Dienstag, 12. August 2014

Zehnter Sonntag nach Pfingsten - Predigt vom hl. Thomas von Aquin

Dritte Rede 


Deine Feinde werden dich mit einer Mauer einschließen und dich umgeben, und dich von allen Seiten her bedrängen. Luc. 19, 43. (Gewöhnlich für den vorhergehenden Sonntag)


 Mit diesen Wortensagt der Herr das Unglück vorher, welches auf das eitle Glück dieser Welt folgt, in welcher Beziehung dreierlei zu bemerken ist. Zuerst die Allgemeinheit dieses Uebels; zweitens die Vielheit der Strafen, welche in seinem Gefolge ist. Denn es heißt: Sie werden dich umgeben (erster Punkt), und dich von allen Seiten bedrängen (zweiter Punkt). Drittens die Ewigkeit dieser Bedrängniß, indem es heißt Sie werden dich zu Boden werfen, d.h. so vollkommen zerstören, daß du nie wieder befreit werden kannst. 


In Bezug auf den ersten Punkt ist zubemerken, daß den Bösen von acht Seiten her Leiden zukommen. Zuerst von der Erde, welche sie verschlingen wird. Der Psalmist (105.) sagt: Die Erde öffnete sich und verschlang sie, und Iob (20.) sagt: Und die Erde wird sich gegen sie erheben. Zweitens von dem Wasser, das sie ersäufen wird. Gegen sie ergrimmt das Meereswasser, heißt es (Weish. 5.) und die Flüsse brausen stark gegeneinander. Drittens von der Luft, welche über sie blitzen wird, wie wiederum das Buch der Weisheit (5.) sagt: Wohlgerichtete Blitzespfeile werden aus den Wolken, wie aus einem wohlgewölbten Bogen zum Verderben herausfahren und sicher ihr Ziel treffen. Viertens vom Feuer, das sie verzehren wird, wie es im Psalm (60.) heißt: Feuer wird vor ihm vorhergehen und entflammen. Fünftens von der Sonne, dem Monde und den Gestirnen, welche sich vor ihnen verfinstern werden. Joel (3.) sagt: Sonne und Mond verfinsterten sich und die Sterne zogen ihr Licht zurück. Das Evangelium (Matth. 24.) sagt: Die Sonne wird fich verfinstern und der Mond wird keinen Schein mehr geben. Sechstens von den Heiligen, die sie verdammen werden, wie Christus (Matth. 19.) sagt: Ihr werdet auf zwölf  Thronen sitzen und die zwölf Stämme Israels richten. Siebentens von unserm Herrn Jesus Christus der sie richten wird, wie das Evangelium (Matth. 25.) sagt: Alsdann wird der König zu denen, welche auf seiner Linken stehen sagen: Weichet von mir ihr, Verfluchte, in das ewige Feuer. Achtens von den Engeln, welche sie in die Hölle stürzen werden. Es werden die Engel ausgehen, heißt es (Matth. 13.) und die Bösen von den Gerechten aussondern und in den Feuerofen werfen. 
In Bezug auf den zweiten Punkt ist hier zu bemerken, daß die Bösen von sieben Strafen hart gequält werden. Die erste wird das beständige Bewußtsein der Pein sein, wie Gregorius sagt: Die Gemarterten werden nichts als ihre Martern wissen können. Die zweite wird der beständige Feuerbrand des Hasses und des Zornes bei der Qual sein. So heißt es (Ps. 111.): Der Sünder wird sehen und zürnen. Die dritte wird jeder Mangel an Trost bei der Strafe sein, wie Gregorius sagt: Welches Elend kann größer sein, als immer zu wollen was niemals ist, und immer nicht zu wollen, was immer sein wird? Denn der Gottlose hat nicht, was er verlangen könnte. Der Psalmist (111.) sagt: Das Verlangen der Sünder wird zu Grunde gehen. Die vierte wird sein, daß sie beständig Weinen und Weheklagen hören. Iob (15.) sagt: Immer wird der Schall des Schreckens in seinem Ohre sein; und Iacobus (5.) spricht: Nun wohlan, Reiche, weinet und wehklaget. Die fünfte wird sein, daß die Verdammten mit Thränen in den Augen die Qualen ansehen werden. Darum heißt es im Evangelium (Luc. 6.): Wehe euch, die ihr lachet; denn ihr werdet weinen. Und Iob (20.) sagt: Er wird Alles, was er beging, büßen und doch nicht zu Ende kommen. Ein Geistesmann sag:t Beten wir Söhne, ehe wir an den Ort kommen, wo die Thränen unsere Leiber verbrennen. Die sechste wird der unerträgliche Gestank sein, wie es (Isai. 3.) heißt: Statt des Wohlgeruches wird Gestank sein und wiederum (Jerem. 23.): Mit Wermuth werde ich das Volk speisen und ein gallichtes Wasser ihm zum Tranke geben. Die siebente wird das brennendste und ewige Feuer sein, wie Isaias (66.) sagt: Ihr Wurm stirbt nicht und ihr Feuer erlischt nicht. Wie thöricht sind also Jene, welche sich durch augenblickliche Freuden in ewige Leiden stürzen! Augenblicklich ist, sagt der heilige Papst Gregor, was ergötzt, ewig, was peinigt.

1. und 2. Rede

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