Donnerstag, 9. Januar 2014

Fest der hl. Familie Jesus, Maria und Joseph - Hl. Bernhard (Brevier)

(aus dem Deutschen Brevier übersetzt von Dr. Johann Schenk 1937)

Sonntag in der Oktav der Erscheinung
Auslegung des heiligen Abtes Bernhard (Luk. 2, 42-52)

Und er war ihnen untertan. Wer? Wem? Gott - den Menschen. Ja, Gott, sage ich, dem die Engel untergeben sind, dem die Herrschaften und Mächte gehorchen, er war untertan Maria, und nicht blos Maria, sondern auch Joseph um Maria willen. Staune also über beides und entscheide, was du mehr bewundern sollst, die liebevolle Herablassung des Sohnes oder die ganz hervorragende Würde der Mutter. Beides ist staunenswert, beides wundervoll. Gott gehorcht einer Frau - eine beispiellose Erniedrigung; eine Frau steht über Gott - eine Erhöhung sondergleichen. In dem Lobgesang auf die Jungfrauen wird besonders herhorgehoben, daß sie dem Lamme folgen, wohin es geht. Welches Lob verdient wohl erst diejenige, die ihm sogar vorangeht? Mensch, lerne gehorchen! Du Erdengebilde, lerne dich unterwerfen! Du Staub, lerne dich beugen. Von deinem Schöpfer sagt der Evangelist: Und er war ihnen, ohne Zweifel, Maria und Joseph untertan. Werde rot vor Scham, du hochmütiger Staub. Gott erniedrigt sich, und du erhöhst dich? Gott unterwirft sich den Menschen, und du willst über die Menschen herrschen und erhebst dich über deinen Schöpfer? Würde mir doch, wenn ich jemals etwas derartiges planen sollte, Gott auch die rechte antwort geben, wie er sie vorwurfsvoll seinem Apostel gegeben hat: Geh weg von mir, du Verführer: denn du hast keinen Sinn für das, was Gottes ist. So oft ich nämlich darnach trachte, über den Menschen zu stehen, so oft versuche ich, Gott voranzugehen; und dann habe ich wahrhaft keinen Sinn für das, was Gottes ist. Denn von ihm heißt es: Und er war ihnen untertan. Wenn du, Mensch, es für unwürdig hälst, das Beispiel eines Menschen nachzuahmen, dann wird es doch aber gewiss deiner nicht unwürdig sein, deinem Schöpfer zu folgen. Wenn du ihm vielleicht nicht überall folgen kannst, wohin er geht, so würdige dich, wenigstens dort ihm zu folgen, wo er sich zu dir herabgelassen hat. Wenn du nicht den erhabenen Pfad der Jungfräulichkeit wandeln kannst, dann folge doch wenigstens Gott auf dem ganz sicheren Weg der Unterwürfigkeit; wenn von diesem Weg selbst solche abweichen, die jungfräulich leben, so folgen sie, wenn ich die Wahrheit sagen soll, dem Lamme nicht wohin es geht. Zwar folgt der Unterwürfige, der befleckt ist, und auch der Jungfräuliche, der sich erhebt, dem Lamme, aber keiner folgt ihm überall, wohin es geht; der erste kann sich nicht aufschwingen zur Reinheit des Lammes, das ohne irgendeinen Flecken ist; der andere will sich nicht herablassen zu seiner Ergebenheit, da es nicht nur vor dem Scherer, sondern sogar vor dem verstummte, der es tötete. Dennoch hat der Sünder in seiner demütigen Gesinnung den besseren Weg erwählt, als der Stolze trotz seiner Jungfräulichkeit. Denn demütige Buße reinigt ihn von seiner Unreinheit, während beim andern der Stolz sogar seiner Reinheit den Wert nimmt.

 

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