Donnerstag, 28. August 2014

Zwölfter Sonntag nach Pfingsten - Predigt vom hl. Thomas von Aquin

Zweite Rede 


Wir haben ein solches Vertrauen durch Christus zu Gott. 2. Cor. 3, 4.

 Mit diesen Worten will der Apostel Dreifaches sagen. Zuerst handelt er von dem Vertrauen der Heiligen. Ein solches Vertrauen haben wir. Zweitens zeigt er warum wir Vertrauen haben. Durch Christius. Drittens zeigt er zu wem die Heiligen Vertrauen hatten. Zu Gott. Es gibt nämlich ein doppeltes Vertrauen, ein gutes und ein böses. Das erste haben die Frommen und Heiligen, das zweite die Sünder oder Bösen.
 Das Vertrauen der Frommen besteht, wie man aus dem Briefe abnehmen kann, in sieben Gründen. Zuerst in der Furcht Gottes. Darum sagt die Schrift (Sprichw. 14.): In der Furcht des Herrn ruht das Vertrauen der Stärke, und ihre Söhne werden Hoffnung haben. Zweitens im Gebete. Dein Diener fand Vertrauen, dich zu bitten, heißt es (1. Paral. 17.). Und der heilige Johannes (1. Br. 3.) sagt: Geliebteste, wenn unser Herz uns keine Vorwürfe macht, so haben wir Vertrauen zu Gott, und um was wir bittet erlangen wir von ihm, weil wir das thun was vor ihm wohlgefällig ist. Drittens im Selbstvertrauen durch Gott. Wenn du die Gottlosigkeit, die in deiner Hand ist, von dir hinwegnimmst - sagt Iob (11.) und in deinem Zelte keine Ungerechtigkeit bleibt, sodann kannst du dein Antlitz ohne Mackel erhebe, und du wirst standhaft und ohne Furcht sein; auch des Elendes wirst du vergessen und gleichsam der Wasser, die vorüberstoßen, dich ncht mehr erinnern, und gleichsam ein Glanz des Mittages geht dir am Abend auf, und wenn du dich vernichtet glaubst, wirst det wie der Morgenstern aufgehen und Vertrauen bei der die gemachten Hoffnung haben, und ermüdet in Sicherheit schlafen und ruhen, und Niemand wird dich erwecken, und die Völker werden nach deinem Antlitze verlangen. Viertens in der Spendung von Almosen. Es heißt (Tob. 4.): Ein großes Vertrauen vor dem höchsten Gott macht das Almosen. Fünftens, in der Beobachtung des göttlichen Gesetzes. Mein Sohn  - sagen die Sprüche (22.) - neige dein Ohr und höre die Worte der Weisen; füge aber das Herz zu meiner Lehre hinzu, denn sie wird schön sein, wenn du sie in deinem Herzen beobachtest und sie wird in deinen Lippen überfließen, daß im Herrn dein Vertrauen ist, nämlich nicht in der Welt oder anderswo. Sechstens im Blute Christi. Wir haben Zutrauen - spricht der Apostel (Hebr. 10.) - bei dem Eintritte ins Heiligthum auf das Blut Christi, der uns einen neuen Weg bahnte. Siebentens auf den Tag des Gerichtes. Der heilige Apostel Johannes (1.Br. 4.) sagt: Darin ist die Liebe Gottes mit uns vollkommen, daß wir am Tage des Gerichtes Vertrauen haben, weil auch wir, wie Jener, in dieser Welt sind.
 Ebenso besteht das Vertrauen der Böfen in sieben Stücken,


 wie man aus der heiligen Schrift nachweisen kann. Zuerst im Reichthume. Der Prophet Jeremias (41.) sagt: Warum rühmst du dich der Thäler? Dein Thal ist dahin, weichliche Tochter, die du dich verließest auf deine Schätze, und sprachest: Wer wird mir nahen? Zweitens in Arglist und Bosheit, wie der Prophet (Isai. 47.) sagt: Vertrauen hattest du auf die Arglist und sagtest: Es sieht mich Niemand. Deine Weisheit und deine Wissenschaft betrog dich. Du sagtest in deinem Herzen: Ich bin, und außer mir gibt es keine mehr. Drittens in der falschen Macht der Mächtigen. Wehe euch ihr Abtrünnigen, - spricht Isaias (30.) - ihr hoffet Hilfe bei der Macht des Pharao und habet Vertrauen auf den Schatten Aegyptens. Es wird euch die Kraft Pharao's zur Beschämung und das Vertrauen auf den Schatten Aegyptens zur Schmach sein. Pharao ist ein weltlicher Fürst; der Schatten Pharaos ist die weltliche Macht. Aber Pharao wird euch wohl zur Schande sein, weil oft von denen, von welchen man Hilfe hofft, Schaden kommt. Auch der Schatten der weltlichen Macht verwandelt sich in Schmach, darum spricht Isaias (42.): Alle werden zu Schanden, welche sich auf die Bilder verlassen, d.h. auf das Zeichen der Macht und Gewalt. Viertens in der eiteln Schönheit des Fleisches. Es heißt (Ezech. 16.) von Jerusalem: Du hattest Vertrauen auf deine Schönheit, hurtest in deinem Namen und gabst dich jedem Vorübergehenden hin. Fünftens in festen Thürmen und Mauern. Es heißt (Deut. 28.): Bis es zum Falle kommt mit allen deinen Thürmen und alle deine Festen und hohen Mauern zu Grunde gehen, worauf du in deinem ganzen Lande vertrautest. Sechstens in der Anrufung der Teufel. Es heißt (Deut. 32.): Wo sind die Götter derer, worauf sie vertrauten? Siebentens in der äußerlichen und scheinbaren Bekehrung (Job. 8.) sagt: Und die Hoffnung des Heuchlers geht zu Grunde. Denn Gott gefällt sein Vertrauen nicht und wie die Fäden der Spinnen ist sein Vertrauen. Vor solchem Vertrauen bewahre uns Christus. Amen 

