Mittwoch, 29. Januar 2014

Sonntag Septuagesima - Predigt vom Hl. Thomas von Aquin

Zweite Rede


 Er ging aus um die dritte Stunde, und fand Andere müssig auf dem Markte stehen und sprach zu ihnen: Gehet auch ihr in meinen Weinberg, und was recht ist, will ich euch geben. Matth. 20, 3.

 In diesen Worten liegt viererlei; zuerst die Güte des Herrn; denn er ging selbst aus zu suchen. Denn daß Christus ausging, um die Menschen in den Weinberg der Gerechtigkeit du dingen, war eine Handlung von unendlicher Güte. Der Prophet (Habac. 3.): sagt: "Er ging aus zum Heile seines Volkes." Zweitens die Thorheit des Menschen; er fand dort Andere auf dem Markte müssig stehen. Denn nichts ist thörichter,
als im gegenwärtigen Leben, wo der Mensch für sich wirken muß, müssig zu leben. Die Schrift (Sirach. 22.) sagt: "Von einem kothigen Steine ist der Träge getroffen worden und Alle reden zu seiner Verachtung." Drittens die Nothwendigkeit in dem Weinberge des Herrn zu arbeiten; denn es heißt: "Gehet auch ihr in meinen Weinberg." Und der Apostel (2. Thess. 3.) sagt: "Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen." Vierteus der Nutzen der Arbeit; denn es heißt: "Und was recht ist will ich euch geben." Und die Offenbarung (letzt. Kap.) sagt: "Sieh, ich komme bald, und mein Lohn ist bei mir, Jedem nach seinen Werken zu vergelten.
In Bezug auf das Erste ist zu bemerken, daß man von Christus auf fünferlei Weise sagt, er gehe aus. Der erste Ausgang war im Anfange der Welt, wie der Säemann, die Gefchöpfe zu säen, wovon das Evangelium (Luc. 8.) sagt: "Es ging aus, der säet seinen Samen zu fäen." Der zweite Ausgang war in der Geburt, um die Welt zu erleuchten. Isaias (62.) sagt: "Bis sein Gerechter wie ein Glanz ausgeht," und das Evangelium (Joh. 16.): "Ich bin von dem Vater ausgegangen und in die Welt gekommen." Drittens in seinem Leiden um die Seinigen von der Macht des Teufels und von allem Bösen zu befreien. Es heißt (Isai. 51.): "Nahe ist mein Gerechter, und mein Erlöser ging aus." Vierteus geht er aus, um als ein Vater für seine Familie zu sorgen. Es sagt die Schrift (Matth. 20.): "Das Himmelreich gleicht einem Hausvater, welcher frühe Morgens ausging, Arbeiter in seinen Weinberg zu miethen." Fünftens wird er im Gerichte auf dreifache Weise ausgehen, als ein Untersucher um über die Gottlosfen eine strenge Untersuchung zu verhängen, wie der Prophet (Isai. 26.) sagt: "Sieh der Herr wird von seinem heiligen Orte ausgehen, um die Beleidigung der Erdenbewohner gegen sich zu untersuchen." Zweitens geht er aus, als der stärkste Kämpfer um seine Abtrünnigen zu überwinden. Der Prophet (Isai. 42.) sagt: "Der Herr geht aus, wie ein Held, wie ein Kriegsmann." Drittens als Richter um die Bösen nach Verdienst zu bestrafen. Der Prophet (Mich. 1.) sagt: "Der Herr wird ausgehen von seinem heiligen Orte, und herabkommen, und das Hohe der Erde zertreten."
 In Bezug auf das Zweite ist zu bemerken, daß es aus fünf Gründen eine große Thorheit ist, im gegenwärtigen Leben müssig zu leben. Zuerst, weil der Mensch zur Arbeit geboren wird, wie die Schrift (Job. 5.) sagt: "Der Mensch wird zur Arbeit geboren." Zweitens, weil man von dem Müssiggange, als einem bösen Lehrmeister eine schlechte Wissenschaft erlernt. Die Schrift (Sirach. 33.) sagt: "Der Müssiggang lehrte eine große Bosheit." Drittens weil häufig eine schauderhafte Sünde begangen wird. Die Schrift (Ezech. 16.) sagt: "Dieß war die Gottlosigkeit deiner Schwester Sodoma, der Stolz, die Uebersättigung und der Ueberfluß und ihr Müssiggang." Viertens, weil man sich durch den Müssiggang den Mangel an dem ewigen Gute zuzieht. Daher sagt die Schrift (Sprichw. 6.): "Schlafe nun ein wenig, lege ein wenig die Hände in den Schooß, und es kommt zu dir wie der Wanderer die Noth." Fünftens weil man eine einige Mühseligkeit für einen geringen Müssiggang einernret. Der Psalmist (72.) sagt: "Die Mühsal der Menschen haben sie nicht und werden nicht geschlagen mit den Menschen," sondern mit den Teufeln. Und wiederum (Ps. 48.): "Er wird in Ewigkeit leiden, und doch bis an das Ende leben."
 In Bezug auf das Dritte ist zu bemerken, daß dieser Weinberg, in den wir zu arbeiten geschickt werden, die Gerechtigkeit ist, in der so viele Rebzweige als Tugenden sind, wie der heilige Chrysostomus sagt. In diesem Weinberge müssen wir auf fünferlei Weise arbeiten. Zuerst indem wir ihn mit guten Werken und Tugenden bepflanzen. Der Psalmist (106.) sagt: "Sie pflanzten einen Weinberg und ernteten die Erstlingsfrucht;" und (Sprichw. 31.): "Von der Frucht seiner Hände bepflanzte er den Weinberg." Zweitens, indem die Dörner, d.h. die Laster ausgerodet werden. Das Gegentheil findet bei dem Thoren statt; denn es heißt (Sprichw. 24.): "Ich ging bei dem Acker eines müssigen Menschen vorüber und bei dem Weinberge eines thörichten Menschen, und sieh, Alles hatten die Disteln angefüllt." Drittens, indem man die überflüssigen Rebzweige hinwegschneidet; das hohe Lied sagt (Cant. 2.): "Die Zeit der Zuschneidung ist gekommen," und Johannes (15.): "Jeden Rebzweig, der Frucht trägt, reinigt er, daß er noch mehr Frucht bringt." Viertens, indem er von ihm die Füchse, d.h. die Teufel abhält. Die Schrift sagt (Hohel.  2.): "Fanget uns die kleinen Füchse, welche den Weinberg zerstören." Fünftens, indem er ihn vor den Dieben, d.h. vor den Schmeichlern und Ehrabschneidern bewahrt. Die Schrift (Hohel. 1.) sagt: "Sie setzten mich zum Wächter über die Weinberge."
 In Bezug auf das Vierte ist zu bemerken, daß der Lohn der Arbeiter in diesem Weinberge der Denar ist, wie es im Evangelium heißt, welcher tausend Silberlinge gilt, wie es bei dem Propheten (Isai. 8.) heißt: "Der Mann gab für ihn taufend Silberlinge." Die tausend Silberlinge sind die taufend Freuden der Ewigkeit, welche unter dem Denar bezeichnet werden. Dazu wolle uns Jesus Christus führen. Amen.

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