Donnerstag, 12. Dezember 2013

Katechismus vom Hl. Thomas von Aquin - Gemeinschaft der Heiligen, Ablaß der Sünden

X. Artikel
Gemeinschaft der Heiligen, Ablaß der Sünden 

Wie in einem natürlichen Körper die Wirkung eines Gliedes zum Wohl des ganzen Körpers gereiche: so auch in dem geistigen Körper, das ist, in der Kirche. Weil daher alle Gläubigen einen Körper ausmachen: hat einer an des andern Gut Antheil. Wir sind unser viele ein Leib in Christo, und einer des andern Mitglied (Röm. 12,5). Aus dieser Ursache haben wir unter anderen Glaubenslehren von den Aposteln übernommen, daß in der Küche ein Gemeingenuß der Güter sey, und dieß heißt Gemeinschaft der Heiligen. Unter andern Gliedern der Kirche ist nun Christus das vorzüglichste, weil er das Haupt ist. Ihn hat Gott zum Haupte der ganzen Kirche gesetzet, die sein Leib ist (Ephes. 1,22.23). Das Verdienst Christi wird also allen Christen mitgetheilet, wie die Kraft des Hauptes allen Gliedern, und diese Mittheilung geschieht durch die Sakramente der Kirche, in welchen mittels Verleihung der Gnade die Kraft des Leidens Christi wirket zum Ablasse der Sünden. Dergleichen Sakramente sind aber sieben. 

