Dienstag, 28. Januar 2014

Sonntag Sexagesima - Predigt vom Hl. Thomas von Aquin

Zweite Rede (Fortsetzung)


 Diener in sehr vielen Arbeiten.  2. Cor. 11, 23.

 Die heilige Schrift redet von einer vierfachen Arbeit. Die erste ist die der Natur, wornach der Mensch für die Erhaltung seiner Natur arbeitet. Job (5.) sagt: "Der Mensch wird zur Arbeit geboren." Die zweite ist die der Schuld, wodurch sich der Mensch bemüht eine Sünde zu begehen. "Sie bemühten sich, Unrecht zu thun," sagt der Prophet Jeremias( 9.). Die dritte ist die der Hölle, worauf keine Ruhe folgt. Der Psalmist (48.) sagt: "Er bemühte sich in Ewigkeit und lebt noch bis zum Ende." Die vierte Arbeit ist die der Gnade, wodurch sich die Gerechten Gutes zu wirken bemühen.


 In Bezug auf die Arbeit der Natur sind fünf Punkte zu bemerken; zuerst, daß sie für die Sünde aufgelegt wird; daraus erhellt, daß der Mensch die Sünde hassen muß, weßwegen er in solchen Mühen ist. Die Schrift sagt (Gen. 3.): "Im Schweiße deines Angesichtes sollst du dein Brod essen alle Tage deines Lebens." Zweitens weil der Mensch, wenn er in der ewigen Liebe bleibt, die Glückfeligkeit erwirbt. Denn der Psalmist (127.) sagt: "Weil du den Schweiß deiner Hände issest, so bist du selig und es wird dir wohlergehen." Drittens soll sich der Mensch weil er häufig von wilden Thieren von Krankheiten und den Feinden wegen der Sünde verschlungen wird, vor der Sünde hüten. Die Schrift (Deut. 25.) sagt: "Die Früchte deiner Erde und alle deine Mühen verzehrte das Volk;" darum wird das Gegentheil von den Gerechten gesagt. Der Prophet (Isai. 62.) sagt: "Deinen Weizen wil ich nicht fürder deinen Feinden zur Speise geben, nicht sollen Söhne der Fremden deinen Wein trinken, um den du dich bemühet: denn die das Getreide sammeln, werden es essen und den Herrn loben, und die den Wein einbringen, werden ihn trinken in meinen heiligen Vorhöfen." Viertens, weil Alle zur Arbeit verbunden sind, und wer nicht arbeitet, auch nicht essen soll, wie der Apostel (2. Thess, 3.) sagt: "Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen." Fünftens, weil der welcher nicht arbeiten will, ewig bestraft wird. Der Psalmist (72.) sagt: "Die Mühsal der Menschen haben sie nicht und werden nicht geschlagen mit den Menschen."
 In Bezug auf die Arbeit und Mühe der Schuld erwähnt die heilige Schrift fünf Arten. Die erste ist die der Habsucht. Der Prediger (4.) sagt: "Er ist allein und doch hört er nicht auf zu arbeiten und wird nicht satt;" und die Sprichwörter (23.) sagen: "Arbeite nicht damit du reich wirst." Die zweite ist die des Stolzes. Der Prediger (5.) sagt: "Was nützt es also, daß er für den Wind arbeitet." Der Wind ist der Stolz. Die dritte ist die Wollust. Der Prediger (9.) sagt: "Genieße das Leben mit dem Weibe, das du liebst und hierauf hast du Alles in deiner Mühsal." Die vierte ist die der Zauberer. Isaias (47.) sagt: "Bleibe bei deinen Beschwörern und bei der Menge deiner Beschwörungen, womit du dich abmühtest von Jugend auf." Die fünfte ist die des Fraßes. Der Prediger (6.) sagt: "Jede Mühe des Menschen besteht für seinen Mund, daß er esse und trinke und Freude von seiner Arbeit genieße."
 In Bezug auf die Mühe der Hölle ifi dreierlei zu bemerken; zuerst die Unermeßlichkeit. Die Schrift sagt (Klagelied 3): "Er umgab mich mit Galle und Mühe." Die zweite ist die Bitterkeit, indem es heißt (Pred. 10.): "Die Mühe der Thoren bringt Schmerz." Die dritte ist die Ewigkeit, indem es heißt (Ps. 48.): "Er hat Mühe in Ewigkeit und lebt ohne Ende." Von dieser Mühe befreie uns unser Herr. Amen.


 Dritte Rede 


Ich weiß einen Menschen, der, sei es im Leibe, sei es außer dem Leibe, ich weiß es nicht, Gott weiß es, - bis in den dritten Himmel verzückt wurde.  2. Cor. 12, 2.

