Mittwoch, 15. Januar 2014

Zweiter Fastensonntag - Predigt vom Hl. Thomas von Aquin

Zweite Rede 

Meine Tochter wird schwer vom Teufel geplagt. Matth. 15,22.

 In sittlicher Beziehung versteht man unter diesen Besessenen die sündhafte Seele, und es sind hier zwei Uebel zu bemerken, welche der Mensch sich durch die Todsünde zuzieht. Das erste ist, daß er von dem Teufel besessen wird; das zweite, daß er schwer gequält wird.


In Bezug auf den ersten Punkt ist zu bemerken, daß die sündhafte Seele von sieben Teufeln besessen wird. Der erste Teufel ist die unmäßige Begierde zu wissen; dieß ist der mittägige Teufel wie der Psalmist (90.) sagt: "Befreie mich von dem mittägigen Teufel." Der zweite ist die unmäßige Lust zu besitzen; dieß ist der stumme Teufel. Das Evangelium (Luc. 11.) sagt: "Jesus trieb einen Teufel aus, und dieser war stumm." Der dritte isti die Herrschsucht; dieß ist der Teufel mit Namen Asmodens; In Tobias (3.) heißt es: "Ein Teufel mit Namen Asmodeus, tödtete sie." Asmodeus, was Gericht des Geschöpfes bedeutet, ist das Streben, die Richtergewalt über die Menschen, welche das Geschöpf Gottes sind, zu besitzen. Der vierte Teufel ist die Freude an fleischlichen Gelüsten; dieß ist der blinde Teufel. Das Evangelium sagt (Matth. 12.): "Sodann wurde zu ihm ein Besesener gebracht, der blind und stumm war;" dieß ist die fleischliche Begierlichkeit, welche die Augen des Geistes blind macht. Der heilige Augustin sagt: Es erhoben sich Nebel von der sumpfigen Begierlichkeit des Fleisches und sie verfinsterten und verdunkelten mein Herz, daß die Reinheit der Liebe von der Finsterniß der Luft nicht unterschieden wurde." Der fünfte Teufel ist die Rachsucht; dieß ist der wilde Teufel. Das Evangelium (Matth. 8.) sagt: "Und es rannten ihm zwei Besesene entgegen die sehr wild waren." Der sechste ist die Ehrabschneidung, wovon die Offenbarung (16.) sagt: "Ich sah daß drei unreine Geister in der Gestalt von Fröschen ausgingen, welche drei Arten von Teufeln sind." Unter dem Frosche versteht man die Verleumdung, weil es drei Wege gibt. Der erste ist das Gute zu vermindern, der zweite das Böse zu übertreiben, der dritte falsche Verbrechen aufzubürden. Der siebente Teufel ist die Verzweiflung wovon alles Uebel folgt. Dieser Teufel heißt Legion, weil viele Teufel nach der Verzweiflung in die Seele eingehen. Jesus fragte den Teufel (Marc. 5.): "Was hast du für einen Namen? Er antwortete: Legion." Von diesen sieben Teufeln heißt es (Luc. 8.): "Maria, welche Magdalena heißt, von der sieben Teufel ausgegangen waren." Von diesen Teufeln wird die sündhafte Seele besessen.
In Bezug auf den zweiten Punkt ist zu bemerken, daß diese Teufel den Menschen, welchen sie besitzen auf siebenfache Weise quälen. Erstens indem sie blind machen, zweitens indem sie die Sprache nehmen. Von diesen zweien heißt es (Matth. 12.): "Ein Besessener der blind und stumm war." Drittens quälen sie indem sie das Feuer der Begierlichkeit entflammen; viertens indem sie in das Wasser der Wollust versenken; fünftens indem sie den Wechsel der veränderlichen Dinge verkehren. Von diesen dreien sagt das Evangelium (Matth. 17.): "Herr erbarme dich meines Sohnes der mondsüchtig ist; denn oft fällt er in das Feuer, häufig in das Wasser." Der Sünder heißt mondsüchtig weil er wie der Mond mit der Zeit wächst und abnimmt, und oft in das Feuer der Begierlichkeit und das Wasser der Wollust fällt. Sechstens verursacht er die Kälte im Geistlichen, indem er die Kleider der Tugenden hinwegnimmt. Das Evangelium sagt (Luc. 8.): "Es kam ihm ein Mann entgegen, welcher seit langer Zeit schon einen Teufel hatte und kein Gewand anzog." Siebentens quält er mit Schmerzen und Trübsalen, die sie oft treffen und die Sünder peinigen. Es heißt (Marc. 5.): "Es kam ihm von den Gräbern ein Mann mit einem unreinen Geiste entgegen, der sich mit Steinen schlug." Jeremias (2.) sagt: "Sieh wie schlimm und böse es ist, daß du Gott deinen Herrn verließest."
Die Befreiung von dieser Besesenheit bewirkt aber fünferlei, was in Bezug auf das cananäische Weib bemerkt ist. Zuerst die Demuth, denn sie sprach: "Denn auch die Hunde essen die Brosamen, welche von dem Tische ihrer Herren fallen." Zweitens die Geduld, was daraus hervorgeht, daß sie so lange die harte Rede des Herrn ertrug. Drittens das Gebet, denn sie sprach: "Erbarme dich meiner, Sohn Davids." Viertens die Ausdauer, was sich darin zeigte, daß sie nicht abließ bis sie erhielt was sie wollte. Fünftens der Glaube, denn Christus sprach: "O Weib, groß ift dein Glaube." Hast du diese fünf Stücke, so wirst du von jedem Teufel, d.h. von jeder Sünde befreit werden, was uns Christus verleihen wolle. Amen.

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