Das erste die Taufe, welche gleichsam eine geistliche Wiedergeburt ist.Denn gleichwie es kein leibliches Leben des Menschen giebt ohne leibliche Geburt, so kann es auch kein geistliches oder kein Leben der Gnade ohne geistliche Wiedergeburt des Menschen geben, und diese Wiedergeburt geschieht durch die Taufe. Wer nicht wiedergebohrn wird aus dem Wasser und heiligen Geiste kann in das Reich Gottes nicht eingehen (Joh. 3,5); und hier merke man, daß der Mensch nur ein mal gebohren wird. Deßhalben haben die Kirchenvater hinzugesetzet: Ich bekenne eine Taufe. Es besteht aber die Kraft der Tauf darinn, daß sie sowohl von aller Schuld, als von aller Strafe der Sünden reiniget. Daher denn auch allen Täuflingen, sie mögen noch so viel gesündiget haben, keine Buße ausgeleget wird, und sollten sie gleich nach der Taufe sterben, gehen sie unmittelbar zum ewigen Leben über. Daher ist's auch, daß, ungeachtet der einzigen Priester Amt ist, zu taufen, dennoch im Nothfalle einem Jeden erlaubet ist, die Tauf zu verleihen, wenn er es nur mit den vorgeschriebenen Worten thut, welche sind: Ich taufe dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des heil. Geistes. Dieses Sakrament erhält nun seine Kraft von dem Leiden Christi. Wir sind alle, die wir in Christo Jesu getaufet sind, in seinem Tode getaufet worden (Röm. 6,3), und darum geschieht die dreymalige Tauchung in das Wasser (Wie es in einigen Kirchen bey erwachsenen Täuflingen anstatt des dreymalige Aufgießens üblich ist), um die dreitägige Ruhe Christi im Grabe anzuzeigen.
Das zweyte Sakrament ist die Firmung. Denn wie jenen die leiblich gebohren werden, Kräfte zum Handeln nöthig sind, so ist auch geistlich Wiedergebohrnen die Kraft des heiligen Geistes unentbehrlich. Daher haben auch die Apostel um Stärke zu gewinnen, nach der Himmelfahrt Christi den heiligen Geist erhalten. Haltet euch in der Stadt, bis ihr mit Kraft auo der Höhe ausgerüstet werdet (Luk. 24,49). Diese Kraft wird nun in dem Sakramente der Firmung mitgetheilet. Daher sollten jene die Kinder zu besorgen haben sich die Firmung derselben sehr angelegen seyn lassen, weil sie dadurch eine wichtige Gnade erlangen, so daß nachdem Maaße dieser Gnade der Gefirmte auf einen höhern Grad von Seligkeit nach seinem Ableiben Anspruch hat, als der Ungefirmte.
Das dritte Sakrament ist der Fronleichnam unsers Herrn. Denn so wie im leiblichen Leben der Mensch, nachdem er gebohren worden ist, und Kräfte gewonnen hat, zu seiner Erhaltung und Fortdauer der Nahrung bedarf: ebenso ist ihm im geistlichen Leben, nach erlangten Kräften geistliche Speise nothwendig, und diese ist der Leib Christi. Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht essen und sein Blut nicht trinken werdet, werdet ihr kein Leben in euch haben (Joh. 6,54) Darum muß jeder Christ nach Anordnung der Kirche, jährlich einmal den Leib Christi empfangen, aber würdig und rein, weil jener wie geschrieben steht, welcher unwürdig ißt und trinket, das ist in einer wissentlichen ungebeichteten Todsünde, oder ohne Vorsatz, sich derselben zu enthalten, sein eigen Gericht ißt und trinket (Kor. 11,29).
Das vierte Sakrament ist die Buß. Es geschieht im leiblichen Leben, daß Jemand erkranket, und wenn ihm keine Arzney gereichet wird dahinstirbt. So erkranket im geistlichen Leben Jemand durch die Sünde. Er bedarf also eines Heilmittels zur Genesung und dieses ist die Gnade welche in dem Sakrament der Buß ertheilet wird. Der Herr ist es, der allen deinen Uebelthaten vergiebt, der alle deine Gebrechen heilel (Psalm 102,3). Allein die Büß fodert drei Dinge: Zerknirschung, das ist, Reue ober die Sünden mit dem Enthaltungsvorsatze, vollständiges Bekenntnis der Sunden und Genugthuung, welche durch gute Werke geleistet wird. 
Das fünfte Sakrament ist die letzte Oelung. Es sind in diesem Leben der Hindernisse viele, wegen welcher der Mensch zu keiner vollkommenen Reinigung von den Sünden gelangen kann. Weil daher Niemand, als ein vollkommen Gereinigter, zu dem ewigen Leben eingehen kann, war noch ein anderes Sakrament nöthig, welches den Menschen reinigte, vcn der Schwachheit befreyte, und zum Eingang des Himmelreiches vordereitete, und dieß ist das Sakrament der letzten Oelung. Nur heilet es nicht immer körperlich, weil vielleicht zum Heil der Seele ein längeres Leben nicht zuträglich ist. Erkranket Jemand unter euch, der berufe die Priester der Kirche, da mit sie über ihn bethen, und ihn in dem Namen des Herrn mit Oele salben. Das gläubige Gebeth wird den Kranken gesund machen, der Herr wird ihn erleichtern, und soll er Sünden haben: so werden sie ihm vergeben werden (Jak. 5,14,15). Und so erhellet, daß durch die hergezählten fünf Sakramente die Vollkommenheit des Lebens erzielet wird.
Allein weil von Nöthen ist, daß dergleichen Geheimnisse durch bestimmte Diener verwaltet werden, war das Sakrament des Priesterthumes erforderlich; durch dessen Hände sie ausgespendet würden, und hier kömmt da Leben der Ausspender, wenn es sich auch zuweilen zum Bösen lenken sollte, in keine Betrachtung, sondern die Kraft Christi, von welcher die Sakramente selbst ihre Wirksamkeit haben, und nicht von ihren Ausspendern. Der Mensch betrachte uns nur als Diener Christi, und Ausspender der Geheimnisse Gottes (1. Kor. 4,1) Und dieses ist das sechste Sakrament, nämlich des Priesterthumes. 
Das siebente ist das Sakrament der Ehe, in welcher züchtig lebende Menschen ihr Heil erlangen, und schwere Sünden vermeiden können. Sie können aber selbst inner den Schranken ihrer Verbindung durch ihre Begierlichkeit zu läßlichen Sünden verleitet werden, und woferne diese Begierlichkeit über die Schranken geht, auch zu tödlichen. Durch diese sieben Sakramente erhalten wir nun Vergebung der Sünden. Darum folget im Glaubensbekenntnisse gleich nach: Ablaß der Sünden, und darum ward den Aposteln die Gewalt verliehen, Sünden zu vergeben und wir sind eben so verpflichtet, zu glauben, daß die Diener der Kirche, auf welche diese Gewalt, so von den Aposteln, wie auf die Apostel von Christo, gekommen ist, bevollmächtiget sind, in der Kirche zu lösen und zu binden, daß also in der Kirche vollkommene Macht da ist, die Sünden nachzulassen, welche stuffenweise von dem sichtbaren Oberhaupte durch die anderen Vorsteher herunter geht. Man merke auch, daß uns nicht allein die Kraft des Leidens Christi mitgetheilet wird, sondern daß der Mensch im Stande der Gnade ebenfalls an dem Verdienste des Leidens Christi, und an dem, was alle Heiligen immer Gutes gewirket haben, Antheil hat, weil alle Eines sind. Ich bin Mittgenoß aller derer, die dich fürchten (PSal. 118,63) Daher rühret, daß jener, welcher im Stande der Gnade lebet, theilhaftig wird alles des Guten, das in der ganzen Welt geschieht, vorzüglich dennoch jener für welchen das Ganze gemeynet ist, weil einer für den andern Genugthung leisten kann, wie es aus dem Beyspiele frommer Gesellschaften erhellet, die einige zu dem Mitgenusse ihrer Verdienste zulassen. So erlangen wir demnach, durch die bisher erklärte Gemeinschaft zwey Dinge: erstens, daß uns das Verdienst Christi zugetheilet wird, und zweytens, daß auch wir untereinander, einer an des andern Gutem Antheil haben. Und diesen Antheil an allem Guten das gewirket wird, verlieret jeder, der in dem Kirchenbanne ist, weil er ausser der Gemeinschaft ist. Dieß ist ein größerer Schaden, als was immer für ein Verlust eines zeitlichen Gutes. Dazu kömmt auch noch Gefahr denn es ist sicher, daß durch dergleichen wechselseitige Unterstützung die Anfechtungen des bösen Feindes gehindert werden. Wenn nun also Jemand von dieser Unterstützung ausgeschlossen ist, dann wird er leichter von dem Teufel bemeistert. Wie denn auch in der ersten Kirchenzeit dergleichen Ausgeschlossene von dem bösen Geiste sogleich selbst körperlich gequälet wurden (Anspielung auf 1. Kor. 5,5).

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen