Donnerstag, 3. Juli 2014

Hl. Maria Magdalena aus dem Brevier - Predigt des hl. Papstes Gregor

22. Juli
Maria Magdalena war in der Stadt als Sünderin bekannt. Durch ihre Liebe zu dem, der die ewige Wahrheit ist, wusch sie mit ihren Tränen die Makel ihres Laster ab. Das Wort der ewigen Wahrheit ging in Erfüllung: Ihr werden viele Sünden vergeben, weil sie viel geliebt hat. Denn sie, die früher als Sünderin kalt geblieben war, entbrannte nun in heißer Liebe. So ging sie vom Grab des Herrn nicht weg, auch als die Jünger sich entfernten; sie suchte den, den sie nicht finden konnte; sie weinte, während sie suchte, und von heißer Liebesglut entzündet, brannte sie vor Sehnsucht nach dem, den sie gestohlen glaubte. So kam es, daß sie ihn damals ganz allein sehen durfte, weil sie auch allein zurückgeblieben war, um ihn zu suchen; denn das Wichtigste bei jedem guten Werk ist die Beharrlichkeit. Sie suchte also zuerst, fand ihn aber keineswegs; sie suchte weiter und so durfte sie ihn finden. Ihre Sehnsucht, deren Erfüllung sich verzögerte, wurde nur noch größer und die gesteigerte Sehnsucht fand und erfaßte ihn. Darauf läßt sich der Ausspruch der Kirche als der Braut im Hohenliede anwenden: Auf meinem Lager suchte ich in den Nächten den Geliebten meiner Seele. Wir suchen diesen Geliebten auf der Lagerstatt, wenn wir in der kurzbemessenen Ruhezeit dieses Lebens voll Sehnsucht nach unserem Heiland aufseufzen. Und in der Nacht suchen wir ihn; denn wenn auch unser Geist in ihm wach ist, so liegt doch noch Finsternis auf unserm Auge. Wer aber seinen Geliebten nicht findet, muß aufstehen und die Stadt durcheilen, d. h. die heilige Gemeinde der Auserwählten mit Aufmerksamkeit beobachten und durchsuchen; er muß ihn auf den Plätzen und Gassen suchen, d. h. auf jene schauen, welche auf schmalen und breiten Pfaden wandeln; und wenn er bei ihnen etwas finden kann, muß er deren Spur nachgehen. Denn es gibt auch manche unter den jetzt Lebenden, die in ihrem Tugendwandel irgendwie nachahmungswürdig sind. Bei diesem Suchen treffen uns die Wächter der Stadt; denn die heiligen Väter, welche über die Ordnung in der Kirche wachen, kommen unserm guten Streben entgegen und belehren uns durch Wort und Schrift. Wenn wir an diesen ein wenig vorbeigegangen sind, finden wir unsern Geliebten; denn obwohl unser Heiland aus Demut Mensch unter Menschen war, so stand er auf Grund seiner Gottheit doch über den Menschen. (aus dem Deutschen Brevier übersetzt von Dr. Johann Schenk 1937)

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