Mittwoch, 20. November 2013

Von dem heil. Sakramente des Altars - Katechismus vom Hl. Canisius

Von dem heil. Sakramente des Altars


I. Was bedeutet das Wort Eucharistie?

Mit diesem Namen wird das (a) höchste und allerheiligste Sakrament bezeichnet, außer welchem die Kirche nichts hat, was würdiger, wunderbarer, kräftiger und heilsamer ist.
Es wird mit Recht Eucharistie genannt, das ist, die (b) gute Gnade oder Danksagung: denn es enthält die vornehmste und größte (c) Gabe Gottes, ja selbst die Quelle und den Urheber aller Gnade und erinnert uns der höchsten Güter, für deren Empfang wir dem höchsten Gotte den höchsten Dank, Preis und Lob schuldig sind.
 Denn wir hätten keine größere Wohlthat wünschen können, als daß Jesus Christus unser Herr, von der Jungfrau geboren, an das Kreuz geheftet, und (d) in die Herrlichkeit aufgenommen, sich so ganz uns schenke, daß wir auch jetzt noch seinen Leib und sein Blut wahrhaftig genießen, und durch dieses göttliche Sakrament ihm selbst ganz und gar einverleibt werden.



II. Welche Dinge sind in diesem Sakramente vorzüglich enthalten?

Drey Dinge (a) enthält die Eucharistie, die sichtbaren Gestalten, die (b) Wahrheit des Leibes und Blutes des Herrn, und die Kraft der geistlichen Gnade.
Denn was unsern Augen erscheint, sind die (c) sichtbaren Gestalten, des Brodes nämlich und des Weines. Was aber unter diesen Gestalten unser Glaube, nicht der (d) Sinn und die Vernunft begreift, das ist der wahre Leib und das Blut Christi des Heilandes.
Uebrigens was wir durch den Empfang dieses Sakramentes erlangen, ist eine (e) außerordentliche Gnade des heiligen Geistes, als die eigentliche Frucht und Wirkung der heilsamen Eucharistie, wie wir zeigen werden.

III. Welches sind die vornehmsten Hauptstücke, die von diesem Sakramente zu wissen nothwendig sind?

Deren biethen sich vorzüglich fünfe dar: das Erste von der (a) Wahrheit der Eucharistie; das Andere von der Verwandlung des Brodes und Weines; das Dritte von seiner Anbethung; das Vierte von dem Opfer desselben und der Messe; das Letzte von seinem Empfange unter Einer oder Beyden Gestalten. Denn davon zu wissen ist besonders in dieser Zeit höchst nöthig.


IV. Was ist nun von der Wahrheit der Eucharistie zu halten?

Dieses nämlich, daß wir mit der ganzen  Kirche wider (a) alle Kapharnaiten für gewiß glauben, daß unter den Gestalten des Brodes und Weines das wahre Fleisch (b) Jesu Christi und sein wahres Blut in der Eucharistie gegeben werde, und zwar mittels des Priesters, durch die Kraft aber und Macht unsers Herrn Jesus Christus, bey dem kein Ding unmöglich ist. (d) Er spricht und es geschieht; er gebiethet und es ist geschaffen.
Er sagte aber in jenem Abendmahle, das am Tage, ehevor Er litt, zubereitet wurde, als er zuerst (e) das Brod und dann den Kelch in seine Hände nahm, und als Er uns Alle sowohl von der Einsetzung dieses Sakramentes, als auch von der Wahrheit desselben vergewissern wollte, - Er sagte aufs deutlichste: (f) Dieß ist mein Leib, der für euch hingegeben wird. Er sagte (g): Dieß ist mein Blut, das für Viele vergossen werden wird. Von dieser Einsetzung sagte Er auch zuvor (h): Mein Fleisch ist wahrhaftig eine Speise und mein Blut ist wahrhaftig ein Trank. Er sagte (i): Ich bin das lebendige Brod, der ich von dem Himmel herabgestiegen bin. So Jemand von diesem Brode ißt, wird er leben in Ewigkeit. (k) Und das Brod welches ich geben will, ist mein Fleisch zum Leben der Welt.
Eben so klar sind die andern Zeugnisse, so wohl der Evangelisten, als auch (l) des Apostels Paulus, welche uns diesen Glauben augenscheinlich beweisen, daß wohl Niemand (m) zweifeln könne, Christus sey in der Eucharistie ganz nach der göttlichen und menschlichen Natur zugegen, und bleibe bey uns bis (n) zum Ende der Welt.
Wir haben und genießen daher in den Tempeln wahrhaftig das (o) nämliche Fleisch Christi, welches einst in Palästina gegenwärtig gesehen worden ist: aber es wird hier weder den Sinnen offenbar, noch auch ist es einer Veränderung und Verwesung unterworfen, nämlich die unsichtbare, keinem Leiden unterworfene, unsterbliche, höchste Herrlichkeit, (Gottes) Abglanz, der in dieser Zeit nur den Augen des Glaubens zu schauen gegönnt ist; die Seligen im Himmel aber schauen ihn in der Klarheit mit unglaublichem Freudengenusse.
Und noch giebt es Sakramentarier (o schreckliche und oft verdammte Gottlosigkei! (q), die das Geheimniß, welches vielmehr anzubethen als zu ergründen ist, weil sie es mit ihrem Sinne nicht begreifen können, sogar zu leugnen sich erfrechen, und welche die Worte des Evangeliums, obschon sie klar vor Augen liegen unbegreiflich verkehren. Das ist wahrlich nichts anderes, als wie der Welt die Sonne nehmen, und die Kirche, die Braut, ihres höchsten Brautschatzes berauben, und den Gläubigen das Brod des Lebens entreißen, damit am Ende es nichts mehr gebe, woher die, welche in dieser Wüste der Welt verwiesen leben, genährt und erhalten werden.

