Samstag, 7. Juni 2014

Papst Gregor zum Pfingstsonntag aus dem Brevier

Lesung 1-3
Johannes 14, 23-31

Auslegung des hl. Papstes Gregor

Geliebteste Brüder! Wir wollen die Worte des Evangeliums kurz durchgehen, damit wir nachher um so länger bei der Betrachtung dieses hohen Festgeheimnisses verweilen können. Heute kam der Heilige Geist unter plötzlichem Brausen auf die Jünger herab und wandelte ihre noch fleischlich gesinnten Herzen ganz in seine Liebe um. Äußerlich sichtbar erschienen seine feurigen Zungen, im inneren aber entbrannten ihre Herzen; sie erglühten in süßer Liebe, während sie Gott in Gestalt des Feuers aufnahmen. Denn der Heilige Geist ist die Liebe selbst; daher sagt auch Johannes: Gott ist die Liebe. Wer also aufrichtigen Herzens sich nach Gott sehnt, der hat den, nach dem er liebend verlangt, tatsächlich schon im Herzen. Denn niemand könnte Gott wahrhaft lieben, wenn er den, den er liebt, nicht schon in sich hätte. Seht, wenn man jeden einzelnen von euch fragt, ob er Gott liebt, dann gibt er voll Zuversicht und ganz entschieden zur Antwort: Ja ich liebe Gott. Im ersten Satz des heutigen Evangeliums habt ihr gehört, was die ewige Wahrheit spricht: Wenn jemand mich liebt, so wird er mein Wort halten. Den Beweis für unsere Liebe bilden also die Werke, die wir tun. Daher schreibt auch Johannes in seinem Briefe: Wenn jemand sagt: Ich liebe Gott, und hält seine Gebote nicht, so ist er ein Lügner. Denn nur dann haben wir die wahre Liebe zu Gott und beobachten seine Gebote, wenn wir die bösen Gelüste in uns ersticken. Denn wer sich von unerlaubter Begierde leiten läßt, liebt sicherlich Gott nicht, weil er ihm in seinem Willen widerspricht. Und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm nehmen. Geliebteste Brüder! Bedenket, was es für eine Würde ist, Gott in seinem Herzen gastlich aufnehmen zu dürfen! Wenn ein reicher oder mächtiger Freund in unser Haus käme, dann würden wir gewiß mit größter Eile das ganze Haus reinigen, damit sich nichts findet, was die Augen des Freundes bei seinem Eintritt beleidigen könnte. Nun, genauso entferne ein jeder den Schmutz schlechter Werke, wenn er das Haus seines Herzens für Gott bereiten will. Doch beachtet ferner, was die ewige Wahrheit sagt: Wir werden kommen und Wohnung bei ihm nehmen. Gott kommt zwar in das Herz mancher Menschen, aber er kann darin keine Wohnung nehmen. Denn wenn sie einmal ihre Sündhaftigkeit erkennen, dann sehnen sie sich nach Gott; aber zur Zeit der Versuchung vergessen sie wieder, was sie erschüttert hatte, und sie kehren wieder zu ihren Sünden zurück, als ob sie dieselben nie beweint hätten.
(aus dem Deutschen Brevier übersetzt von Dr. Johann Schenk 1937)

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