Freitag, 13. Dezember 2013

Katechismus vom Hl. Thomas von Aquin - Ein ewiges Leben. Amen.

XII.  Artikel 
Ein ewiges Leben. Amen.

Schicklich werden die Sätze unsers Glaubensbekenntnisses mit dem Ende aller unsrer Wünsche, das ist, mit dem ewigen Leben beschlossen. Diesem widersprechen diejenigen, welche vorgeben, daß die Seele mit dem Leibe zerstöret werde. Hätten sie Recht: dann ware das Schicksal des Menschen, und des Viehes einerley. Allein von ihnen steht geschrieben: Da der Mensch in Ehren war, erkannte ers nicht, näherte sich den unvernünfligen Thieren, und wurde ihnen ähnlich (Psalm 48,13). Die Seele des Menschen ist in Rücksicht der Unsterblichkeit Gott ähnlich, den Thieren aber nur in Rücksicht der Sinnlichkeit. Der also glaubet, die Seele sterbe mit dem Leib, entfernet sich von der Ähnlichkeit Gottes, und stellet sich ganz dem Viehe gleich. Auf solche ist jenes gemeynt: Sie hofften keinen Lohn der Gerechtigkeit, und miskannten die Erhabenheit geheiligter Seelen, da doch Gott den Menschen zur Unsterblichkeit geschaffen, und zu seiner Ähnlichkeit gebildet hat (Weish. 2,22.23). 