 Der heilige Mann bedarf drei Stücke zur Vollkommenheit, welche in diesem Briefe des heiligen Paulus bemerkt sind; zuerst die Ertragung der Widerwärtigkeiten; zweitens den guten Wandel; drittens die Betrachtung des Himmlischen. Denn die heiligen Männer müssen zuerst die Leiden sehr geduldig ertragen, zweitens die guten Werke sehr gut vollenden und drittens die himmlischen Freuden betrachten. Das erste sagen die Worte: "Ich war sehr oft im Gefängnisse," und wiederum (Röm. 12.): "Seid geduldig in der Trübsal." Das zweite die Worte: "In Mühe und im Kummer," oder (Gal. 6.): "So lange wir Zeit haben, laßt uns das Gute wirken gegen Alle, vorzüglich aber gegen die Hausgenossen des Glaubens." Das dritte die Worte: "Ich kenne einen Menschen, der bis in den dritten Himmel verzückt wurde," und wiederum (2. Cor. 3.): "Wir aber werden nach der Enthüllung des Angesichtes die Herrlichkeit des Herrn schauen."
  In Bezug auf das Erste ist zu bemerken, daß sich in diesem Briefe in drei Punkten die wunderbare Geduld des heiliger Paulus zeigt. Zuerst in der Ertragung der körperlichen Marter. Es heißt: "Dreimal wurde ich mit Ruthen gestrichen, einmal gesteinigt, dreimal litt ich Schiffbruch." Und (1. Cor. 4.): "Wir erdulden Verfolgung und harten aus." Zweitens die Erduldung der göttlichen Gerichte, indem es heißt: "Dreimal habe ich Schiffbruch gelitten." Drittens die Geduld bei Verleumdungen. Es heißt: "Ich hatte Gefahren von den falschen Brüdern," welche ihn verleumdeten. Und (1. Cor. 4.): "Wir werden gelästert und wir segnen." Viertens die Ertragung der Versuchungen; denn es heißt: "Es wurde mir als Stachel des Fleisches der Satansengel gegeben." Und Jacobus (1.) sagt: "Selig der Mann der die Versuchung erträgt." 
In Bezug auf das Zweite werden vorzüglich die Werke des heiligen Paulus in vier Stücken gerühmt, worin wir ihm nachfolgen sollen; zuerst in der Handarbeit was die Worte in sehr vielen Arbeiten sagen. Und irgendwo heißt es: "Die Arbeit deiner Hände sollst du genießen, so bist du selig und es wird dir wohlergehen. Der Apostel sagt (2. Thess. 3.): "In Mühe und Anstrengung," oder anderswo: "Tag und Nacht war ich in der Tiefe des Meeres." Zweitens in Beobachtung der Fasten und der Nachtwachen, was die Worte in vielen Nachtwachen und Fasten sagen. Drittens in der eifrigen Predigt, was die Worte sagen: "Meine tägliche Mühen." Und das Evangelium sagt (Matth. 28.): "Gehet hin in alle Welt und predigt das Evangelium allen Völkern." Viertens im Gebete, indem es heißt: "Darum habe ich den Herrn dreimal gebeten;" und wiederum (Röm. 12.): "Dem Gebete obliegend." Das Gebet bezieht sich auf den Herrn, die Predigt auf den Nächsten, die Händearbeit auf sich selbst.
In Bezug auf das Dritte, gibt es vier Arten der Betrachtung, welche in diesem Briefe des heiligen Paulus vorkommen, worin wir ihm nachahmen sollen. Die erste Art bezieht sch auf die Betrachtung der Schrift, was man unter der Verzückung in den Himmel verstehen kann. Dionysius sagt: "Klopfen wir bei dem besten Garten des Paradieses der Schrift an, der mit duftenden, mit süßen und den angenehmsten Liedern der geistigen, gottähnlichen Vögel von allen Seiten unsere Ohren umschallt, der unser Herz rührt, das traurige erheitert, das erzürnte besänftigt und mit vielfacher ewiger Freude erfüllt." Die zweite Weise besteht in der Betrachtung der unverweslichen Kreatur, welche unter dem ersten Himmel verstanden wird. Der Psalmist sagt (Ps. 8.): "Ich werde deine Himmel sehen." Buchstäblich sfpricht er von dem wirklichen Himmel. Die dritte Art bezieht sich auf die Betrachtung der geistigen Kreatur, in der Betrachtung der Ordnungen der Engel in Bezug auf Gott, auf uns und sich selbst, was man unter der Entzücknng bis in den dritten Himmel versteht. Der heilige Angustin sagt: "Nämlich der Himmel des Himmels, den du im Anfange geschaffen hast, ist etwas Geschaffenes, nämlich Geistiges, obwohl nicht mit der Dreieinigkeit gleich ewig, doch in seiner Unveränderlichkeit an deiner Ewigkeit theilhaft. In ihm offenbart sich die Süßigkeit der seligsten Betrachtung, und er übersteigt ohne eine Verminderung, seitdem er geschaffen ist, jeden veränderlichen Wechsel der Zeiten." Die vierte Art besteht in der Betrachtung der Gottheit, was man unter der Verzückung in den dritten Himmel versteht. Der Apostel (2. Cor. 3.) sagt: "Wir aber werden nach der Enthüllung des Angesichtes, die Herrlichkeit des Herrn schauen." Der heilige Bernhard sagt: "Aber die höchste Weise der Betrachtung ist, wenn man sich über die Dinge und das Sinnliche so weit es der menschlichen Natur gestattet ist, zu jenem Erhabenen in der Betrachtung bisweilen aufschwingt und die Betrachtung gewährt, wenn sie vollkommen ist, die höchste Seligkeit." Der heilige Augustin sagt: "Du bringst über mich, o Herr, oft eine mir unnennbare Süßigkeit, welche über mich ausgegossen wird, und ich weiß nicht was das ewige Leben ist, wenn es diese nicht ist." Dazu möge uns der Herr führen. Amen.

