Freitag, 9. Mai 2014

3. Sonntag nach Ostern - Hl. Augustinus aus dem Brevier

Joh. 16, 16-22
Auslegung des hl. Bischofs Augustinus
Eine kleine Weile ist der ganze jetzige Zeitraum, indem die gegenwärtige Welt dahineilt. Daher schreibt derselbe Evangelist in seinem Briefe: Es ist die letzte Stunde. Der Herr fügte deshalb auch hinzu: Denn ich gehe zum Vater. Das ist auf den ersten Teil zu beziehen, wo er sagt: Noch eine kleine Weile und ihr werdet mich nicht mehr sehen; nicht auf den zweiten Teil: und wieder eine kleine Weile und ihr werdet mich wieder sehen. Denn, daß er zum Vater ging, sollte zur Folge haben, daß sie ihn nicht mehr sahen. Und so hat er dies nicht deshalb gesagt, weil er sterben wollte, und weil er bis zur Auferstehung, ihren Blicken sich entziehen wollte, sondern weil er zum Vater gehen wollte; das tat er nach seiner Auferstehung, als er, nach 40 tägigem Zusammensein mit ihnen, in den Himmel auffuhr. Zu denen also, die ihn damals in seinem Leib sahen, sprach er: Noch eine kleine Weile und ihr werdet mich nicht mehr sehen; denn er wollte zum Vater gehen und sie sollten ihn von da ab nicht mehr als sterblichen Menschen sehen, wie sie ihn sahen, als er dieses sprach. Wenn er dann hinzufügte: Und wieder eine kleine Weile und ihr werdet mich wiedersehen, so gab er der ganzen Kirche das Versprechen, wie er auch der ganzen Kirche verheißen hatte: Seht, ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt. Der Herr schiebt auch nicht auf, was er versprochen hat. Noch eine kleine Weile und wir werden ihn dort sehen, wo wir ihn um nichts mehr bitten, um nichts mehr fragen werden, weil eben nichts mehr zum bitten, keine Frage mehr zu lösen bleibt.. Diese kleine Weile scheint uns lange zu dauern, weil sie immernoch währt; wenn sie aber einmal zu Ende ist, dann werden wir merken wie klein sie war. Unsere Freude ist daher nicht so, wie sie die Welt hat, von der es heißt: Die Welt aber wird sich freuen. Aber trotz aller Wehmut und Sehnsucht sollen wir nicht ohne Freude sein, sondern, wie der Apostel sagt, fröhlich sein in der Hoffnung und geduldig in der Trübsal; denn auch die Gebärende, mit der wir verglichen werden, freut sich mehr über die Ankunft eines neuen Menschen, als daß sie traurig ist wegen der augenblicklichen Schmerzen. Doch jetzt wollen wir diese Predigt schließen. Denn das folgende enthält eine sehr schwierige Frage und kann nicht in Kürze abgetan werden; So Gott will, soll es zur gelegenen Zeit erklärt werden.
aus dem Deutschen Brevier übersetzt von Dr. Johann Schenk 1937  

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen