Donnerstag, 9. Februar 2017

Donnerstag nach dem 4. Fastensonntag - Hl. Ambrosius aus dem Brevier

Lesung 1-3
Luk. 7, 11-16

Auslegung des hl. Bischofs Ambrosius

Auch die Stelle bedeutet eine doppelte Gnade. Zunächst sollen wir glauben, daß der barmherzige Gott durch die Tränen einer Witwe so schnell gerührt wird, besonders einer, die durch die Krankheit oder den Tod ihres einzigen Sohnes wohl gebrochen ist, der aber die Menge der Leichenbegleiter ihre Rechtschaffenheit bezeugt. Dann sollen wir glauben, daß diese von der Menschenmenge umringte Witwe mehr ist als eine bloße Frau, die durch ihre Tränen die Auferweckung ihres einzigen, jungen Sohnes erwirken konnte. Die heilige Kirche ruft ja auch durch ihren Anblick ihrer Tränen das jugendliche Volk vom Untergang und Grabesrand zu neuem Leben zurück; sie darf es nicht mehr beweinen, da ihm die Auferstehung sicher ist. Dieser Tote wurde auf einer Bahre aus vier Holzbalken zu Grabe getragen; aber er durfte hoffen, wiederaufzuerstehen, da er auf Holz ruhte. Früher hatte dies keinen Wert für uns; nachdem aber Jesus es berührt hatte, ward es nützlich zum Leben. Es soll darauf hinweisen, daß das Heil dem Volke vom Kreuzesstamme aus zufließen werde. Sobald sie Gottes Wort vernommen hatten, standen die grausamen Leichenträger still, sie, die den Leib des Menschen dem Todesverfall seiner vergänglichen Natur überantworten wollten. Was ist es anderes als gleichsam ein entseeltes Liegen auf der Bahre, d.h. auf dem letzten Gerät vor dem Begräbnis, wenn das Feuer ungezähmter Begierlichkeit in uns entbrennt oder wenn Kälte gleich dem kühlen Wasser und überflutet oder wenn die Kraft unseres Geistes durch eine gewisse Trägheit unseres erdhaften Leibes gelähmt wird oder wenn unser Atem in Ermangelung reinem Lichtes mit dickem Schmutz unsere Seele nährt? Das sind unsere Leichenträger. Mag auch der wirkliche Tod alle Lebenshoffnung zerstören, mögen auch die Leichen der Verstorbenen bereits im Grabe ruhen, auf das Wort Gottes hin können dennoch die toten Leiber wieder auferstehen; die Stimme kehrt wieder; der Sohn wird der Mutter wiedergeschenkt, er wird aus dem Grabe herausgeholt, der Gruft entrissen. Was ist dein Grab anderes als dein schlechter Lebenswandel? Dein Grab ist dein Unglaube, dein Grab ist deine Kehle. Denn ein offenes Grab ist eine Kehle, aus der nur todbringende Worte kommen. Aus diesem Grab erlöst dich Christus; aus diesem Grabe wirst du auferstehen, wenn du das Wort Gottes hörst. Und wenn deine Sünden so groß sind, daß du sie mit deinen Bustränen nicht abwaschen kannst, so laß die Mutter Kirche für dich weinen, welche für jeden einzelnen vor Gott so fleht, wie diese verwitwete Mutter für ihren einzigen Sohn geweint hat. Denn sie leidet geistige Mutterschmerzen, wenn sie sehen muss, wie ihre Kinder durch schlimme Laster dem Tod verfallen.
(aus dem Deutschen Brevier übersetzt von Dr. Johann Schenk 1937)

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