Vierte Rede


 Die Vögel des Himmel zehrten es auf. Luc. 8,5

 Unter den Vögeln versteht man die Teufel, unter dem Samen die Gerechtigkeit; daher kann man nach der mystischen Erklärung in diesen Worten dreierlei bemerken. Zuerst die Behendigkeit der Teufel zum Bösesthun, was das Wort Vögel aussagt; zweitens ihre Würde der Natur nach, was das Wort des Himmels sagt, und drittens ihre Gottlosigkeit nach der Schuld, was das Wort sie zehrten es auf bedeutet.
 In Bezug auf das Erste ist zu bemerken, daß die Teufel mit den Vögeln aus drei Gründen verglichen werden; zuerst wegen der Höhe des Fluges; zweitens wegen der Schnelligkeit des Fluges; drittens wegen der Wildheit. Denn die Teufel fliegen in die Höhe. Die Schrift (Num. 24.) sagt: "Wenn du auf den Felsen dein Nest hinaufbauest, so werde ich dich herabziehen," spricht der Herr. Zugleich fliegen sie schnell, um schnell Böses zu thun. Die Klagelieder (4.) sagen: "Die Verfolger waren schneller als die Adler des Himmels." Zugleich leben sie von dem Raube, indem sie auf Thiere Beute machen. Der heilige Petrus (1. Petr. 5.) sagt: "Euer Gegner der Teufel geht wie ein brüllender Löwe umher und suchet wen er verschlinge;" und Ezechiel (17.) redet von einem großen Adler mit großen Schwingen.
 In Bezug auf das Zweite ist zu bemerken, daß die Teufel aus drei Gründen Vögel des Himmels heißen. Zuerst wegen des Ursprunges, denn sie wurden in dem oberen Himmel geschaffen. Zweitens wegen der Feinheit, daher sagt der Prophet Isaias (14.): "Wie fielest du vom Himmel Lucifer, der du am Morgen aufgingest?" Wenn es heißt, daß er vom Himmel herabfiel, so wird damit sein Ursprung angegeben, denn er wurde im Himmel geschaffen; indem er aber Lucifer heißt, wird die Feinheit und Durchsichtigkeit der Natur bemerkt. Drittens heißen sie Vögel des Himmels, wegen der Wohnung. Der Apostel sagt (Ephes. 6.): "Wir müssen kämpfen gegen die Geister der Bosheit in den Lüften." Darum ergreifet die Waffenrüstung Gottes, daß ihr am Tage Gottes widerstehen und in Allem vollkommen sein könnet."
 In Bezug auf das Dritte ist zu bemerken, daß der Same dreifach ist welchen die Teufel auffraßen. Der erste ist das Wort Gottes (Luc. 8.): "Eines fiel auf den Weg und es kamen die Vögel des Himmels und fraßen es auf. - Es kam der Feind und raubte, was auf den Weg gesäet wurde." Der zweite ist der Same der Gerechtigkeit. "Wer sparsam säet wird auch sparsam ernten." (2. Cor. 9.) Der dritte Same ist jedes gute Wer. Der Psalmist (125.) sagt: "Sie gingen und weinten ihren Samen ausfäend." Der heilige Augustin sagt: "Dort ist unser Same, was wir da Gutes gethan haben." Den Samen des Wortes Gottes, rauben die Teufel, indem sie den Irrthum in das Herz des Menschen säen. Der Apostel (2. Cor. 4.) redet von Menschen in welchen der Gott dieser Welt den Geist der Ungläubigen verfinsterte, daß ihnen nicht leuchte das Licht des Evangeliums der Herrlichkeit Christi. Den Samen der Gerechtigkeit rauben die Teufel, indem sie zur Ungerechtigkeit führen. Das Evangelium (Joh. 8.) sagt: "Ihr seid von dem Vater, dem Teufel, und wollet die Gelüstie eueres Vaters vollziehen." Den dritten Samen des guten Werkes raubt der Teufel, indem er macht, daß sich die Menschen über ihr gutes Werk rühmen. Das Evangelium (Matth. 6.) sagt: "Wenn du ein Almosen gibst, laffe es nicht vor dir vorherverkünden, wie es die Heuchler thun, um von den Menschen gesehen zu werden. Wahrlich sage ich euch, sie haben ihren Lohn schon empfangen." Daraus erhellt, daß man den Samen vor den Vögeln, d.h. den Teufeln bewahren muß, daß er hundertfache Früchte bringen kann. Die hundertfache Frucht ist die ewige Freude, wozu uns Gott führen möge. Amen.

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