Dienstag, 29. Juli 2014

Achter Sonntag nach Pfingsten - Predigt von hl. Thomas von Aquin

 Erste Rede 


Wenn ihr nach dem Fleische lebet, werdet ihr sterben; wenn ihr aber im Geiste die Werke des Fleisches tödtet, werdet ihr leben. Röm. 8, 13.

 Mit diesen Worten sagt der Apostel dreierlei. Zuerst ermahnt er uns, daß wir die Fleischeslust ablegen, wenn er sagt: Wenn ihr im Geiste die Werke des Fleisches abtödtet; zweitens gibt er die Nothwendigkeit der Abtödtung an in den Worten: Wenn ihr nach dem Fleische lebet; drittens zeigt er den Nutzen der Abtödtung, wenn er sagt: So werdet ihr leben.

Was den ersten Punkt anlangt, so müssen wir auf dreifache Weise das Fleisch abtödten. Zuerst indem wir die fleischlichen Laster und Gelüste abthun. Darum sagt der Apostel (Coloss. 3.): Tödtet ab euere Glieder, die auf der Erde sind, Hurerei, Unreinigkeit, Lust, böse Begierlichkeit und Habsucht, welche die Knechtschaft der Götzen ist, weßwegen der Zorn Gottes über die Söhne des Unglaubens kommt, in denen auch ihr einst, da ihr in ihnen lebtet, wandeltet. Jetzt aber leget auch ihr Alles ab, Zorn, Unwille, Bosheit, Gotteslästerung, schändliche Reden in euerm Munde; lüget untereinander nicht; unterwerfet den alten Menschen mit seinen Handlungen, und ziehet den neuen an, nämlich den welcher zur Erkenntniß nach dem Bilde seines Schöpfers erneuert ist. Zweitens, indem man es in Lasten und andern Beschwerden nach der Aehnlichkeit des Leidens Christi abtödtet. Darum sagt der Apostel (2. Cor. 4.): Wir tragen immer die Abtödtung Jesu Christi in unserm Leibe herum, damit das Leben Jesu in euern Leibern an euerm sterblichen Fleische offenbar werde. Drittens indem man sich geistigen Betrachtungen hingibt, wie es in der Schrift (Pred. 12.) heißt: Häufige Betrachtung ist Betrübniß des Fleisches. Und beim Siraciden (31.) steht geschrieben: Ein ehrliches Wachen in der eifrigen Tugendübung unterwirft das Fleisch, (d.h. die fleischlichen Lüste) das Andenken daran nimmt ihm den Laut, (nämlich den Eckel der Trägheit.) Der Gedanke an das Vorherwissen (nämlich der, welcher die Belohnungen vorhersieht) wendet den Sinn hinweg (nämlich von jeder bösen Begierlichkeit) und eine große Schwachheit (nämlich die des Leibes) macht die Seele von den Vergehen nüchtern.
 
 In Bezug auf den zweiten Punkt ist zu bemerken, daß wir das Fleisch abtödten müssen, denn wenn wir nach dem Fleische leben, so werden wir sterben. Es erfolgt nämlich aus der Fleischeslust ein dreifacher Tod. Der erste ist der Tod der Schuld, der zweite ist der der Natur, wie es heißt (Eccli. 37.): Wegen des Rausches sind Viele zu Grunde gegangen. Der dritte Tod ist der der Hölle. Wer auf sein Fleisch säet, sagt der Apostel (Gal. 6.) wird vom Fleische auch Verwesung einernten, und der Psalmist (33.) Der Tod der Sünder ist der schlimmste.

In Bezug auf den dritten Punkt ist zu bemerken, daß aus der Abtödtung des Fleisches ein dreifaches Leben hervorgeht. Das erste ist die Verlängerung des natürlichen Lebens, wie der Prediger (37.) sagt: Wer enthaltsam ist verlängert das Leben. Das zweite ist das Leben der Gnade. Der Apostel sagt (Röm. 8.): Die Weisheit des Geistes ist Leben und Friede. Das dritte ist die Verlängerung des Lebens der Glorie: Wir tragen immer - sagt der Apostel (2. Cor. 14.) - die Abtödtung Jesu in unserm Leibe herum. damit auch das Leben Jesu an unsern Leibern offenbar werde.

Zweite Rede 


Jeder gute Baum, bringt gute Früchte und jeder schlechte Baum bringt schlechte Früchte. Matth. 7, 17.

