Montag, 9. Dezember 2013

Katechismus vom Hl. Thomas von Aquin - Ist abgestiegen zu der Hölle

V. Artikel 

1. Ist abgestiegen zu der Hölle 

Der Tod Christi ist, wie schon gesagt ward, bewirket worden nach andrer Menschen Art, durch die Trennung der Seele von dem Leib. Allein die Gottheit war mit dem Menschen Christus so unauflöslich verbunden, daß sie unerachtet Leib und Seele geschieden waren, dennoch auf die vollkommenste Weise sowohl mit Seele, als mit dem Leib war, und der Sohn Gottes also mit dem Leib in dem Grabe ruhte, mit der Seele zur Hölle niederstieg. Es lassen sich aber vier Ursachen dieses Niedersteigens angeben.

Erstens: damit er so die ganze Strafe der Sünde trüge, um die ganze Schuld zu tilgen. Es bestand namlich die Sündenstrafe des Menschen nicht in dem einzigen leiblichen Tode; es war auch die Seele, von der die Sünde vorzüglich herrührte, strafmäßig, und wurde durch die Beraubung des Anschauens Gottes gestrafet, für deren Aufhebung noch keine Genugthuung geleistet war, so daß vor Christi Ankunft auch die heiligen Väter nach dem Tod zur Hölle (Es ist hier immer von der Vorhölle die Rede) hinunterstiegen. Damit also Christus die ganze Strafe, welche die Sünder verdienet hatten, duldete, wollte er nicht allein sterben, sondern auch der Seele nach zur Hölle hinuntersteigen. Daher steht geschrieben: Ich bin denen beygezählet worden, die zur Tiefe niedersteigen, bin geworden wie ein hilfloser Mensch, dennoch frey unter den Todten (Psal. 78,5.6). Die anderen befanden sich nämlich dort, als Knechte, Christus,  als frey.
Zweytens damit er allen seinen Freunden vollkommen zu Hilfe käme. Denn er hat seine Freunde nicht allein auf der Welt sondern auch in der Hölle. In so ferne ist nämlich jemand Freund Christi, als er Gott liebt. Nun waren viele in der Hölle, die in Liebe und Glauben an den, der da kommen sollte, gestorben waren, wie Abraham, Isaak, Jakob, Moses, David und andere Gerechte und vollkommene Männer. Wie demnach Christus die Seinigen auf der Welt besuchet, und durch seinen Tod gerettet hat: so wollte er auch die Seinigen in der Hölle besuchen, und durch seine Hinabkunft aufrichten. Ich werde die unteren Theile der Erde durchdringen, alle Schlafenden besehen, und alle die auf den Herrn hoffen, erleuchten (Ekkli. 34,45).
Die dritte Ursache ist: damit er über den Teufel vollkommen siegte. Damal sieget einer vollkommen über den andern, wenn er ihn nicht allein aus dem Felde schlägt, sondern ihm auch bis in sein Gebieth dringt, und seinen Reichssitz und Pallast ein nimmt. Nun hatte Christus über den Teufel gesieget, und ihn am Kreuze überwunden. Darum sagte er: Jetzt ist das Gericht der Welt, jetzt wird ihr Fürst, der Teufel nämlich hinausgeworfen werden (Joh. 12,31) Damit er ihn also vollkommen bezwänge. wollte er ihm seinen Reichssitz wegnehmen, und ihn in seinem eigenen Hause, welches die Hölle ist, fässeln. Deßhalben fuhr er hinab, verheerte ihm sein Gebieth, band ihn, und kehrte mit seiner Beute zurück. Siegprangend durch sich selbst führte er die beraubten Fürstenthümer und Mächte muthig zur öffentlichen Schau (Koloss. 2,15)  Er wollte auch so Besitz von der Hölle nehmen, wie er über Himmel und Erde Herrschaft und Besitz erhalten hatte (Mazzh. 28,18), damit nach dem Zeugnisse des Apostels bey dem Namen Jesu alle Himmlischen, Irdischen und Unterirdischen die Knie biegen (Philipp. 2,10) 
Die vierte und letzte Ursache ist: damit er durch die Erleidung des Todes die Heiligen, die in der Hölle waren, befreyte. Denn so wie er den Tod leiden wollte, um die Lebenden vom Tode zu erretten, wollte er auch zur Hölle hinabfahren, um die zu erretten, welche dort waren. Auck deine Gefangenen hast du indem Blute deines Bundes von der Tiefe, die kein Wasser hält, losgelassen (Zach. 9,11). Ich werde dich tödten, o Tod, und dir, o Hölle, einen Biß versetzen (Os. 13,14). Er hat nämlich den Tod gänzlich vernichtet, nicht aber die Hölle, die er nur verletzet hat, weil er nicht alle, sondern nur jene, die ohne Todsünde waren, davon befreyte, so, wie auch jene, die für sich sich selbst von der Erbsünde durch die Beschneidung, und vor der Beschneidung