9. Mai
Lesung 4-6
Gregor war ein vornehmer Kappadozier; wegen seiner ungewöhnlichen
Kenntnisse in der heiligen Wissenschaft erhielt er den Beinamen der
Theologe. Er wurde zu Nazianz in Kappadozien geboren; zu Athen erwarb er
sich zusammen mit dem heiligen Basilius ein umfassendes Wissen in allen
weltlichen Fächern; dann wandte er sich dem Studium der Heiligen
Schrift zu. Diesem Studium oblagen sie auch einige Jahre lang gemeinsam
in einem Kloster. Sie erklärten den Text nicht nach eigenem Gutdünken,
sondern stets im Geiste und nach dem Vorbilde der Väter. Da sie durch
Gelehrsamkeit und heiliges Leben sich auszeichneten, wurden sie bald mit
der Verkündigung des Evangeliums betraut und führten Christus sehr
viele Jünger zu. Nach einiger Zeit kehrte Gregor nach Kappadozien zurück. Dort wurde
er zunächst zum Bischof von Sasima gewählt. Später leitete er die Kirche
von Nazianz. Schließlich wurde er zur Leitung der Kirche von
Konstantinopel berufen. Er reinigte diese Stadt von Irrlehren und führte
sie wieder zum katholischen Glauben zurück. Das hätte ihm eigentlich
die höchste Anerkennung bei allen sichern müssen, statt dessen aber zog
er sich damit nur den Haß und Neid vieler zu. Auch unter den Bischöfen
entstand deshalb eine große Spaltung. Da legte er freiwillig sein
Bischofsamt nieder; wie der Prophet sprach er: Wenn um meinetwillen
dieser Sturm ausgebrochen ist, dann werft mich ins Meer, damit ihr nicht
länger hin und hergeschleudert werdet. Er kehrte nach Nazianz zurück,
übergab die Leitung dieser Kirche dem Eulalius und widmete sich nun ganz
der Betrachtung göttlicher Dinge und der Abfassung heiliger
Schriften. Er schrieb viele Bücher in Prosa und in Gedichtform; sie alle
beweisen seine bewundernswerte Frömmigkeit und seine Gewandtheit im
Ausdruck. Nach dem Urteil gelehrter, heiliger Männer findet sich darin
nicht das Geringste, was mit der echten Frömmigkeit und mit der
katholischen Wahrheit nicht übereinstimmt; niemand kann
vernünftigerweise darin etwas angreifen. Er war ein eifriger Vorkämpfer
für die Lehre von der Wesensgleichheit des Sohnes mit dem Vater. Wie es
ihm niemand zuvortat, was sein heiliges Leben betifft, so übertraf er
auch alle durch die Macht seiner Rede. So lebte er also zurückgezogen
auf dem Lande wie ein Mönch und oblag dem Studium und der
Schriftstellerei. Unter dem Kaiser Theodosius ging er in hohem
Greisenalter in den Himmel ein.
(aus dem Deutschen Brevier übersetzt von Dr. Johann Schenk 1937)
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