Von drei Gattungen von Bäumen spricht der Herr in diesem Evangelium. Zuerst redet er von einem Baume der gute Früchte bringt, sodann von einem Baume der schlechte Früchte bringt, und drittens endlich von einem Baume der keine Früchte bringt, wenn er sagt: Jeder Baum, der keine guten Früchte bringt; wird umgehauen und ins Feuer geworfen.
Den ersten Baum schärft er uns nach drei Seiten ein; zuerst in Hinsicht auf die Menge der Früchte, wenn er sagt: Früchte. Er spricht von Früchten, um zu zeigen, daß der Gerechte, welcher hier der gute Baum heißt, viele Früchte bringen muß. Denn er muß zwölf Früchte bringen. Die erste Frucht, die er bringen muß, ist die Liebe, die zweite die die Freude, die dritte der Friede, die vierte die Geduld, die fünfte die Langmuth, die sechste die Güte, die siebente die Freundlichkeit, die achte die Sanftmuth, die neunte der Glaube, die zehnte die Bescheidenheit, die elfte die Enthaltsamkeit, die zwölfte die Keuschheit. Von allen diesen spricht der Apostel (Gal. 5.): Die Früchte des Geistes aber sind Liebe, Freude, Friede usw. Zweitens empfiehlt er den Baum in Hinsicht auf die Kostbarkeit der Früchte, indem er sagt: Gute Früchte. Aber die Güte dieser Früchte, erhellt daraus, weil man damit das Reich Gottes erlangt und die Bäume des Paradieses solche Früchte tragen. Der Apostel (Röm. 14.) sagt: Das Reich Gottes ist nicht Speise und Trank, sondern die Gerechtigkeit und der Friede und die Freude im heiligen Geiste. Drittens empfiehlt er sie in Bezug auf die Zeit des Fruchtbringens, denn er sagt bringt, nicht brachte, indem er andeutet, daß er immer Früchte bringt. Jeremias (17.) sagte: Gepriesen sei der Mann, der auf den Herrn vertraut, und der Herr wird sein Vertrauen sein, und er wird sein wie ein Baum, der an den Wässern gepflanzt ist, und bis zur Feuchtigkeit seine Wurzeln ausbreitet, und er wird sich nicht fürchten, wenn die Hitze kommt. Sein Blatt wird grün sein, und zur Zeit der Trockenheit wird er sorglos sein und er wird nie aufhören Frucht zu bringen. Der Prophet Ezechiel (47.) sagt: Und über dem Bache erhebt sich an seinen beiden Ufern jeder fruchttragende Baum, die Blüthe fällt von ihm nicht ab, und seine Frucht mangelt nicht. Von diesen drei Eigenschaften spricht die Offenbarung (22.): Und auf beiden Seiten des Flusses ist der Lebensbaum der zwölf Früchte trägt, jeden Monat seine Frucht bringt, und die Blätter des Baumes dienten zur Gesundheit der Völker. Er ist kostbar, denn jene, welche davon essen erlangen das ewige Leben; er trägt zwölf; also viele Früchte und beständig, jeden Monat.

In Bezug auf den zweiten Baum gibt er drei Uebel an; zuerst die Vielheit der bösen Früchte, indem er sagt Früchte, womit er andeutet, daß der böse Mensch, welcher hier der schlechte Baum heißt, viele schlechte Früchte, d.h. viele böse Werke bringt. Es zählt aber der Apostel siebenzehn Früchte des bösen Baumes auf (Galat. 5.): Offenbar aber sind die Werke des Fleisches, welche sind: Unzucht, Unreinigkeit, Unkeuschheit, Ueppigkeit, Götzendienst, Giftmischerei, Feindschaft, Hader, Nacheiferung, Zorn, Streit, Zank, Theilungen, Neid, Todtschlag, Berauschung, Ueberfüllung und ähnliche, welche ich euch erwähne, und wovon ich vorhersagte: Die, welche Solches thun, werden das Reich Gottes nicht erlangen. Zweitens die Schlechtigkeit der Früchte. Das Evangelium (Matth. 12.) sagt: Ein böser Mensch nimmt vom schlechten Schatze Schlechtes hervor. Drittens die Gewohnheit Böses zu thun, indem er sagt: Er bringt hervor. Es steht geschrieben (Oseas 4.): Sie hurten und hörten nicht auf.
 In Bezug auf die dritte Gattung ist zu bemerken, daß es dreierlei Bäume gibt, welche keine Früchte tragen. Die erste Art ist die, welche Laub ohne Blüthent trägt, und das sind jene, welche Worte ohne Werke haben. Das Evangelium sagt (Matth. 21.) Und da Jesus einen Feigenbanm neben dem Wege sah, ging er hin und fand daran nichts als Laub und sagte zu ihm: Nie soll von dir eine Frucht entstehen in Ewigkeit, und sogleich verdorrte der Feigenbaum. Die zweite welche Blüthen ohne Früchte trägt, sind die, welche zum Scheine, aber nicht in der Wirklichkeit Werke verrichten. Der Apostel spricht (2. Tim. 3.): von Solchen, welche zwar den Schein von Frömmigkeit haben, aber die Tugend verleugnen. Iob (8.) sagt: Da er noch in der Blüthe ist und von der Hand nicht gepflügt wird verdorrt er vor allen andern Pflanzen; so ist das Leben der Menschen welche den Herrn vergessen und die Hoffnung des Heuchlers geht zu Grunde. Die dritte iist die, welche zwar Früchte, aber ganz unnütze hervorbringt. Im Buche der Weisheit (4.) heißt es: Ihre Früchte sind bitter und unnütz zum Essen. Der Apostel Judas nennt diese Bäume herbstliche, unfruchtbare, doppelt todte, entwurzelte. Aber wehe solchen Bäumen, denn sie werden von der Art des göttlichen Gerichtes umgehauen und in das höllische Feuer geworfen. Darum heißt es (Matth. 3.): Schon ist die Axt an die Wurzel des Baumes angelegt. Jeder Baum, der keine gute Früchte bringt, wird umgehauen und in das Feuer geworfen werden. Von diesem Feuer wolle uns der Herr erlösen. Amen.

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