Mittwoch, 15. Februar 2017

Osterdienstag - Hl. Ambrosius aus dem Brevier

Luk. 24, 36-47
Auslegung des hl. Bischofs Ambrosius

Das ist doch wunderbar, wie der Leib des Herrn durch feste Körper hindurchdringen konnte! Unsichtbar kam er, sichtbar war er gegenwärtig; sein Leib war leicht zu berühren, aber schwer zu erklären. Die Jünger erschraken daher und glaubten, einen Geist zu sehen. Deshalb wollte uns der Herr die Wirklichkeit seiner Auferstehung beweisen und sprach daher: Tastet und sehet! Ein Geist hat nicht Fleisch und Bein, wie ihr es hier an mir sehet! Er kam also nicht ohne Körper durch die verschlossene Tür, sondern mit seinem durch die Auferstehung verklärten Leibe. Denn was man berühren kann ist ein wahrer Körper; was man betasten kann, ist ein wirklicher Leib. Auch wir werden mit unserem Leibe auferstehen. Denn gesät wird ein sinnlicher Leib, auferstehen wird ein geistiger Leib. Der ist dann aber feiner als unser jetziger grober Körper, der noch mit dem Staube der Erde belastet ist. Wie? Soll das kein wahrer Leib gewesen sein? Er trug doch die heiligen Wundmale noch: Der Herr bot sie seinen Jüngern zum Betasten dar. Er hat damit nicht nur unseren Glauben gestärkt, sondern auch unsere Andacht gefördert. Er wollte diese Wundmale, die er für uns empfangen, nicht auslöschen, sondern sie mit in den Himmel nehmen, um sie Gott, dem Vater, als den Lösepreis für unsere Befreiung zu zeigen. So läßt ihn der Vater zu seiner Rechten Platz nehmen und begrüßt die Siegeszeichen unserer Erlösung. Die Verherrlichung seiner Wundmale zeigt uns, daß auch die Martyrer einst so verherrlicht werden. Zum Schluss wollen wir noch betrachten, wie es zu verstehen ist, wenn Johannes sagt, die Apostel haben geglaubt und sich gefreut; Lukas aber berichtet, sie seien wegen ihres Unglaubens getadelt worden; nach Lukas haben sie dort im Saale den Heiligen Geist empfangen, nach Johannes sollen sie in der Stadt bleiben, bis sie mit der Kraft aus der Höhe ausgerüstet werden. Mir scheint, Johannes hat als Apostel nur die wichtigsten und bedeutendsten Ereignisse erwähnt, Lukas dagegen alle, so wie sie aufeinander folgten und den Menschen am leichtesten verständlich sind. Lukas gibt also einen ausführlicheren, wahrheitsgetreuen Bericht, Johannes mehr einen Auszug. An der Glaubwürdigkeit des Johannes darf man keinen Zweifel hegen, da er doch Zeugnis gibt von dem, was er selbst miterlebt hat, und sein Zeugnis ist wahr; ebenso müssen wir aber auch von Lukas, der auch ein Evangelist sein durfte, jeden Verdacht der Nachlässigkeit oder Lüge fernhalten. Wir glauben daher, daß beide Berichte wahr sind und daß sie sich weder in ihren Behauptungen widersprechen, noch von verschiedenen Personen reden. Denn obschon Lukas zuerst sagt, sie hätten nicht geglaubt, so zeigt er doch auch, daß sie später geglaubt haben. Wenn wir also nur den ersten Teil des Berichtes betrachten, so scheint ein Widerspruch vorzuliegen. Wenn wir aber auch das Nachfolgende beachten, dann besteht sicher volle Übereinstimmung.
(aus dem Deutschen Brevier übersetzt von Dr. Johann Schenk 1937)

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