die Unmündigen, welche durch den Glauben ihrer frommen Aeltern, und die Erwachsenen, welche durch Opfer und Glauben an die Zukunft des Heilandes gereiniget worden waren; aber wegen der erblichen Sünde Adams dort aufgehalten wurden, von welcher sie, was ihre Natur betraf, niemand, als Christus, frey machen konnte. Deßwegen sagte er nur: Ich werde dir einen Biß versetzen, o Hölle! weil er jene, die in einer schweren Sünde hinabgestiegen waren, und die unbeschnittenen Kinder daselbst gelassen hat (Daß sie zum Anschauen Gottes nicht gelangen, ist gewiß, und mehr beweisen auch viele Aussprüche der Kirchenväter nicht. Hieronymus in einem Briefe an Läta will: man soll sie dem Rathschlusse Gottes Heimstellen). Und so wäre die Höllenfahrt Christi sammt ihren Ursachen erkläret, und wir können für uns die nachstehenden vier Lehrstücke daraus ziehen.
Erstens: festes Vertrauen auf Gott. Der Mensch, mag er auch noch so bedrängt seyn, muß immer Gottes Beystand hoffen, und auf ihn bauen. Gewiß ist nichts so schwer, als in der Hölle zu seyn. Hat nun Christus diejenigen, die dort waren, befreyet, welche Zuversicht muß jeder Freund Gottes schöpfen, von ihm aus was immer für einer Trübsal gerettet zu werden. Die Weisheit Gottes hat den verkauften Gerechten verlassen, ist mit ihm in den tiefen Kerker hinabgestiegen, und in den Banden bey ihm geblieben (Weish. 10, 13.14); und weil Gott besonders seinen Dienern beysteht: so kömmt jenem das größte Vertrauen zu, der Gott dienet. Wer Gott fürchtet, wird nicht zittern, noch zagen; denn seine Hoffnung ist Er. (Ekkli. 34,16)
Zweytens sollen wir Furcht schöpfen, und der Sicherheit entsagen. Denn obschon Christus für die Sünder litt: befreyte er dennoch nicht alle, sondern nur jene, die ohne schwere Sünde waren; jene hingegen, die in schweren Sünden da hingefahren waren, ließ er, wie schon gesagt worden ist, zurück. Daher darf auch niemand, der in einer schweren Sünde dahin fährt, Erlösung hoffen, sondern wird so lange in der Hölle bleiben, als die Heiligen Gottes im Himmel, das ist, ewig. Diese werden zur ewigen Strafe und jene zum ewigen Leben gehen (Matth. 35,46).
Drittens: sollen wir Sorgfalt lernen. Christus stieg für unser Heil hinunter zur Hölle. Auch wir müssen geflissen seyn, oft hinunter zu steigen durch die Betrachtung jener Strafen, wie es jener fromme Ezechia that. In Mitte meiner Tage sagte ich Ich werde gehen zu den Thoren der Hölle (Esai. 38,10). Denn wer im Leben mit den Gedanken hinuntersteigt, wird nicht leicht hinunter steigen im Tode, weil diese Gedanken vom Sündigen zurückhalten. Wir sehen, daß Weltmenschen sich der zeitlichen Strafe wegen von Uebelthaten enthalten: wie sehr sollen sie sich also hüten der Höllenstrafe wegen, die schwerer ist, man mag nun auf die Dauer, oder auf die Manchfaltigkeit sehen. Erinnere dich deiner leyten Dinge, und du wirst in Ewigkeit nicht sündigen (Ekkli. 7,40). 
Viertens: sollen wir daraus ein Beyspiel der Liebe nehmen. Christus stieg nämlich hinab zur Hölle, die Seinigen zu befreyen. So sollen wir hinabsteigen, den Unsrigen beyzuspringen. Die im Fegfeuer sich befinden, vermögen aus sich selbst nichts; daher ist's unsre Pflicht ihnen zu Hilfe zu kommen. Zu hart ware der, welcher hier auf Erde seinem eingekerkerten Freunde nicht helfen wollte. Um wie viel härter ist also jener, der seinen im Reinigungsorte aufgehaltenen Freund verläßt, da zwischen dem, was er leidet, und den Qualen dieser Welt kein Vergleich ist. Erbarmet euch meiner, erbarmet euch meiner, wenigstens ihr, meine Freunde; denn Gottes Hand hat mich getroffen (Job. 19,21). Es ist ein frommer und heilsamer Gedanke, für die Verstorbenen zu bitten, damit sie ihrer Sünden entbunden werden (Mach. 12,46).  Man leistet aber ihnen vorzüglich Hilfe durch drey Dinge, wie Augustinus sagt: durch Meßopfer, Gebethe und Allmosen, wozu noch Gregorius das vierte setzet, nämlich Fasten. Und dieß ist um so weniger befremdend, da auch auf dieser Welt ein Freund für den andern Genugthuung leisten kann; nur daß man es von denjenigen verstehe, die sich in dem Reinigungsorte befinden.

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