Freitag, 19. September 2014

Fünfzehnter Sonntag nach Pfingsten - Predigt vom hl. Thomas von Aquin

Zweite Rede


 Laßt uns im Guten nicht müde werden. Gal. 6, 9.

Der Apostel sagt mit diesen Worten dreierlei. Zuerst ermahnt er uns, daß wir das Gute thun sollen: Laßt uns im Guten nicht müde werden. Zweitens, daß wir darin nicht aufhören. Drittens gibt er den Lohn an, indem er sagt: Denn zu seiner Zeit werden wir ernten. In Bezug auf den ersten Punkt ist zu bemerken, daß wir vorzüglich aus drei Ursachen das Gute thun müssen.



Zuerst, weil Alles in der Natur uns wohlzuthun lehrt, und zwar auf dreifache Weise. Erstens, weil Alles gut ist, wie es heißt (Gen. 1.): Gott sah Alles, was er geschaffen hatte, und es war sehr gut. Die Sünder können bei einer solchen Menge von Geschöpfen genug erröthen, da sie alle gut, sie aber böse sind. Zweitens, weil Alles von Natur aus das Gute thut, denn jedes Geschöpf gibt sich zum Dienste hin, was ein Zeichen von ihrer und des Schöpfers Güte ist. Dionysius sagt: Das Gute gibt sich selbst hin. Und der heilige Augustin: Es ist ein großes Zeichen der göttlichen Güte, daß jedes Geschöpf sich selbst hingeben muß. Drittens, weil Altes von Natur aus das Gute will und darnach strebt. Jemand sagt darum: Gut ist, was von Allen begehrt wird.
In Bezug auf den zweiten Punkt lehrt er, daß vorzüglich drei Mittel den Menschen im Guten ausharren machen. Zuerst das ausdauernde und andächtige Gebet, wodurch der Mensch Gott um Hilfe anruft, damit er in den Versuchungen nicht unterliege. Der Herr sagt (Luc. 22.): Wachet und betet, damit ihr nicht in Versuchung fallet. Zweitens beständige Furcht; denn sowie der Mensch sich sichen glaubt, läßt er vom guten Werk ab. Wenn du dich nicht - sagt der Siracide (27.) - beständig in der Furcht Gottes erhälst, so wird sogleich dein Haus zu Grunde gehen. Die Furcht Gottes ist also die Wächterin des Lebens, schnell, d.h. unverhofft wird dein Haus einstürzen, d. h. die irdische Hütte, oder die Hoffnung der Irdischen. Drittens die Vermeidung der läßlichen Sünden, welche Gelegenheit zur Todsünde geben und häufig das Gebäude der guten Werke umstürzen. Der heilige Augustin sagt: Du vermiedest Großes, hüte dich, daß du vom Staube nicht bedeckt werdest. - Wer das Kleine verachtet, sagt die Schrift (Sirach 19.), geht nach und nach zu Grunde.
 In Bezug auf den dritten Punkt ist zu bemerken, daß der Apostel drei Eigenschaften anführt. Zuerst spricht er von der Fähigkeit, den Lohn zu empfangen. Denn zu seiner Zeit werden wir ohne Aufhören ernten, d.h. zur gehörigen Zeit. Die gehörige Zeit aber ist der Gerichtstag, an dem Jeder nach seinen Werken empfangen wird. Im Psalm (74.) heißt es: Wenn ich Zeit erlange, will ich in Gerechtigkeit richten. Zweitens redet er von dem vielfachen Lohn. Wir werden ernten. In der Ernte aber liegt die Fülle. Sie werden aber mit Frohlocken kommen, sagt der Psalmist (125.), und ihre Garben tragen. Und der Apostel (2. Cor. 9.) sagt: Wer auf die Segnungen säet, wird davon das ewige Leben ernten. Und Christus (Matth. 5.) sagt: Euer Lohn ist groß im Himmel. Drittens gibt er die Ewigkeit der Belohnung an in dem Worte: Ohne zu ermüden. Christus (Joh. 16.) sagt: Und euere Freude wird Niemand von euch nehmen. Und wiederum (Matth. 25.): Diese gehen in die ewige Pein, die Gerechten aber in das ewige Leben ein.