Dritte Rede 

Sie brachten zu ihm einen Tauben und Stummen und baten ihn, er möchte ihm die Hand auflegen. Marc. 7, 32. (Gewöhnlich auf den vorhergehenden Sonntag)

 Im rnoralischen Sinne kann man aus diesem Evangelium drei Punkte hervorheben. Zuerst daß die Schwachheit eines jeden Sünders groß und vielfach ist. Er ist taub und stumm. Zweitens was zu seiner Heilung nothwendig ist. Und sie baten ihn. Drittens, daß daraus ein dreifacher Nutzen hervorgeht. Es öffneten sich seine Ohren .
 In Bezug auf den ersten Punkt ist zu bemerken, daß jeder Mensch, wenn er eine Todsünde begeht, in eine dreifache schwere Krankheit verfällt. Erstens in die Blindheit durch die Verfinsterung des Geistes. Der Prophet (Soph. 1.) sagt: Sie wandeln wie Blinde, weil sie gegen den Herrn sündigten. Und der Apostel (Ephes. 4.) spricht: Sie haben einen durch Finsterniß verdunkelten Geist, sind abgeirrt vom Wege Gottes durch Unwissenheit, welche in ihnen wegen der Blindheit ihres Herzens ist, welche verzweifelnd sich selbst der Unkeuschheit in jeder unreinen Handlung zur Habsucht hingaben. Zweitens in die Taubheit, weil sie nicht gehorchen wollen. Wer ist blind - sagt Isaias (42.) - als mein Knecht, und taub, als der, zu dem ich Boten sandte? Der Psalmist (57.) sagt: Sie haben eine Wuth nach der Aehnlichkeit der Schlange, wie der tauben und ihre Ohren betäubenden Natter. Drittens in die Stummheit, weil sie ihre Sünden verheimlichen. Isaias (56.) sagt: Alle sind stumme Hunde, die nicht bellen können. Job (20.) spricht: Weil in seinem Munde das Böse süß ist, so verbirgt er es unter seiner Zunge. Darüber macht Jemand die Bemerkung: Das menschliche Geschlecht erblindet gleichsam, wie ein Mann, an einer vielgestaltigen Krankheit im Stammvater, wird blind, während es sieht, taub während es hört, stumm während es redet.
 In Bezug auf den zweiten Punkt ist zu bemerken, daß zur Heilung dieses Kranken zwei Dinge mitwirken, und drei Stücke andeuten, welche zur Heilung des Sünders nothwendig sind. Erstens das Gebet der Heiligen und der Kirche. Und sie baten ihn. Der heilige Apostel Johannes (1. Br. 5.) sagt: Wer weiß, daß sein Bruder nicht tödtlich sündige, so bitte er für ihn, und es wird ihm, der nicht zum Tode sündigt das Leben gegeben. Zweitens die Erlangung der Gaben und der Gnade des heiligen Geistes. Er legte die Finger in seine Ohren. Er legt aber die Finger in seine Ohren, indem er durch den heiligen Geist die Ohren des
Herzens zur Erkenntniß und zur Aufnahme der Worte des Heiles öffnet. Der Apostel (Röm. 3.) sagt: Wir sind umsonst durch seine Gnade gerechtfertigt, durch die Erlösung, welche in Christus Jesus ist. Drittens die Wirkung der Buße, welche in drei Stücken besteht. Zuerst in dem Schmerze des Herzens. Er blickte zum Himmel empor und seufzte. Er lehrte uns seufzen über unsere Sünden und für ihn um Nachlassung bitten. Der Psalmist (6.) sagt: Ich bade jede Nacht mein Bett; mit meinen Thränen will ich mein Lager netzen. Zweitens im mündlichen Bekenntnisse. Und es löste sich das Band seiner Zunge. Das Band der Zunge des Sünders wird gelöst, wenn er die Sünde bekennt. Jacobus (5.) sagt: Bekennet einander euere Sünden. Drittens in der Erfüllung der Gebote Gottes und des Priesters. Und es öffneten sich seine Ohren. Die Ohren des Sünders öffnen sich, wenn er die Gebote Gottes und des Priesters erfüllt und vollzieht. Der Apostel (Hebr. 13.) sagt: Gehorchet euern Vorgesetzten und seid ihnen unterthan, denn sie wachen über euch, indem sie gleichsam Rechenschaft für euere Seelen ablegen sollen. 
In Bezug auf den dritten Punkt ist zu bemerken, daß aus der Bekehrung des Sünders ein dreifacher Nutzen erfolgt. Der erste ist, daß er von jeder Schwachheit des Geistes befreit wird. Es löste sich das Band seiner Zunge und er redete deutlich. Der Prophet (Jerem. 3.) sagt: Bekehret euch, Söhne, zu mir, und ich will euere Wunden heilen. Der zweite ist, daß Gott dadurch gelobt wird. Um so mehr riefen sie es aus. Der Psalmist (50.) sagt: Erlöse mich von Blutschuld, o Gott, Gott meines Heiles, und meine Zunge wird deine Gerechtigkeit verkünden. Der dritte ist, weil Gottes Macht und Güte verkündigt wird. Er hat Alles wohl gemacht; die Tauben macht er hören und die Stummen reden. 


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