Donnerstag, 10. November 2016

Hl. Andreas Avellino - Vita aus dem Brevier

10. November
Lesung 4-6
Andreas Avellino hieß erst Lanzelot. Er wurde zu Castro Nuovo, einem Dorfe in Lukanien, geboren. Schon in seiner frühesten Kindheit konnte man an ihm ganz deutliche Anzeichen seiner späteren Heiligkeit sehen. Zur besseren Ausbildung mußte der Jüngling sein Vaterhaus verlassen. Unter dem Studium der schönen Wissenschaften verbrachte er glücklich diese gefahrvolle Zeit; vor allem verlor er den Anfang der Weisheit, die Gottesfurcht, nie aus den Augen. Mit körperlicher Schönheit verband er eine ganz besondere Liebe zur Keuschheit; des öfteren entwand er sich den Fallstricken schamloser Weiber, mehr als einmal wies er ihre offene Zudringlichkeit zurück. Schon vorher war er in den geistlichen Stand getreten. Er ging dann nach Neapel, um Rechtswissenschaft zu studieren; er erwarb sich dort auch den Doktorgrad der Rechte; in der Zwischenzeit wurde er zudem zum Priester geweiht. Nun wurde er Rechtsanwalt, jedoch nur vor dem geistlichen Gericht und nur für einige Privatpersonen, entsprechend den Bestimmungen der kirchlichen Canones. Eines Tages entschlüpfte ihm bei einer Verhandlung eine kleine Lüge. Bald darauf stieß er, als er aufs Geratewohl in der Schrift las, auf die Worte: Ein lügenhafter Mund tötet die Seele. Da packte ihn bittere Reue über seinen Fehler und er entschloß sich, sofort diesen Beruf aufzugeben. Er entsagte also der Tätigkeit vor Gericht und widmete sich nun ganz dem Dienste Gottes und seinem geistlichen Amte. Da er durch vorbildliche priesterliche Tugend sich auszeichnete, wurde er vom damaligen Erzbischof von Neapel mit der Leitung von Klosterfrauen betraut. In diesem Amte zog er sich den Haß schlechter Menschen zu. Das erstemal entkam er glücklich einem geplanten Mordanschlag, doch bald darauf erhielt er von einem Mordgesellen drei Stiche ins Gesicht. Ruhig nahm er diese furchtbare Untat hin. Aus Sehnsucht nach einem vollkommenen Leben bat er dann demütig um Aufnahme bei den Regularkanonikern. Sein Wunsch wurde ihm erfüllt. Wegen seiner glühenden Liebe zum Kreuze bat er auch, ihm den Namen Andreas zu geben; auch das wurde ihm gewährt. Mit freudigem Eifer trat er nun den strengeren Lebensweg an. Vor allem suchte er die Tugenden zu üben, zu denen er sich auch durch schwere Gelübde verpflichtet hatte; er hatte nämlich gelobt, erstens seinen eigenen Willen stets zu bekämpfen, und zweitens auf dem Weg der christlichen Vollkommenheit immer mehr voranzustreben. Treu beobachtete er die Ordenszucht, und auch als Oberer war er eifrigst bestrebt sie zu fördern. Was ihm neben den Verpflichtungen seines Amtes und seiner Regel an Zeit übrig blieb, das verwendete er zum Gebete und zur Arbeit am Heil der Seelen. Beim Beichthören zeigte er seine wunderbare Güte und Klugheit. Häufig zog er hinaus in die Dörfer und Städte in der Umgebung von Neapel und wirkte dort als Apostel zum größten Segen für die Seelen. Die glühende Nächstenliebe dieses Heiligen verherrlichte Gott auch durch Wunderzeichen. So ging er einmal mitten in der Nacht, nach dem er einen Kranken beichtgehört hatte, nach Hause. Der heftige regen und der Wind löschten die Fackel aus, die ihnen auf dem Weg geleuchtet hatte. Da wurde er mit seinen Begleitern trotz des strömenden Regens keinen Tropfen naß, ja sein Körper strahlte einen ganz ungewohnten Glanz aus und zeigte seinen Gefährten in der tiefsten Finsternis den Weg. Hervorragend war seine Enthaltsamkeit und seine Geduld, seine Selbstverachtung und Selbstverleugnung. Die Nachricht von der Ermordung seines Neffen nahm er ruhig hin und brachte auch seine Angehörigen von jedem Rachegedanken ab, ja er bat sogar für die Mörder bei den Richtern um Gnade und Erbarmen. An vielen Orten führte er den Orden der Regularkanoniker neu ein, zu Mailand und Piacenza erbaute er Häuser für sie. Der heilige Karl Borromäus und Kardinal Paul von Arezzo, ein Regularkanoniker, schätzten ihn sehr und holten sich in ihren Hirtensorgen bei ihm Hilfe. Zur jungfräulichen Gottesmutter trug er eine ganz besondere Liebe und Verehrung. Auch durfte er mit den Engeln verkehren; und er selbst gestand, während er das Chorgebet verrichtete, habe er gehört, wie sie ihm auf der Gegenseite antworteten. Zudem war er mit der Gabe der Weissagung ausgestattet und konnte die Geheimnisse der Herzen, sowie entfernte und zukünftige Dinge schauen. Nach vielen Erweisen seiner Heldenhaften Tugend wurde er schließlich hochbetagt, von Mühen schon gebrochen, vom Schlag getroffen. Er wollte eben am Altar die heilige Messe feiern und hatte dreimal die Worte wiederholt: Ich will hintreten zum Altare Gottes. Er wurde sogleich mit den heiligen Sakramenten versehen und hauchte dann, umgeben von seinen Mitbrüdern, friedlich seine Seele aus. Sein Leib wird in Neapel in der Kirche des heiligen Paulus hochverehrt; der Volksandrang ist dort bis heute noch genau so groß wie damals, als er beigesetzt wurde. Zu Lebzeiten und nach dem Tode wurde er durch große Wunder verherrlicht; darum nahm in schließlich Papst Klemens XI. in feierlicher Weise in das Verzeichnis der Heiligen auf.
(aus dem Deutschen Brevier übersetzt von Dr. Johann Schenk 1937)

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