Donnerstag, 11. September 2014

2. Sonntag im September - Hl. Papst Gregor aus dem Brevier

Wirklich, ich weiß, es ist so, der Mensch ist nicht gerecht, wenn er sich mit Gott vergleicht, gewinnt er an Gerechtigkeit; wenn er sich mit ihm vergleicht, verliert er nur. Denn wer sich mit dem Urheber alles Guten vergleicht, entäußert sich des Guten, das er empfangen hat. Wer sich das Gute, das er doch empfangen hat, selbst zuschreibt, der streitet mit den Gaben, die er erhalten, gegen Gott. Durch die gleichen Dinge also, durch die ein demütiger Mensch erhöht wird, so ist es auch recht, ein stolzer erniedrigt. Ein heiliger Mann aber weiß, wie mangelhaft unsere ganze Tugend ist, wenn sie von dem durchdringenden Blick des Richters streng geprüft wird, und darum spricht er mit vollem Recht: Wenn einer mit Gott streiten will, so kann er nicht ein einziges Mal auf tausend ihm erwidern. In der heiligen Schrift wird gewöhnlich mit der Zahl Tausend die Gesamtheit bezeichnet. So spricht der Psalmist vom Worte Gottes, das er zu tausend Geschlechtern gesprochen hat. Es ist aber doch Tatsache, daß vom Anbeginn der Welt bis zur Ankunft des Erlösers vom Evangelisten nicht mehr als 77 Generationen aufgezählt werden. Was wird also durch die Zahl tausend anders zum Ausdruck gebracht als die Gesamtheit der Geschlechter, die bis zur Hervorbringung des neuen Geschlechtes kommen mußten? Darum heißt es auch bei Johannes: Und sie werden mit ihm herrschen tausend Jahre. Das Reich der heiligen Kirche ist ja ganz allgemein und damit festgefügt. Wenn man eins zehnmal nimmt, dann gibt es zehn; wenn man zehn mit sich selbst vermehrt, dann gibt es hundert, und wenn man hundert zehn mal nimmt, dann gibt es tausend. Wir gehen also von eins aus und kommen zu tausend. Was wird also mit dem Ausdruck eins anders bezeichnet, als der Beginn eines guten Lebens? Und was wird durch die höhere Zahl tausend anders zum Ausdruck gebracht als die Vollkommenheit des guten Lebens? Mit Gott streiten bedeutet, ihm die schuldige Ehre nicht beweisen, sondern sich selbst anmaßen. Ein heiliger Mann aber soll bedenken, daß selbst der, der schon die höchsten Güter empfangen hat, wenn er sich dessen überhebt, alles, was er empfangen, verliert.
(aus dem Deutschen Brevier übersetzt von Dr. Johann Schenk 1937)

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