Montag, 14. Juli 2014

Sechster Sonntag nach Pfingsten - Predigt vom hl Thomas von Aquin

Zweite Rede 

Wenn euere Gerechtigkeit nicht größer ist, als die der Schriftgelehrten und Pharisäer, werdet ihr in das Himmelreich nicht eingehen. Matth. 5, 20. (Gewöhnlich auf den 5. Sonntag)

In diesem Evangelium lehrt uns der Herr vier Dinge. Zuerst zeigt er uns was wir thun sollen, denn da er sagt: Wenn euere Gerechtigkeit nicht größer ist, als die der Schriftgelehrten und Pharisäer, so will er, daß wir eine hinreichende Gerechtigkeit besitzen. Zweitens zeigt er wornach wir streben sollen, wenn er sagt: So werdet ihr nicht eingehen in das Himmelreich, denn dazu müssen wir die Gerechtigkeit üben, damit wir dadurch in das Himmelreich gelangen. Darum sagt in beiderlei Rücksicht Christus (Matth. 6.): Suchet zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit. Drittens zeigt er was wir fliehen sollen, wenn er sagt: Du sollst nicht tödten. Er zeigt aber, daß wir eine dreifache Sünde fliehen sollen. Zuersft die Sünde des Werkes mit den Worten: Du sollst nicht tödten. Dadurch verbietet Christus jede Art von Beleidigung des Nächsten.


Isaias (1.) sagt: Höret auf verkehrt zu handeln; und ferner heißt es (Levit. 9.): Trachte nicht nach dem Blute deines Nächsten. Zweitens verbietet er die Sünde des Herzens wenn er sagt: Jeder der seinem Bruder zürnt u. s. w. Der Siracide (11.) sagt: Vertilge den Zorn von deinem Herzen und entferne die Bosheit von deinem Fleische. Drittens die Sünde des Mundes, wenn er spricht: Wer zu seinem Bruder sagt Narr usw. Und der Apostel sagt: Aus euerm Munde gehe keine böse Rede hervor. Viertens zeigt er was wir fürchten sollen, nämlich das künftige Gericht, wenn er sagt: Er wird des Gerichtes schuldig sein 
Er spricht aber von drei Dingen die wir fürchten sollen. Zuerst das Gericht worin alle Gottlosen verdammt werden, wie es heißt: Er wird des Gerichtes schuldig sein. Im Buche Judith (16.) stieht geschrieben. Der Herr der Allmächtige wird sie am Tage des Gerichtes verurtheilen, wenn er sfie heimsuchen wird. Zweitens die Anwesenheit der Engel und Heiligen vor welchen alle Gottlosen abgeurtheilt werden, darum heißt es: Wer aber zu seinem Bruder fagt Raka wird des Rathes der Versammlung schuldig sein. Isaias (3.) sagt: Der Herr wird zum Gerichte kommen mit den Ältesten seines Volkes und seinen Vornehmen und Malachias (4.) spricht: Damit ich nicht komme - sagt der Herr - und die Erde mit dem Banne schlage. Drittens das höllische Feuer, worin alle Gottlosen in Ewigkeit gepeinigt werden. Darum heißt es: Er wird des höllischen Feuers schuldig sein. Ferner (Judith 19.) steht geschrieben: Er wird Feuer und Würmer in ihr Fleisch legen, daß sie brennen und es in Ewigkeit fühlen. Von diesem Feuer befreie uns Christus. Amen.

 

 Dritte Rede 


Jeder der seinem Bruder zürnet, macht sich des Gerichtes schuldig. Matth 5, 22.

 Der Herr sagt in diesen Worten zweierlei. Zuerst ermahnt er uns den Zorn zu meiden, und zweitens gibt er die Strafe des Zornes an. In Bezug auf den ersten Punkt ist zu bemerken, daß der Zorn die Natur auf dreifache Weise verletzt. Zuerst verletzt er die Vernunft durch Verdunkelung; zweitens das Gedächtniß durch Vergessenheit und drittens den Willen durch die böse Neigung. Von diesen drei Strafen spricht der Psalmist (30.): Es wurde verwirrt im Zorne mein Auge, meine Seele, und mein Bauch. Das Auge ist die Vernunft, die Seele ist der Wille, und der Bauch das Gedächtniß.
In Bezug auf den zweiten Fall ist zu bemerken, daß der Zorn auf dreifache Weise der Gnade entgegen ist. Zuerst weil er den Menschen der Erbarmung Gottes unwürdig macht. Der Siracide (3.): spricht: Ein Mensch bewahrt den Zorn wider einen andern, - und suchet bei Gott Vergebung. Gleich als wollte er sagen: Umsonst sucht er Verzeihung, weil er selbst keine hat. Zweitens, weil er den Menschen nicht die Gerechtigkeit Gottes thun läßt. Denn der Zorn des Mannes - sagt Iacobus (1) wirkt die Gerechtigkeit Gottes nicht. Drittens weil er dem Menschen das Vertrauen zum Gebete nimmt. Die Männer sollen, sagt der Apostel (1. Tim. 2.) - an jedem Orte ohne Zorn und Hader beten. In Bezug auf den dritten Punkt ist zu bemerken, daß der Zornige leicht in einen dreifachen Tod fällt. Zuerst in den Todtschlag seiner selbst. Iob (5.) sagt: Den thörichten Mann tödtet der Zorn. Zweitens den Todtschlag der Seele des Nächsten, welche zur Zwietracht und zum Hasse herausfordert. Die Sprüche (15.) sagen: Der zornige Mann regt Hader an, aber der geduldige besänftigt den erregten Hader, und wiederum (Sprichw. 22.) Sei kein Freund mit einem zornigen Manne und wandle nicht mit einem wüthenden Manne, damit du nicht seine Fußstapfen lernest. Drittens den körperlichen Todtschlag des Nächsten: Im Buche Sirach (8.) heißt es: Mit einem Zornigen laß dich in keinen Streit ein und reife nicht mit einem Tollkühnen in eine Einöde, denn Blut achtet er für nichts, und da wo keine Hilfe ist räumt er dich aus dem Wege. 

 Was die Strafe des Zornes betrifft, nämlich; Er macht sich des Gerichtes schuldig, so ist zu bemerken, daß jeder Sünder im Gerichte auf dreifache Weise gerichtet wird. Zuerst von sich selbst; zweitens von jeder Kreatur; drittens von Gott. Zuerst also von seinem Gewissen wie der Apostel (Röm. 2.) sagt: Ihr Gewissen gibt ihnen Zengniß und ihre Gedanken klagen sich untereinander an oder vertheidigen sich auch an dem Tage, wo der Herr die Geheimnisse der Menschen nach meinem Evangelium durch Jesus Christus richten wird. Zweitens von ihrer Bosheit, wie Jeremias (2.) sagt: Dich wird deine Bosheit anklagen. Drittens von der großen Bedrängniß, die sie in sich selbst haben: So sagt die Offenbarung (1.): Alsdann werden über sich alle Zünfte der Erde weheklagen. 
Die Kreatur wird sie guf dreifache Weife richten und strafen. Zuerst indem sie ihre Laster enthüllt. Job (20.) sagt: Die Himmel werden ihre Lasterthaten aufdecken. Zweitens durch Ueberwindung. Die Weisheit (5.) sagt: Sein Eifer wird die Waffenrüstung ergreifen und die Kreatur zur Rache an den Feinden bewaffnen - Gegen die Thoren wird mit ihm der Erdkreis kämpfen. Drittens durch Qual. Die Kreatur, sagt die Weisheit (16.) - welche dir als ihrem Schöpfer dient, entbrennt zur Marter gegen die Ungerechten und wird leichter zum Wohlthun für die, welche vertrauen.
 Der Richter wird sie auf dreifache Weise strafen. Zuerst durch Ueberführung. Sieh es kommt der Herr - sagt die Schrift (Judas 14.) - mit seinen Tausenden von Heiligen, Gericht zu halten über Alle, und zur Strafe zu ziehen alle Gottlosen wegen aller ihrer Werke der Gottlosigkeit, die sie verübet, und wegen aller der Lästerungen welche die gottlosen Sünder wider Gott ausgestoßen. Zweitens indem er sie zu Schanden macht. Der Psalmist (131.) sagt: Seine Feinde will ich mit Schmach überkleiden, und Ieremias (17.): O Herr, Alle welche dich verlassen, werden zu Schanden werden. Drittens, indem er sie verurtheilt. Weichet von mir, ihr Verdammte, - spricht der Herr (Matth. 25.) - in das ewige Feuer. Davon möge uns Jesus Christus befreien. Amen.

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