V. Was aber ist von der Wandlung zu halten?

Hier sind vor allen zwey Dinge zu merken, und öffentlich zu bekennen; erstens, daß der (a) Priester, welcher die Eucharistie wirkt, rechtmäßig geweiht seyn müsse; zweytens, daß in jenen (b) geheimnißreichen Konsekrationsworten, mittels welcher der Priester an Christi Statt Brod und Wein am Altare konsekriert, eine solche Kraft liege, daß das Brod in den Leib, der Wein aber in das Blut des Herrn alsbald (c) verwandelt werde.

 Diese wahrhaft wunderbare und einzig durch den Glauben zu erfassende Verwandlung, welche kraft der Allmacht Christi, die durch jene Worte wirkt, geschieht, ist von der heiligen katholischen Kirche nicht unrecht (d) Transsubstantiation genannt, weil die Substanz (das Wesen) des Brodes und Weines in Christi Leib und Blut wahrhaft verwandelt wird.

Denn wenn das Wort Eliä so viel vermocht hat, daß es Feuer vom Himmel rief, soll Christi Wort nicht vermögen (so schließt der heil. Ambrosius (e)), daß es die Gestalten der Elemente verwandle? Von den Werken der ganzen Welt hast du gelesen: (f) Er sprach und sie sind geworden; Er geboth und sie waren erschaffen. Christi Wort also, welches aus Nichts machen konnte, was nicht war, soll das, was schon ist, nicht verwandeln können in das, was es nicht war? Es ist doch wohl nicht geringer, neue Wesen zu schaffen, als Dinge in andere umzuschaffen. Auch ist nichts deutlicher als Christi Wort, wenn Er sagt:  (g) Das ist mein Leib; das ist mein Blut, damit durchaus kein Verdacht mehr statt habe, daß nach der Konsekration Brod und Wein in der Eucharistie bleibe.

VI. Sollen wir wohl dieses Sakrament verehren und anbethen?

Ja, (a) aufs höchste; so fodert es von uns die Pflicht der Religion, daß wir den, welchen wir in der Eucharistie gegenwärtig glauben, auch mit göttlichem Dienste feyern, die Geschöpfe den Schöpfer, die Knechte den Herrn und Erlöser, den Höchsten, den Besten, davon die Schrift also spricht: (b) Es bethen Ihn an alle Engel Gottes! Und wiederum: (c) Es sollen Ihn anbethen alle Könige der Erde, alle Völker sollen Ihm dienen. Und an einem andern Orte ist es dem göttlichen Propheten, da er dieses Sakrament und desselben Größe betrachtet, nicht genug, daß er sage: (d) Die Armen werden essen und gesättigt werden, und den Herrn loben; sondern er setzt auch noch dieses bey: In Seinem Angesichte sollen anbethen alle Geschlechter der Völker; ferner: Alle Fetten (Vornehmen) der Erde essen und bethen an.

