Montag, 21. Juli 2014

Siebenter Sonntag nach Pfingsten - Predigt vom hl. Thomas von Aquin

 Erste Rede 

Wie ihr euere Glieder gebrauchtet, der Gottlosigkeit zu dienen zur Gottlosigkeit; so gebrauchet sie nun um der Gerechtigkeit zur Heiligung zu dienen. Röm 6, 19.

 In diesem Briefe ermahnt uns der Apostel zu zwei Dingen. Erstens zur Flucht vor dem Bösen und zweitens zur Liebe des Guten. In Bezug auf den ersten Punkt gibt der Apostel zuerst in diesem Briefe vier Gründe an warum man die Sünde fliehen soll. Zuerst, weil durch die Sünde die Seele befleckt wird. Er redet von der Unreinigkeit wie Oseas (9.) sagt: Sie wurden verabscheuungswürdig, wie das, was sie liebten. Der zweite ist, weil durch die Sünde der Mensch schmachvoll der Knechtschaft unterworfen wird, wie der Apostel sagt: Da ihr Knechte der Sünde waret usw. Und es heißt (Joh. 8.) wiederum: Jeder welcher eine Sünde thut ist ein Sklave der Sünde. Der dritte ist, weil die Sünde eine große Schande nach sich zieht. Denn welche Frucht hattet ihr in dem - sagt der Apostel - worüber über ihr jetzt erröthet? Jeremias (17.) sagt: Herr, Alle, welche dich verlassen werden zu Schanden werden. Der vierte ist, weil der Mensch durch die Sünde dem ewigen Tode anheimfällt. Der Sold der Sünde ist der Tod, sagt der Apostel und der Psalmist (33.): Der Tod der Sünder ist der schlimmste. 
In Bezug auf den zweiten Punkt ist zu bemerken, daß er auf gleiche Weise vier Gründe angibt, warum man das Gute wählen soll. Denn vier Güter erlangt der Mensch aus der Wahl des Guten. Zuerst die Reinigkeit oder Heiligung, d.h. Reinmachung der Seele. Es heißt (Matth. 5.): Selig die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott anschauen. Zweitens die Geradheit des Willens, denn der Apostel spricht von der Gerechtigkeit, d.h. Geradheit des Willens. Denn diese Geradheit des Willens ist der rechteWille, die Gerechtigkeit, wie der heilige Anselm sagt: Die Gerechtigkeit ist die Geradheit (die rechte Richtung) des Willens, zu sich selbst. Drittens die Freiheit des Geistes, indem der Apostel sagt: Ihr waret Freigeborne der Gerechtigkeit, und an einer andern Stelle (2. Cor. 3.): Wo der Geist Gottes ist, da ist Freiheit. Christus selbst sagt (Joh. 8.): Wenn euch der Sohn befreit, so werdet ihr wahrhaft frei sein. Viertens gewinnt der Mensch durch die guten Werke das ewige Leben. wie der Apostel sagt: Die Gnade Gottes aber ist das ewige Leben. Im Evangelium heißt es (Joh. 5.): Und es werden, die da Gutes gethan haben zur Auferstehung des Lebens hervorgehen; die aber Böses gethan haben zur Auferstehung des Gerichtes, und (Matth. 25.): Diese gehen in die ewige Strafe, die Gerechten aber in das ewige Leben ein.


Zweite Rede 


Jesus nahm die Brode, dankte, brach sie und gab sie seinen Jüngern. Marc. 8, 6. (Gewöhnlich der sechste Sonntag)


 Auf dreifache Weise weidet der Herr seine Heiligen. Zuerst mit leiblichem Brode, wie es im Psalm (103.) heißt: Daß du das Brod von der Erde hervorwachsen lassest. Zweitens mit geistigem Brode. In den Sprüchen (20.) heißt es: Oeffne deine Augen, nämlich die Augen des Herzens, zur heiligen Nachtwache, und sättige dich mit den Broden (nämlich mit der heiligen Lehre oder mit den himmlischen Freuden). Drittens mit den ewigen Broden. Der Psalmist (131.) sagt: Seine Armen werden gesättigt werden. 
Unter diesen sieben Broden versteht man sieben Brode, womit der Herr seine Gläubigen speist, damit sie auf dem Wege der Gerechtigkeit nicht verschmachten, sondern von ihnen gestärkt zum Tische der himmlischen Glorie gelangen. Das erste Brod ist die so süße Vergießung der Thränen aus der Sehnsucht nach der Herrlichkeit. So sagt der Psalmist (41.): Es waren mir meine Thränen zum Brode am Tage und zur Nacht. Der heilige Augustin sagt: Es floßen mir die Thränen und es war mir wohl bei ihnen. Zweitens der unaussprechliche Trost am Worte Gottes, wie Christus (Matth. 4.) sagt: Nicht vom Brode allein lebt der Mensch, sondern von jedem Worte das von dem Munde Gottes kommt. Und der Prophet (Jerem. 15.) sagt: Ich fand deine Worte und ich aß sie, und dein Wort wurde mir zur Freude und Wonne meines Herzens; denn es wurde dein Name über mir angerufen, Herr Gott der Heerschaaren. Drittens die unaussprechliche Freude über den Genuß des allerheiligsten Leibes Christi. Christus sagt (Joh. 6.): Das
Brod das ich geben werde, ist mein Fleisch für das Leben der Welt. Und im Buche der Weisheit (16.) heißt es: Du gabst ihnen Brod vom Himmel, das jede Süßigkeit und jeden Wohlgeschmack in sich enthielt. Viertens die wunderbare Süßigkeit über die Gegenwart Christi. Christus sagt (Joh. 6.): Ich bin das lebendige Brod das vom Himmel herabgestiegen ist. Denn Christus wohnt immer in dem Herzen des Gerechten. Wie groß muß also die Freude dessen sein, der Christus immer im Herzen hat? Darum sagt der Apostel (Ephes. 3.): Daß er nach dem Reichthume seiner Herrlichkeit euch verleihe mit Kraft gestärkt zu werden durch seinen Geist im innern Menschen, daß Christus durch den Glauben in euern Herzen wohne und ihr in Liebe Wurzel und Grund fasset. Fünftens der Vorgenuß der ewigen Glückseligkeit. Der Psalmist (77.) sagt: Das Brod der Engel genießt der Mensch. Der heilige Augustin sagt: Eingeführt ich weiß nicht in welche Süßigkeit, so daß, wenn diese in mir vollendet ist, ich nicht weiß, was Anderes als diese das ewige Leben sei.
 Sechstens die Freude an dem Besitze aller Tugenden. Welche Freude ist es so viele Gaben des heiligen Geistes zu haben? Der Apostel Paulus spricht von zwölf Früchten des heiligen Geistes (Gal. 3.): Die Frucht des Geistes ist Liebe, Freude, Friede, Geduld, Langmuth, Güte, Freundlichkeit, Sanftmuth, Glaube, Bescheidenheit, Enthaltsamkeit, Keuschheit. Diese heißen darum Früchte, weil sie die Seele auf unaussprechliche Weise erquicken. Die Weisheit (9.) spricht: Kommet und esset mein Brod. Das siebente Brod ist das Frohlocken über das gute Gewissen. In den Sprüchen (15.) heißt es: Ein ruhiges Gemüth ist gleichsam ein reichliches Gastmahl, und der Apostel (2. Cor. 1.) sagt: Unser Ruhm ist dieser: das Zeugniß unseres Gewissens.
 Die Fischlein sind die Freuden, welche die Gerechten an der Gegenwart der Heiligen haben, welche schon von dem so bitteren Meere dieser Welt entrückt sind, welche häufig kommen und die Gerechten trösten, die da auf dem Wege sind. Die gebratenen Fische sind die Martyrer wie Laurentius und Andere, welche im Feuer und in andern Mattern lachten, und so bewiesen durch ihr Lachen, daß sie innerliche unendliche Freuden haben, weßwegen sie die äußern Qualen verachteten. Ich habe Wohlgefallen an mir, sagt der Apostel (2. Cor. 12.) in meiner Schwachheit, in Verachtung, Dürftigkeit, in Verfolgungen und Beschwerden für Christus. Von diesem Mahle der Gerechten heißt es (Matth. 22.): Sieh mein Mahl ist bereitet, meine Rinder sind geschlachtet. Dieses Mahl genießen die Gerechten den ganzen Tag, was der Gottlose nicht weiß. Darum heißt es (Ps. 67.): Die Gerechten werden frohlocken und speisfen im Angesichte Gottes. Ein solches Mahl genießen die Heiligen jetzt; aber welches in der Zukunft? Selig der da das Brod im Himmelreiche genießen wird. Dazu möge uns Christus Jesus führen. Amen.

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