20. Mai
Lesung 4-6
Bernardin stammte aus der vornehmen Familie Albizeschi in Siena.
Schon in früher Jugend zeigte er deutliche Spuren seiner späteren
Heiligkeit. Von seinen frommen Eltern wurde er trefflich erzogen. Er
hielt sich fern von den Spielen der Kinder und fand schon während der
ersten Schuljahre seine besondere Freude an frommen Übungen; er liebt
das Fasten und das Gebet, besonders die Verehrung der allerseligsten
Jungfrau. Ganz hervorragend war seine Liebe zu den Armen. Um diese
Tugenden mit der Zeit immer besser üben zu können, ließ er sich in die
Gemeinschaft der frommen Männer aufnehmen, die zu Siena im Krankenhaus
St. Maria de Scala Gott dienten, aus denen mehrere berühmte Heilige
hervorgegangen sind. Dort übte er sich in der Abtötung und widmete sich
mit geradezu unglaublicher Hingabe der Krankenpflege, besonders als dort
eine schlimme Pest wütete. Neben anderen Tugenden wachte er mit
heiligem Eifer über seine Reinheit, obwohl seine schöne Erscheinung ihm
manche Schwierigkeiten brachte; in seiner Gegenwart wagte auch der
Schamloseste es nicht, ein weniger anständiges Wort zu reden.
Eines Tages wurde er schwer krank; mit größter Geduld trug er dies vier
Monate lang. Als er endlich wieder gesund war, überlegte er sich, ob er
nicht lieber in einen Orden eintreten solle. Um ganz sicher zu gehen,
mietete er sich ein kleines Haus am Ende der Stadt. Darin lebte er ganz
zurückgezogen und äußerst streng. Inständig bat er Gott um Erleuchtung,
was er tun solle. Auf Gottes Eingebung hin erwählte er sich dann den
Orden des heiligen Franziskus. Darin zeichnete er sich durch Demut,
Geduld und alle anderen für einen Ordensmann nötigen Tugenden aus. Auch
der Klostervorsteher merkte dies; schon früher hatte er seine
Gelehrsamkeit und Schriftkenntnis schätzen gelernt; darum übertrug er
ihm das Predigtamt. Demütig übernahm es Bernardin. Aber er merkte bald,
daß er wegen seiner schwachen, heiseren Stimme nicht recht dazu geeignet
sei; da betete er zu Gott um Hilfe und wunderbarerweise schwand das
Hindernis.
Die Zeiten waren damals sehr schlimm, Laster und Verbrechen hatten
überhand genommen, infolge der blutigen Parteikämpfe in Italien war
göttliches und menschliches Recht mißachtet. Da eilte Bernardin durch
Städte und Dörfer und stellte durch seine Predigten und sein Beispiel im
Namen Jesu, den er stets im Munde führte und im Herzen trug, die
gesunkene Frömmigkeit und christliche Sitte großenteils wieder her. So
kam es, daß berühmte Städte ihn vom Papst als Bischof begehrten; er
lehnte jedoch dieses Amt in seiner unbesiegbaren Demut ganz beharrlich
ab. Er wirkte viele große Wunder, schrieb auch mehrere fromme, gelehrte
Bücher. Von seiner ungeheuren Arbeitsleistung aufgerieben, starb er
schließlich im Alter von 66 Jahren zu Aquila, im Gebiet der Vestiner,
eines seligen Todes. Von Tag zu Tag glänzte er immer mehr durch Wunder.
Darum nahm Papst Nikolaus V. ihn fünf Jahre nach seinem Tode in die Zahl
der Heiligen auf.
(aus dem Deutschen Brevier übersetzt von Dr. Johann Schenk 1937)
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