Wohl werden deßwegen die (e) Weisen und Einige dergleichen bey den Evangelisten gelobt, daß sie Christo noch im sterblichen Fleische göttliche Ehren erzeuget, vor Ihm niedergefallen und Ihn angebethet haben. Nun ist der nämliche Christus in der Eucharistie auch uns gegenwärtig; nicht (f) sterblich, sondern unsterblich, in  aller Herrlichkeit und Kraft ganz wunderbarlich. Diesen Glauben bezeugen wir mit Recht durch religiösen Dienst des (g) Leibes und der Seele, wenn wir die Pflicht christlicher Demuth und schuldiger Dankbarkeit vor jener furchtbaren und allezeit hochwürdigen Majestät Gottes ehrerbiethig und flehentlich vollbringen.

VII. Was ist ferner ven dem Opfer des Altars zu glauben?

Ohne allen Zweifel dieses, daß die Eucharistie nicht nur allein dazu emgesetzet sey, daß sie von den Christen als eine heilsame Nahrung genossen werde, daher sie (a) Speise, Trank, lebendiges Brod, und Brod des Lebens heißt, sondern auch dazu, daß sie als das höchste und einzige Opfer des neuen Testamentes (b) geopfert werde, wie es daher schon längst den Namen erhalten hat eines Schlachtopfers, Versöhnopfers, Siegopfers, Dankopfers, Brandopfers. Es wird aber zum immerwährenden Gedächtnisse des Leidens des Herrn geopfert und Danksagung auch, damit es den Gläubigen helfe, die Uebel (c) dieses und des künftigen Lebens zu vertreiben, und alles Gute zu erlangen, und daß es nicht nur den Lebendigen, sondern auch den Verstorbenen nützlich sey zur Vergebung der Sünden, wie es die berühmtesten Väter aus der göttlichen Schrift und (d) apostolischen Ueberlieferung beweisen.
Dieses ist jenes außerordentliche und unvergleichliche Opfer, welches Christus im letzten Abendmahle unter der Gestalt des Brodes und Weines eingesetzt und seinen Aposteln, als den ersten Priestern des neuen Testamentes und ihren Nachfolgern, daß sie es entrichten, mit diesen Worten befohlen hat: (f) Solches thut zu meinem Gedächtnisse.
Dieß ist das Opfer, welches zur Zeit der Natur und des Gesetzes durch verschiedene (g) Gleichnisse der Opfer (h) vorgebildet wurde, welches alle Güter, die durch dieselben damals bedeutet worden sind, als die Vollendung und Vollkommenheit aller jener Opfer enthält. Das ist jenes immerwährende Opfer, welches nicht eher als am Ende der Welt (i) aufhören soll, wie (k) Daniel bezeugt.
Zu diesem gehört (l) das Priesterthum nach der Ordnung (m) Melchisedechs, davon auch David zuvor verkündiget hat, daß es in Christus seyn und bleiben werde.
Dieses ist das reine Opfer, das von keiner Unwürdigkeit oder Sündhaftigkeit derer, die da opfern, befleckt werden kann, das an die Stelle der sehr vielen (n) Opfer des jüdischen Gesetzes (o) einzig kommt, und unter den Völkern an Orten, das ist, auf dem ganzen (p) Erdkreise dargebracht und geopfert wird, um den Namen Gottes und unsers Erlösers zu feyern, wie wir bey Malachias lesen.

Dieses ist das Meßopfer, ein Versöhnungsopfer, der heilige Dienst, welchem das glaubwürdigste Zeugniß geben die (q) Kanones und Überlieferungen der Apostel, die heiligen (r) Versammlungen, die große Übereinstimmung und der beständige Gebrauch der ganzen Kirche, der (s) griechischen und lateinischen, der morgen- und abendländischen.

Das Opfer der (t) Messe ist, wenn wir die ganze Sache wohl erwägen, eine wahrhaftige, eine heilige und lebendige Vorstellung des Leidens unsers Herrn, und jenes blutigen Opfers, welches für uns am Kreuze geopfert worden ist,  und zugleich ein unblutiges und wirksames Opfer.