 DritteRede


 Niemand kann zwei Herren dienen. Matth. 6, 24. (Gewöhnlich auf den vorhergehenden Sonntag)

Jesus Christus zeigt in diesen Worten, daß man Gott allein dienen müsse und keinem Andern der Gott Widersprechendes befiehlt oder Gott zu dienen verhindert. Christus spricht (Matth. 4.): Den Herrn deinen Gott sollst du anbeten und ihm allein dienen. Wir müssen ihm aber aus fünf Gründen dienen. Zuerst wegen der Anständigkeit. Denn Alles dient ihm; daher ist es sehr geziemend, daß der Mensch ihm diene. So sagt der Psalmist (118.): Alles dient dir: durch deine Anordnung dauert der Tag fort. Es dient ihm aber Alles auf dreifache Weise; zuerst indem es die ihm vom Schöpfer gegebenen Gesetze erfüllt, wie der Psalmist (148.) sagt: Er setzte sie in Ewigkeit und alle Ewigkeit fest; er gab ein Gesetz und es wird nicht vergehen. Zweitens indem es die Abtrünnigen für Gott straft.  Drittens indem es seinen Freunden wohlthut. So heißt es im Buche der Weisheit (16.): Die Kreatur, welche dir als ihrem Schöpfer dient, entbrennt zur Qual gegen die Ungerechten, und sie spendet gerne denen, welche auf dich vertrauen, Wohlthaten.
Zweitens müssen wir Gott allein dienen, weil er allein über uns die eigene Gewalt hat, wie der Psalmist (115.) sagt: Ich bin dein Diener und der Sohn deiner Magd. Er hat aber über uns Gewalt nach einem dreifachen Rechte. Zuerst wegen der Schöpfung, denn es heißt (Ps. 115.): Wisset, daß der Herr selbst Gott ist, er schuf uns und nicht wir uns. Zweitens wegen der Erlösung, wie der Apostel Petrus (1. Br. 1.) sagt: Wissend, daß ihr nicht durch vergängliches Gold und Silber von euerem eiteln Wandeln nach der väterlichen Ueberlieferirng erkauft seid, sondern mit dem kostbaren Blute, gleichsam des mackellosen und unbefleckten Lammes Christi; und der Apostel Paulus (1. Cor. 6.) sagt: Denn ihr seid um einen großen Lohn erkauft, verherrlichet, und traget Gott in euerem Leibe. Drittens wegen der Erziehung und Vorsehung, indem der Psalmist (135.) sagt: Der jedem Fleische Speise gibt.
 Drittens müssen wir Gott allein dienen wegen der Würde, ihm zu dienen; denn er gibt denen, die ihm dienen, einen dreifachen großen Nutzen. Zuerst den Triumph eines Soldaten. Arbeite, wie ein guter Krieger Christi, spricht der Apostel (2. Tim. 2.) und (Job 25.) Welche ist die Zahl seiner Krieger? Zweitens die Priesterwürde; drittens die königliche Würde. Davon spricht die Offenbarung (5.): Er machte uns unserm Gott zu Königen und zu Priestern, und wir werden herrschen auf Erden. - Ihm sei Lob und Ehre und Preis und Macht in alle Ewigkeit. Ebenso sagt der Apostel Petrus (1. Br. 2.): Ihr aber seid ein auserwähltes Geschlecht, königliches Priesterthum, heiliges Volk, Volk der Erlösung. Denn Gott dienen heißt herrschen.
Viertens müssen wir ihm dienen wegen der Nothwendigkeit. Wir haben aber eine dreifache Nothwendigkeit Gott zu dienen. Zuerst, weil der, welcher Gott nicht dienen will, der Gewalt seiner Feinde unterworfen wird. Zweitens, weil er an allen Gütern Mangel leidet. Drittens, weil er ganz vom vielfachen Elende unterdrückt wird. Von diesen drei Eigenschaften spricht die Schrift (Deut. 28.): Weil du deinem Gott nicht in der Freude und in der Wonne deines Herzens wegen der Ueberfülle dientest, wirsft du deinem Feinde dienen, den der Herr dir erwecken wird, in Hunger und Durst und Blöße, und dem Mangel an allen Gütern, und er wird deinem Nacken ein eisernes Joch auflegen, bis er ihn vernichtet.
Fünftens müssen wir wegen des Nutzens Gott dienen, vorzüglich aber wegen eines dreifachen Vortheiles. Der erste ist die Befreiung von allen Feinden. Dienet ihm allein - sagt die Schrift (1. Kön. 7.) - und er wird euch von den Händen euer er Feinde befreien. Der zweite ist die unaussprechliche Freude des Herzens. Dienet dem Herrn in Freude, spricht der Psalmist Der dritte ist der Genuß aller Freuden. Isaias (65.) sagt: Sieh, meine Diener essen und ihr hungert; sieh meine Diener werden sich freuen und ihr werdet beschämt werden. Christus (Ioh. 12.) sagt: Ich will, Vater, daß wo ich bin, auch mein Diener sei. Jesus aber sitzt zur Rechten des Vaters und dahin wird er seine Diener bringen. Und wiederum heißt es (Matth. 24.): Selig jener Diener, den der Herr bei seiner Ankunft bei solcher That findet. Wahrlich sage ich euch, über alle seine Güter wird er ihn setzen. Wohlan guter und getreuer Knecht (heißt es Matth. 25.) gehe ein in die Freude deines Herrn. Zu dieser Freude möge uns der Herr führen. Amen.

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