Dienstag, 29. April 2014

Weißer Sonntag - Predigt vom Hl. Thomas von Aquin

Auf den ersten Sonntag nach Ostern 


Erste Rede 


Drei sind die Zeugniß geben auf der Erde, der Geist, das Blut und das Wasser. 1. Joh. 5,8.

 Wir müssen glauben, daß Christus wahrer Gott und wahrer Mensch ist, und darum wollte Christus es durch viele Zeugnisse bestätigen, daß er Gott und Mensch ist. Beides haben wir hier; von dem Zeugnisse für seine Gottheit spricht er früher: Drei sind, die Zeugniß geben im Himmel. Von dem Zeugnisse für seine Menschheit spricht er hier: Drei sind,die Zeugniß geben auf der Erde.

In Bezug auf das erste ist zu bemerken, daß Christus zwölf Zeugnisse dafür hatte, daß er wahrer Gott war. Zuerst bezeugte es der Vater, zweitens der Sohn, drittens der heilige Geist, viertens die Wunder, fünftens die Heiligen, sechstens die Engel, siebentens der Himmel, achtens die Luft, neuntens das Wasser, zehntens die Erde, elftens die Unterwelt, zwölftens das Feuer. (Sieh die Rede auf den Sonntag in der Octave von Christi Himmelfahrt).
 In Bezug auf das zweite ist zu bemerken, daß der heilige Johannes hier ein dreifaches Zeugniß von seiner Menschheit ablegt in denen vorzüglich seine Liebe zu uns sich zeigte. Das erste war die Vergießung des Blutes, das zweite das Hervorquellen des Wassers und das dritte die Aufgebung des Geiftes. Von den zwei ersten sagt die Schrift (Joh. 19.): Und sogleich floß Blut und Waffer hervor; vom dritten (Matth. 27.): Und mit gesenktem Haupte gab er seinen Geist auf. Durch die Vergießung seines Blutes erwies er uns eine fünffache Wohlthat. (Sieh die Rede auf den Passionssonntag) In Bezug auf das zweite ist zu bemerken, daß der Herr Jesus uns ein dreifaches Wasser gab. Zuerst das Taufwasser zur Abwaschung der Sünden, wie es der Prophet (Ezech. 36.) sagt: Ich will über euch reines Waffer ausgießen und ihr werdet von allen euern Sünden rein werden. Zweitens das Wasser der Weisheit zur Löschung des geistigen Durstes. Es heißt (Sirach. 15.): Mit dem Wasser der heilsamen Weisheit tränkte er ihn und wiederum (Joh. 4.): Wenn jemand von dem Wasser trinkt das ich ihm geben werde, so wird es in ihm eine Quelle fließenden Wassers werden zum ewigen Leben. Der heilige Augustin sagt: Wenn Jemand von dem Wasser des Paradieses trinkt, von dem ein Tropfen mehr ist als das Meer, so muß in ihm der Dursti der Weltlust getilgt werden. Drittens das Wasser des heiligen Geistes zur Erfrischung. Christus sagt (Joh. 4.): Wenn jemand Durst hat, so komme er zu mir und trinke. Wer an mich glaubt, wie die Schrift sagt, von dessen Bauche werden Ströme vom lebendigen Wasser hervorquellen; dieß aber sagte er von dem Geiste, den die an ihn Glaubenden erhalten würden. 
 In Bezug auf das dritte ist zu bemerken, daß er seinen Geist aus drei Gründen aushauchte. Zuerst um uns das Leben zu geben. Christus sagt (Joh. 10.): Ich gebe mein Leben für meine Schafe. Zweitens um die Heiligen von der Vorhölle zu befreien. Denn die Seele Christi stieg mit der Gottheit in die Vorhölle hinab, und führte die Heiligen, welche dort waren, heraus. Der Prophet (Zach. 9.) sagt: Du führtest auch in dem Blute deines Testamentes die Gefangenen von dem Teiche heraus. Drittens damit er uns ein Beispiel gäbe, den Geist auszuathmen. Denn wer Christum nachfolgen will, muß durchweg seinen Geist verlassen, wie es heißt (Luc. 9): Wer mir nachfolgen will verläugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach. Und der Apostel (2. Cor. 5.) sagt: Für Alle starb Christus, damit die, welche leben nun nicht mehr sich leben sondern dem der für Alle gestorben ist. Wer so lebt, der gelangt zum Leben wo Niemand stirbt, wozu uns Christus verhelfen wolle. Amen.