Daher geschieht es vorzüglich, daß das Gedächtniß, der Glaube und unsere Dankbarkeit gegen den Erlöser selbst täglich lebhaft erweckt und gestärkt wird, nach jenem Spruche: (u) Das thut zu meinem Gedächtnisse. Die Kirche war eine so genaue Auslegerin dieser Worte, daß sie die ganze äußere Zierde (v) dieses unblutigen Opfers, die heiligen Kleider, Gefäße, Gebräuche und alle Handlungen so ein gerichtet hat, daß den Augen der Umstehenden nichts anderes, als jenes heilige Gedächtniß vorgehalten und die Majestät eines so großen Opfers mehr verherrlichet werde, und daß die Gemüther der Gläubigen theils durch diese
Zeichen, theils durch äußere Mittel, zur Betrachtung der göttlichen Dinge, welche in diesem Opfer verborgen liegen, leichter erhoben, und wie bey der Hand geführt werden.
Daher geschieht es auch, daß die Frucht des Opfers und der Erlösung Christi, am Kreuze geschehen, uns und allen Gläubigen, den (x) Verstorbenen sowohl, als auch den Lebendigen zu Nutzen komme.
Deßwegen bezeugt der heil. (y) Cyprian, daß dieses Sakrament sowohl eine Arzney sey, als auch ein Brandopfer, die Krankheiten zu heilen und die Sünde zu reinigen. (z) Martial aber, ein Schüler des heil. Apostels Petrus schreibt so: Was die Juden aus Neid geopfert haben, in der Meinung, desselben Namen von der Erde zu vertilgen, das setzen wir um unsers Heiles willen am geweihten Altare vor, wohl wissend, daß nur allein durch diese Arzney das Leben zu verleihen und der Tod zu verteiben sey. Unterdessen übergehen wir andere Väter, die Zeugen sind eben dieses Glaubens und eben dieser Lehre, damit die Kürze, welche wir uns vorgenommen, beobachtet werde.

Aus diesen ist es klar und gewiß, daß uns Christus sey und genannt werde ein Opfer auf zweyerley Weise, blutig nämlich und unblutig. Denn am Kreuze hat er (b) sich für uns geopfert als ein blutige Opfer, auf daß dem Vorbilde des Osterlammes, welches (b) bey den Juden geopfert wurde, Er selbst das wahre Lamm ohne Mackel, das ist, dem Bilde die Wahrheit entspräche. Im Abendmahle aber wie auch (d) am Altare wollte Er unblutiger Weise und Gestalt, wie es auch der heilige Cyrillus (e) nennt geopfert werden, damit das Opfer Melchisedechs (f), der Brod und Wein geopfert hat, seine Vollkommenheit erhielt, und er ein wahrer Priester navh der Ordnung Melchisedechs bliebe, und sein Priesterthum in Ewigkeit währte, ohne daß jemals ein anderes folgte.

Dort hat Er (g) einmal und nur an Einem Orte Judäens das Opfer vollbracht, davon Paulus im Briefe an die Hebräer spricht: hier aber wird Er (h) öfter und an allen Orten, nämlich durch die ganze Kirche hin und her geopfert, wie der Prophet (i) Malachias es bestätiget. Dort wird Er in den Tod geopfert, hier aber zur immerwährende und lebhaften Erinnerung jenes Todes und zur heilbringenden Theilnahme an demselben, die von ihm wie von dem Haupte in die Glieder fließet. damit nämlich die Frucht und Wirkung jenes Opfers, am Kreuze vollbracht, in diesem Meßopfer täglich uns vorgestellt und zugewendet werde.

VIII. Soll man die Eucharistie nur unter Einer Gestalt, nämlich des Brodes, oder aber unterbeyden Gestalten des Brodes und Weines genießen?

Von den Priestern oder denjenigen, die opfern, ist es offenbar, daß sie beyde Gestalten des Sakramentes genießen sollen, ohne welche sie die Eucharistie weder recht konsekriren noch opfern können. Es ist hier nicht nöthig hievon die Ursache, die im Opfer selbst liegt, anzugeben.
Von den andern Gläubigen aber, die nicht opfern, muß man gestehen, daß sie durch kein göttliches Geboth verbunden werden, das Sakrament der Eucharistie unter beyden Gestalten zu genießen, sondern daß ihnen der Genuß Einer Gestalt zum Heile genug sey. Wenn wir daher in die alte Kirche zurückgehen, so werden wir finden, daß den Gläubigen (a) bald nur Eine Gestalt, bald beyde Gestalten gereicht worden sind. Wenn wir aber die heilige Schrift fragen, so spricht sie von diesem Sakramente (b) so, daß sie bald des Brodes und des Kelches, bald nur des Brodes zu gedenken pflegt. Denn wo wir lesen: (c) Wenn ihr nicht essen werdet das Fleisch des Menschensohnes, und trinken sein Blut, so werdet ihr nicht das Leben in euch haben; da auch lesen wir: wenn Jemand von diesem Brode ißt wird er leben in Ewigkeit. Und der gesagt hat: Wer mein Fleisch ißt und trinket mein Blut hat das ewige Leben, der auch hat gesagt: (d) Das Brod das ich geben werde ist mein Fleisch für das Leben der Welt. Und wieder der Nämliche der bekräftiget hat: *Wer mein Fleisch ißt und trinket mein Blut, der bleibt in mir und ich in ihm, der auch hat bekräftiget: (e) Wer dieses Brod ißt der wird leben in Ewigkeit. Wir wollen übergehen was (f) Lukas von Brechung nur des Brodes anführt.
 Es mangelt uns hier auch nicht das Beyspiel Christi, welcher zuerst in jenem letzten Abendmahle dieses Sakrament unter (g) beydcn Gestalten eingesetzt, und den Aposteln übergeben hat. Hernach aber, als Er mit den zweyen Jüngern in Emaus war, reichte Er ihnen die Eucharistie nur unter (h) Einer Gestalt, und verschwand darnach alsbald von ihnen, wie die Väter diese Stelle des Evangeliums auslegen.
Darum sind nicht zu verdammen, weder die jetzt mit Einer Gestalt sich begnügen, von dem Gebrauche des Kelches sich enthalten, und davon wir lesen, daß sie schon so viele Jahrhunderte lang sich desselben enthalten haben (i), noch auch die, welche vor Zeiten, da es die Kirche so gut hieß, beyde Gestalten im öffentlichen Gebrauche hatten.
Aber die Erfahrung, eine Meisterin aller Dinge, hat nach und nach gelehret, daß es mit größerer Bequemlichkeit des Volkes, und minderer Gefahr, und aus vielen Ursachen mit mehr Frucht geschehen könne, wenn mit Weglassung des Kelches der Genuß nur Einer Gestalt beybehalten werde. Daher hat die Kirche so zu handeln schon lange beschlossen, nicht als träte sie von der Einsetzung oder dem Gebothe ihres Bräutigams ab, (denn sie ist (k) eine Säule und Grundveste der Wahrheit, und eine treue (l) Ausspenderin der Geheimnisse Gottes,) sondern welche die von ihrem Bräutigame empfangene Gewalt in Ausspendung der Geheimnisse zur (m) Erbauung und zum gemeinen Nutzen der Gläubigen anwendet, wie es die Beschaffenheit der Zeiten und Menschen zu erfodern scheint, die auch im Heiligen einiges zu ändern nöthig macht.
Denn auch die Worte des Evangeliums (n) beweisen uns, daß es Christus im Abendmahle mit denjenigen zu thun hatte, welchen die Macht gegeben, die Eucharistie nicht nur zu genießen, sondern auch zu konsekriren und zu opfern, ja (o) sogar die ganze Kirche zu leiten und zu verwalten. Dem Urtheile der Klugheit und dem Ansehen derselben hat Er das Recht überlassen, sowohl über das Meiste andere, was zur Sache des Christenthumes gehört, als auch über die Weise und Ordnung, wie den Gläubigen die Eucharistie gespendet werden soll, für und für anzuordnen, und nach den Umständen der Zeit gehörig zu verfügen.
Dieses beweist auch St. Augustin (p) aus dem heil. Paulus  (q), und kann aus vielen Anordnungen der Apostel leicht erwiesen werden.
Auch hat man nicht Ursache zu glauben, daß den Laien irgend eine Unbild geschehe, wenn sie, wie in den meisten (r) andern Dingen auch, in diesem Stücke den Priestern nicht gleichgehalten werden. Denn es ist offenbar, daß Christus nicht nach den zweyen Zeichen dieses Sakramentes in zwey Theile zerstückt sey, sondern daß sowohl unter einerley, als auch unter beyden Gestalten, ja sogar im kleinsten Theile einer (s) konsekrirten Hostie der ganze Christus enthalten sey und genossen werde, nämlich dem Fleische, der Seele, dem Blute und der Gottheit nach. Wo aber Christus ganz und gar genossen wird, da kann auch die ganze Frucht und wirksame Gnade eines so großen Sakramentes nicht mangeln. Deshalben werden die Laien hier keines Nutzens beraubt, du magst auf die Sache selbst, welche im Sakramente enthalten ist, auf Christus nämlich den Gott und Menschen sehen, oder nach der (t) Frucht und Gnade, welche denjenigen, die die Eucharistie genießen, zum Seelenheile geschenkt werde, fragen: sondern diese empfangen so viel unter Einer Gestalt, so viel sie unter beyden Gestalten, wenn es erlaubt wäre, empfangen würden. Hierüber zu (v) zweifeln oder zu zanken findet nun nicht mehr statt, nachdem der heilige Geist, welcher nach Christi (x) Verheissung die Kirche lehrt und regiert, uns den gewissen und erklärten Ausspruch gegeben, und den gegebenen einmal und wieder durch die unverwerfliche Autorität der heiligen (y) Versammlung bestätiget hat. Daraus läßt sich klar abnehmen, daß dieser Gebrauch, unter Einer Gestalt zu kommuniziren, dem göttlichen Gebothe nicht zuwider, durch das gesetzliche Ansehen der Kirche unterstützt, durch das hohe Alterthum und die große Übereinstimmung der christgläubigen Völker erprobt, durch die Vernunft und den offenbaren Nutzen empfohlen sey, und daß man ihn endlich für ein Gesetz halten müsse, welches die Kirche allein ändern kann.
Aber auch die Widersacher, so viel sie sich hier entgegensetzen, können durchaus keinen Anfang des Gebrauches, so zu kommuniziren, nachweisen. Daher muß man sich verwundern, daß sich noch einige finden, welche, von dem Scheine eigener Andacht verleitet, sich eines andern bereden, und (z) in diesem Stücke mit neuen Verächtern der Kirche wider das ehrwürdige (a) Ansehen der ganzen Kirche sich verschwören. Es ist wahrlich zu befürchten, daß diese die innere Frucht des Sakramentes, ja sogar den ganzen Christus verlieren, weil sie auf die äußern Zeichen des Sakramentes so heftig dringen und dem Streite sich ergeben, so daß es wohl besser wäre, wenn sie sich von allem Gebrauche des Sakramentes enthielten; denn (b) Glaube und Sakramente nützen nur denjenigen, welche in der Einheit der Kirche verharren. Daher spricht auch der heilige Augustin (c): Ohne Liebe der Einheit hat man alle Sakramente Christi nicht zum Heile sondern zur Verdammniß. Und wiederum: (d) Was nützt dem Menschen der gesunde Glaube oder das Sakrament das den Glauben vielleicht heilt, wenn die Gesundheit der Liebe durch die tödtliche Wunde der Spaltung zerstört ist? Auch ist es wahrlich kein Zweifel, daß diejenigen wider Christus selbst schwer sündigen, welche sich erkühnen, dieses heiligste (e) Bekenntnis der Einigkeit zum Bekenntnisse der schismatischen Trennung zu mißbrauchen.

IX. Welche Früchte bringt die Eucharistie, wenn sie recht empfangen wird?

Wahrhaftig sehr vielfältige und sehr große. Denn dieses ist das heilige Gastmahl, in welchem Christus genossen, das Gedächtniß seines Leidens gefeyert, das Gemüth (a) mit Gnade erfüllet, und ein Unterpfand der zukünftigen Herrlichkeit uns gegeben wird, wie denn die Kirche, von der Empfindung und Erfahrung dieser Früchte erweckt, herrlich singt.
 Dieß ist (b) das Brod, das von dem Himmel gestiegen, und der Welt das Leben giebt, und unsere Seelen im geistlichen Leben erhält und stärkt.
 Dieß ist das heilige Abendmahl oder die Kommunion, (c) welche bedeutet und wirkt, daß die Gläubigen als Glieder des nämlichen Leibes untereinander vereiniget, und der Verdienste aller Heiligen und Frommen theilhaftig gemacht werden; dann, was noch herrlicher ist, daß sie diese mit ihrem Haupte Christus (d) aufs innigste vereiniget, so daß sie (e) in Ihm bleiben und Er in ihnen, und sie auf solche Weise das ewige Leben erlangen.
Das ist die (f)Wegzehrung unserer Wallfahrt, welche denjenigen, die in der Wüste und im Kampfe dieses Lebens wandeln, und von hier nach dem himmlischen Jerusalem laufen, (g) wie den Vätern das Manna, gegeben ist, und Tröstung mit sich bringt, Lust, Tugend und die allerwirksamste Gnade.
Dieses Sakrament wirkt in uns vorzüglich zwey Dinge, wie (h) der heil. Bernardus vortrefflich lehrt, erstens: daß es in den kleinsten Sünden die böse Lust vermindert; zweytens, daß es in schweren Sünden die Einwilligung gänzlich benimmt. Wenn also einer von euch die Bewegungen des Zorns, des Neides, der Wollust und dergleichen übrigen Leidenschaften nicht nur nicht so oft, sondern auch nicht so heftig empfindet, so danke er dem Leibe und Blute des Herrn, daß in ihm die Kraft des Sakramentes wirkt, und er erfreue sich, daß das böseste Geschwür zur Gesundheit übergeht. Und der Nämliche spricht (i) an einem andern Orte: Dieser Leib Christi ist den Kranken eine Arzney, den Pilgernden der Weg; Er ist es, welcher den Schwachen stärkt, die Gesunden erfreut, die Kranken heilt. Durch ihn wird der Mensch zur Züchtigung demüthiger, zur Arbeit geduldiger, zur Liebe brennender, zur Huth klüger, zum Gehorsam bereitwilliger, zur Danksagung andächtiger.
Daher darf man sich nicht wundern, wenn der große (k) Ignatius schreibt, daß wir zurEucharistie und Gottes Herrlichkeit, wie er sie nennt, häufig und eilig gehen sollen. Denn wenn solches beständig geschieht, so werden die Mächte des Satans vertrieben, welcher seine Werke in Pfeile verwandelt, die zur Sünde entzünden. Ein Heilmittel ist jenes Brod der Unsterblichkeit, eine Arzney nicht zum Tode, sondern zum Leben in Gott durch Jesum Christum.

X. Was wird nun erfodert um die Eucharistie würdig zu genießen und ihre Früchte zu erlangen?

Klar ist die Antwort des Apostels: (a) Der Mensch prüfe sich selbst und so esse er von jenem Brode; wie auch (b) St. Augustin sagt: In dem Leibe Christi besteht unser Leben; es ändere also derjenige das Leben, welcher das Leben empfangen will.
Diese Prüfung aber seiner selbst und Aenderung des Lebens besteht vorzüglich in vier Stücken, nämlich daß Glaube vorhanden sey, Buße, Aufmerksamkeit des Geistes und gebührender Anstand des Christenmenschen.
Der Glaube erfodert, daß du (c) an dem was wir gesagt haben, und an andern dergleichen Dingen, welche zu diesem Geheimnisse gehören, durchaus nicht zweifelst. Solches wird geschehen, wenn du einfältiglich im Glauben und in der Meinung der Kirche, wie es (d) wahrlich nothwendig ist gänzlich ruhest.
Die Buße, (e) von welcher wir bald mehreres sagen werden, erfodert Verabscheuung der Sünden, und ein ausdrückliches Bekenntniß vor dem Priester, und Erlangung der Absolution.
Dann muß die Gegenwart des Gemüthes hinzukommen (f), welches durch fromme Betrachtungen und (g) Gebethe zu diesem so großen Sakramente ernstlich sich wendet.
Endlich fodert der gebührende Anstand und die Ordnung, daß Niemand zu dem heiligen Ahendmahle gehe, als der da ist (h) züchtig, (i) nüchtern, eingezogen, demüthig, (k) andächtig und durchaus nicht unrein.
Welche aber die heilige Eucharistie unwürdig genießen, die essen sich nicht das Leben, sondern die Verdammniß hinein, und (l) sind an em Leibe und Blute des Herrn schuldig, wie der Apostel bezeugt. Dergleichen werden mit Judas und den Juden, den blutdürstigen Feinden Christi, zur schwersten Strafe verdammt werden.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen