leiden in große Verwirrung geraten würden. Darum sagte er ihnen schon lange zuvor sein schmachloses Leiden, aber auch seine glorreiche Auferstehung voraus, damit sie an seiner Auferstehung nicht zweifelten, auch wenn sie ihn sterben sähen, so wie er es vorhergesagt hat. Aber die damals noch ganz irdisch gesinnten Jünger konnten seine geheimnisvollen Worte nicht fassen; darum wirkte er ein Wunder; vor ihren Augen erhielt ein Blinder das Augenlicht wieder. Himmlische Werke sollten sie im Glauben festigen, nachdem sie seine Worte von dem geheimnisvollen Ratschlusse des Himmels nicht verstehen konnten. Die Wunder unseres Herrn und Heilandes, geliebteste Brüder, sind unter einem doppelten Gesichtspunkte zu betrachten. Zunächst müssen wir glauben, daß sie wirklich geschehen sind. Sodann hat jedes auch eine höhere Bedeutung und will uns etwas sagen. Seine Werke lehren uns etwas durch die Macht, die sich in ihnen äußert und noch etwas durch ihre tiefere Bedeutung.Wer dieser Blinde war, ist uns geschichtlich unbekannt; wohl aber wissen wir, was er versinnbilden und bedeuten soll. Blind ist nämlich das Menschengeschlecht. In seinem Stammvater wurde es aus dem Paradies der Wonne vertrieben, es kannte die Schönheit des himmlischen Lichtes nicht mehr und saß infolge seiner Verdammung in der Finsternis. Als der Erlöser kam, empfing es neues Licht. Nun kennt es das Glück innerer Erleuchtung und verlangt danach und kann durch Übung guter Werke auf dem Weg des Lebens voranschreiten. Zu beachten ist auch, daß der Blinde das Augenlicht erhielt, als Jesus sich Jericho näherte. Jericho bedeutet so viel wie Mond. In der Sprache der heiligen Schrift ist der Mond ein Sinnbild für die Vergänglichkeit des Fleisches. Denn er nimmt regelmäßig jeden Monat ab und ist so ein Bild für die Vergänglichkeit unseres sterblichen Leibes. Als unser Schöpfer also sich Jericho nähert, erhielt der Blinde das Augenlicht wieder. Als Gott unseren vergänglichen Leib annahm, erhielt das Menschengeschlecht das Licht, das es verloren hatte, wieder. Gott leidet Menschliches und dadurch wird der Mensch zu Gott emporgehoben. Darum passt es auch ganz gut, wenn es von dem Blinden heißt: Er saß am Weg und bettelte. Denn die ewige Wahrheit selbst sagt: Ich bin der Weg.
(aus dem Deutschen Brevier übersetzt von Dr. Johann Schenk 1937)

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