Es ist aber bey diesem Glaubenssatze erstlich zu erwägen, was das ewige Leben sey, und hier merke man, daß in diesem Leben das vorzüglichste ist die Vereinigung des Menschen mit Gott. Gott selbst ist der Lohn und das Ziel aller unsrer Bemühungen. Ich bin dein Schützer, und dein übergroßer Lohn (Gen. 15,1). Diese Vereinigung bestehet nun in dem klaren Anschauen. Jetzt sehen wir, wie in einem bildenden Spiegel, einst aber von Angesicht zu Angesicht (1. Kor. 13,12). Sie besteht in unabläßigem Lobpreisen; denn wir werden, wie Augustinus sagt, sehen, lieben, loben. Freude und Frohlocken, Dank und Preis wird in Sion gefunden werden (Esai. 51,3). Sie bestehet in vollkommener Ersättigung unsrer Begierden denn der Besitz eines jeden Seligen wird dort über alle Wünsche und Hoffnung gehen. Im gegenwärtigen Leben kann Niemand seine Wünsche erfüllen, weil auch kein Geschöpf sie zu stillen im Stande ist. Gott allein sättiget und reichet unendlich über die Sättigung hinaus. Sie stehn also nur in Gott still. Herr! sagt Augustinus, du hast uns für dich geschaffen, und unser Herz ist so lange rastlos, bis es in dir ruhet. Da nun die Seligen in jenem Vaterlande Gott ganz besitzen werden, folget von sich selbst, daß all ihr Verlangen bis zum Ueberflusse der Herrlichkeit gesäattiget wird. Deßwegen spricht der Herr: Geh ein in die Freude deine Herrn (Matth. 15,21) und wieder Augustinus: Die ganze Freude wird nicht eingehen in die Freudigen, sondern die ganzen Freudigen in die Freude. Und weiter die Schrift: Wenn deine Herrlichkeit erscheinet, werde ich gesättiget werden (Psalm. 16,15); der Herr ists, welcher deine Begierden mit Gütern erfüllet (102,5). Denn was immer vergnügliches ist, findt sich dort überflüßend. Wünschet man Wohllust? dort ist die höchste, und vollkommenste, weil sie Gott das höchste Gut zum Gegenstande hat. Dann wirst du dich an dem Allmächtigen überschwenglich belustigen (Job. 22,26). Ewige Ergötzungen werden mir aus deiner Rechten zufließen (Psalm 15,11). Ein vorzügliches Augenmerk weltlicher Menschen ist die königliche, geistlicher die bischöfliche Würde. Dort ist beydes. Du hast uns unserm Gott zu Königen und Priestern gemacht (Apok. 4,10). Sieh, wie sie den Söhnen Gottes beygezählet worden sind (Weish. 5,3). Wünschet man Weisheit? Dort ist die ausgebreiteste. Die Natur aller Dinge, jede Wahrheit, alles, was wir wollen, werden wir wissen, und alles, was wir wollen, werden wir mit dem ewigen Leben zu gleich haben. Alles Gutes ist mir mit ihm zugleich geworden (Weish. 7,11). Der Gerechten Verlangen wird erfüllet werden (Sprüch. 10,24). Sie besteht in vollkommener Sicherheit. Diese findt man nicht auf der Welt, wo mit den Gütern und Vorzügen auch die Besorgnisse und Kümmernisse wachsen, da hingegen im ewigen Leben keine Unlust, kein Bemühen, keine Furcht Statt hat. Ueberfluß wird man genießen, und Furcht vor allen Uebeln verbannet seyn (Sprüchw. 1,33). Sie bestehet endlich in der frohen Gesellschaft aller Seligen, welche unendlich ergötzlich seyn wird, da jeder der Auserwählten mit jedem alles Gut gemeinschaftlich besitzen, und weil leder den anderen, wie sich selbst, liebet, sich des anderen Wohlstandes so freuen wird, wie seines eigenen. Du bist, o Sion! der Aufenthalt aller Freudigen (Psalm 86,7). Und dieß bisher Gesagte und viel Unaussprechliches wird der Antheil der Seligen seyn im Vaterlande. Dagegen werden die Bösen im ewigen Tode keinen geringern Antheil an Leiden und Strafen haben, als die Guten an Freuden und Herrlichkeit. Ihr Unglück wächst endlich durch die Trennung von Gott und allen Frommen, und diese ist die Strafe des Verlustes, die auf ihre Abwendung von Gott gesetzt ist, und die sinnliche Strafe übertrifft. Werfet den unnützen Knecht hinaus in die äußerste Finsterniß (Matth. 25,30) Im gegenwärtigen Leben befanden sich die Gottlosen in der innerlichen Finsterniß der Sünde, zu diesem kömmet nachher auch noch die äußerliche. Zweritens durch den Gewissensbiß. Ich werde dir Vorwürfe machen, und dich dir selbst entgegenstellen (Psalm 49,21). Reue und Geistesangst wird ihnen Seufzer auspressen (Weish. 5,3). Allein diese Seufzen wird vergeblich seyn, weil es nicht aus Verabscheuung des Bösen, sondern aus Empfindung der Strafe entspringet. Drittens durch die Unermeßlichkeit der sinnlichen Pein, nämlich des Höllenfeuers, welches Seele und Leib quälen wird, und nach dem Ausspruche der Lehrer die schmerzlichste aller Peinen ist, so daß sie, wie immer sterbend, niemal gestorben seyn, und niemals sterben werden. Daher kömmt der Namen des ewigen Todes, weil wie ein Sterbender, so die, welche in der Hölle sind, den höchsten Grad des Leidens ausstehn. wie Schaafe sind sie in der Hölle zusammengedränget, und der Tod wird an ihnen zehren (Psalm 48,15). Viertens endlich wächst ihr Unglück durch die Verzweiflung an ihrem Heile; denn wenn sie hoffen könnten, von ihrer Pein befreiet zu werden, würde dies gelindert; weil ihnen aber alle Hoffnung benommen ist, steiget sie bis zum Höchsten. Ihr Wurm wird nicht getödtet und ihr Feuer nickt ausgelöschet werden (Esai. 66,24). Und so erhellet der Unterschied zwischen guten und bösen Handlungen, da die guten zum Leben führen, die bösen zum Tode hinreißen. Daher sollten die Menschen sich dessen oft erinnern, um zum Guten gereitzet, und dem Bösen abgehalten zu werden. Daher ist auch absichtlich, um es dem Gedächtnisse tiefer einzudrücken, am Ende aller Glaubensartikel gesetzet: Ein ewiges Leben, zu welchem uns Jesus Christus der in Ewigkeit hochgelobte Herr und Gott, führen möge. Amen!

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