23. Januar
4. - 6. Lesung
Der heilige Raymund stammte aus der vornehmen Familie von Penafort zu
Barcelona. Schon als Kind, als er kaum in den Anfangsgründen der
christlichen Religion unterwiesen war, versprach er auf Grund seiner
hervorragenden geistigen und körperlichen Anlagen etwas großes zu
werden. In seiner Jugend oblag er in seiner Vaterstadt den weltlichen
Wissenschaften. Dann begab er sich nach Bologna und widmete sich dort
mit großem Eifer den Übungen der Frömmigkeit, sowie dem Studium des
Kirchen- und Staatsrechtes. Dort erwarb er sich auch die Doktorwürde und
hielt dann unter dem größten Beifall seiner Zuhörer Vorlesungen über das
kanonische Recht. Der Ruf seiner Tugenden verbreitete sich weithin. Als
Bischof Berengar von Barcelona von Rom in sein Bistum zurückkehrte,
reiste er über Bologna, um Raymund zu besuchen, und er erreichte durch
inständige Bitten, daß Raymund mit ihm in seine Heimat ging. Bald darauf
erhielt er dort die Würde eines Kanonikus und Propstes und wurde für
die ganze Geistlichkeit und das Volk ein Vorbild an Sittenreinheit,
Bescheidenheit, Gelehrsamkeit und Freundlichkeit. Der allerseligsten
Jungfrau Maria war er mit besonderer Liebe zugetan und förderte ihre
Verehrung, soviel er konnte. In seinem 45. Lebensjahre legte er im Predigerorden die feierlichen
Gelübde ab. Wie ein neueingetretener Soldat übte er sich nun in jeder
Tugend, besonders in der Liebe zu den Armen und zu den von den
Ungläubigen gefangenen Christen. Auf sein Zureden hin bestimmte der
heilige Petrus Nolascus, dessen Beichtvater er war, sein ganzes Vermögen
für diesen gottgefälligen Zweck. Da erschien diesem und ebenso auch dem
heiligen Raymund und dem König Jakob I. von Aragonien die allerseligste
Jungfrau und versicherte ihnen, es werde ihr und ihrem göttlichen Sohne
eine große Freude sein, wenn ihr zu Ehren eine religiöse Genossenschaft
gegründet werde, die sich der Befreiung der gefangenen Christen aus der
Sklaverei der Ungläubigen widme. Daraufhin berieten sie sich
miteinander und gründeten zusammen den Orden der heiligen Jungfrau Maria
zur Erlösung der Gefangenen. Der heilige Raymund verfaßte bestimmte
Lebensregeln, die der Aufgabe dieses Ordens vollkommen angepaßt sind.
Einige Jahre später erreichte er bei Gregor IX. auch deren Bestätigung.
Dieser bestimmte auch den genannten heiligen Petrus zum ersten Vorsteher
dieses Ordens und bekleidete ihn mit eigenen Händen mit dem
Ordensgewand. Der erwähnte Papst Gregor berief Raymund nach Rom und ernannte ihn zu
seinem Kaplan, Pönitentiar und Beichtvater. Im Auftrag dieses Papstes
sammelte er die Verordnungen der römischen Päpste, die in den
verschiedenen Konzilien und Dekreten zerstreut waren, und stellte sie im
Buche der Dekretalien zusammen. Den Bischofssitz von Tarragona, den ihm
der gleiche Papst anbot, lehnte er ganz entschieden ab. Ebenso legte er
das Amt des Generals des ganzen Predigerordens, das er zwei Jahre lang
in heiligster Weise verwaltet hatte, freiwillig nieder. Er veranlaßte
den König Jakob von Aragonien, die heilige Inquisition in seinem Reiche
einzuführen. Er wirkte viele Wunder. Das berühmteste davon ist
folgendes: Als er von der Insel Mallorka nach Barcelona zurückkehren
wollte, breitete er seinen Mantel auf das Wasser und legte darauf den
Weg von 160 Meilen in sechs Stunden zurück; dann kam er bei
verschlossenen Türen in sein Kloster. Schließlich entschlief er, fast
100 Jahre alt, reich an Tugenden und Verdiensten, im Herrn, im Jahre des
Heiles 1275. Clemens VIII. nahm ihn unter die Zahl der Heiligen auf.
(aus dem Deutschen Brevier übersetzt von Dr. Johann Schenk 1937)
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