Zweite Rede 


Der Friede sei mit euch Joh. 20, 19.

In diesem Evangelium lesen wir, daß der Herr seinen Jüngern auf dreifache Weise den Frieden brachte, um zu zeigen, daß er uns auf dreifache Weise nothwendig ist. Zuerst den Frieden mit Gott, wovon das Evangelium (Joh. 15.) sagt: In der Welt habet ihr Bedrängniß, in mir aber den Frieden. Zweitens den Frieden in uns, wovon Job (6) sagt: Und du sollst wissen. daß dein Gezelt Frieden habe. Der heilige Bernhard sagt: Habet Frieden mit euch selbst und fürchtet nicht was euch äußerlich zu drohen scheint, weil es nicht schadet. Drittens ist der Friede mit dem Nächsten nothwendig, wie der Apostel (Röm. 12.) sagt: Wenn es möglich ist, so viel an euch liegt, so habet Frieden mit allen Menschen.
 In Bezug auf den ersten Frieden ist zu bemerken, daß der dreierlei nothwendig hat, welcher den Frieden mit Gott haben will. Zuerst, daß er Gott fürchte, wie die Schrift (Eccli. 1.) sagt: Die Krone der Weisheit ist die Furcht Gottes, welche den Frieden und die Frucht des Heiles bringt, und daselbst wiederum: Die Furcht des Herrn treibt die Sünde aus. Zweitens, daß er auf Gott seine Hoffnung setze. Isaias (26.) sagt: Gib uns den Frieden, weil wir auf dich hofften. Drittens, daß er seinen Geboten gehorche, wie derselbe Prophet (48.) sagt: Hättest du doch meine Gebote geachtet, dein Friede wäre wie ein Fluß geworden. 
In Bezug auf den zweiten Frieden ist zu bemerken, daß der Mensch, welcher den Frieden mit sich haben will, dreierlei bedarf. Zuerst, daß er sich ganz Gott unterwirft. Job (22.) sagt: Habe Frieden mit ihm und du wirst mit dir Frieden haben. Zweitens, daß er immer den guten Willen bewahre. So sangen die Engel (Luc. 2.): Und Friede den Menschen auf der Erde, die eines guten Willens sind. Drittens, daß er alle Regungen seiner Seele und seines Leibes nach der Klugheit des Geistes richte. Der Apostel (Röm. 8.) sagt: Die Klugheit des Geistes ist Leben und Friede; und das Evangelium (Matth. 5.): Selig die Friedfertigen; denn sie werden Kinder Gottes genannt werden. Aber die Friedfertigen sind alle, welche die Regungen der Seele beherrschen und der Vernunft unterwerfen und darin nicht widerstehen.
 In Bezug auf den dritten Frieden bemerke, daß der Mensch dreierlei nothwendig hat, welcher den Frieden mit dem Mitmenschen haben will. Zuerst, daß er das thue was Gott wohlgefällig ist. Die Sprichwörter (16.) sagen: Gefallen Gott die Wege des Menschen, so wird er auch seine Feinde zum Frieden bringen. Zweitens, daß er Niemand beleidige wie der Apostel (2. Cor. 6.) sagt: Beleidiget Niemanden, und der Psalmist (118.): Jene haben vielen Frieden welche dein Gesetz lieben. Aber das Gesetz Gottes ist, daß wir das Andern nicht thun, was wir wollen, daß uns nicht geschehe, und umgekehrt, daß wir Andern Alles thun was wir wollen daß sie uns thun. Drittens daß er Allen Gutes thue. Der Apostel sagt (Röm. 2.): Herrlichkeit, Ehre, Friede über jeden Menschen, der Gutes thut.
 Aber drei Dinge zerstören vorzüglich den Frieden. Zuerst der Stolz. Job (9.) sagt: Wer widersteht ihm und hat Frieden? Zweitens der Zorn. Der Siracide (28.) sagt: Der Zornige zündet Hader an und der Sünder zerstört die Freunde und bringt mitten unter die, welche Frieden haben Feindschaft. Drittens jede Sünde wie Isaias (48.) sagt: Die Gottlosen haben keinen Frieden, sagt der Herr. Diese drei Dinge muß alfo der entfernen, welcher jetzt den Frieden haben will mit Gott, sich selbst und dem Nächsten, und den Frieden der Ewigkeit in Zukunft, wozu uns der Herr führen wolle. Amen.

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