Dienstag, 1. Juli 2014

Fest des kostbaren Blutes unseres Herrn Jesus Christus - Predigt des hl. Johannes Chrysostomus aus dem Brevier

1. Juli
Willst du von der Kraft des Blutes Christi hören? Dann wollen wir auf sein Vorbild zurückgreifen und uns an sein Gegenstück in früherer Zeit erinnern und den Bericht der altehrwürdigen Schrift uns wieder vergegenwärtigen. In Ägypten drohte Gott den Ägyptern die zehnte Plage an; um Mitternacht sollten ihre Erstgeborenen vernichtet werden, weil sie sein erstgeborenes Volk zurückhielten. Jedoch das geliebte Judenvolk durfte nicht mit den anderen in Gefahr kommen; sie wohnten ja alle in dem gleichen Lande beisammen; darum wurde ein Mittel zur Unterscheidung gefunden. Ein wunderbares Vorbild also; daraus kannst du die Kraft erkennen, die in der Vollendung ruht. Das Strafgericht des zürnenden Gottes war zu erwarten, der Todesengel schritt durch die Häuser. Doch was tat Moses? Tötet ein einjähriges Lamm, sprach er, und bestreichet mit seinem Blut die Türpfosten! Was sagst du da, Moses? Hat je das Blut eines Lammes einen vernunftbegabten Menschen gerettet? Aber sicher, sagt er; nicht weil es Blut ist, sondern weil das Blut unseres Herrn darin vorgebildet wird. Gar oft haben ja auch die Standbilder von Königen, obwohl sie leblos sind und nicht sprechen können, den Menschen, die eine Seele und Vernunft besitzen, wenn sie bei ihnen Zuflucht suchten, Rettung gebracht, nicht weil sie aus Erz sind, sondern weil sie eben das Bild des betreffenden Herrschers darstellen; ebenso hat auch jenes Blut, das von einem vernunftlosen Tiere stammte, Menschen, die eine Seele besitzen, gerettet, nicht weil es Blut war, sondern weil es auf das Erscheinen dieses Blutes hindeutete. Als damals der Würgengel die mit Blut bestrichenen Pfosten und Türen sah, lenkte er seine Schritte weiter und wagte nicht einzutreten. Wenn nun jetzt der böse Feind nicht das Blut des Vorbildes, das an Türpfosten gestrichen ist, sondern das wirkliche Blut Christi sieht, das am Munde der Gläubigen glänzt, durch das die Pfosten des Tempels geheiligt werden, dann wird er noch viel schneller weichen. Wenn der engel schon vor dem Vorbild wich, wie wird der böse Feind erst erschrecken, wenn er die volle Wirklichkeit sieht? Willst du noch eine anderere Wirkung dieses Blutes kennenlernen? Ja, dann sieh einmal, wo es zum erstenmal geflossen ist und aus welcher Quelle es kam. Vom Kreuze ist es zum erstenmal geflossen; die Seite des Herrn war der Ausgangspunkt. Der soldat öffnete die Seite und tat damit die Wand des heiligen Tempels auf. So habe ich diesen herrlichen Schatz entdeckt und freue mich, solch glänzende Reichtümer zu finden. So war es auch bei jenem Lamm. Die Juden töteten das Lamm; ich kenne den großen Segen, der aus dieser geheimnisvollen Quelle fließt. Aus seiner Seite floß Blut und Wasser heraus. Lieber Zuhörer! Geh nicht so schnell an einem so großen Geheimnis vorbei! Ich muss noch einige Worte sagen, um das verborgene Geheimnis ein wenig aufzuhellen. Ich sagte das Wasser und das Blut deuten hin auf Taufe und Eucharistie. Auf diese beiden Sakramente gründet sich nämlich die heilige Kirche durch die Wiedergeburt im Wasser und die Erneuerung im Heiligen Geist, durch die Taufe, meine ich, und durch die heiligen Mysterien, die, wie wir sehen, aus seiner Seite hervorgegangen sind. Aus seiner Seite hat also Christus die Kirche auferbaut, so wie aus der Seite Adams sein Weib Eva gebildet ward. Deshalb bezeugt auch der heilige Paulus: Wir sind aus seinem Fleisch und seinem Gebein; damit deutet er auf jene Seite hin. Denn wie aus dieser Seite Gott das Weib entstehen ließ, so hat uns Christus aus seiner Seite Wasser und Blut gegeben, damit daraus die Kirche entstehe. 
(aus dem Deutschen Brevier übersetzt von Dr. Johann Schenk 1937)

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