Donnerstag, 26. Januar 2017

1. Fastensonntag - Predigt des hl. Papstes Leo aus dem Brevier

Lesung 4-6
Geliebteste! Wenn ich euch jetzt das heilige, große Fasten verkündigen will, womit könnte ich da besser beginnen als mit dem Ausspruche des Apostels, durch den Christus redete, indem ich euch nämlich wiederhole, was soeben vorgelesen wurde: Sehet, jetzt ist die gnadenreiche Zeit; sehet, jetzt sind die Tage des Heils! Wohl gibt es keine Zeit, die nicht reich wäre an Gottes Gnadengaben, wohl steht der Zutritt zu Gottes Barmherzigkeit auf Grund seiner Gnade uns jederzeit offen, doch müssen gerade jetzt die Herzen aller mit größerem Eifer nach geistlichen Fortschritt streben und mit größerer Zuversicht erfüllt werden, da uns die Wiederkehr des Tages, an dem wir erlöst wurden, zu allen Werken der Frömmigkeit einladet; denn rein an Leib und Seele sollen wir das über alles hocherhabene Geheimnis des Leidens unseres Herrn feiern. Diesen hocherhabenen Geheimnissen gebührte eigentlich eine ständige Hingabe und Verehrung; vor dem Angesichte Gottes sollten wir immer so erscheinen, wie wir mit Recht am Osterfeste befunden werden. Weil aber dieser Starkmut nur wenigen gegeben ist, vielmehr sie Strenge wegen der Gebrechlichkeit des Fleisches immer wieder nachlässt und der Eifer infolge der mannigfaltigen Geschäfte dieses Lebens erkaltet, darum müssen notwendigerweise auch fromme Herzen von dem Staube der Welt befleckt werden. Deshalb ist von Gott die heilsame Einrichtung getroffen worden, daß eine vierzigtägige Übung und zur Wiederherstellung unserer Herzensreinheit helfen soll; während dieser Zeit sollen gute Werke wieder tilgen und heiliges Fasten wieder ausmerzen, was wir zu anderen Zeiten gesündigt haben. Da wir nun, Geliebteste, diese geheimnisvollen Tage beginnen, die zur Reinigung von Seele und Leib eingesetzt sind, so wollen wir besorgt sein, den Vorschriften des Apostels nachzukommen und uns von jeder Befleckung des Leibes und des Geistes zu reinigen. Den Widerstreit zwischen den beiden Teilen unseres Wesens wollen wir zur Ruhe bringen; dann kann der Geist unter Gottes Leitung Führer des Körpers werden und seine Würde und seine Herrschaft behaupten. Geben wir niemand einen Anstoß und setzen wir uns damit nicht dem Tadel unserer Gegner aus. Denn mit Recht werden uns die Vorwürfe der Ungläubigen treffen, durch unsere Schuld werden sich die Zungen der Gottlosen daran machen, die Religion zu beschimpfen, wenn unser Verhalten während des Fastens mit vollkommener Reinheit und Enthaltsamkeit im Widerspruch steht. Denn nicht der bloße Verzicht auf Nahrung bildet die Hauptsache beim Fasten; ja wir würden ganz umsonst dem Leib die Speise versagen, wenn nicht auch der Geist vom sündigen Tun sich enthalten würde.
(aus dem Deutschen Brevier übersetzt von Dr. Johann Schenk 1937)

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