Mittwoch, 20. November 2013

Vom Sakramente der Buße - Katechismus vom Hl. Canisius

Von dem Sakramente der Buße 


I. Was ist das Sakrament der Buße?

Es ist das Sakrament, in welchem die priesterliche Lossprechung von Sünden dem verliehen wird, der sie verabscheut und recht gebeichtet hat.
Damit wir dieser Gewalt loszusprechen in der Kirche gewiß wären, so ist (a) den Priestern diese göttliche Verheissung geschehen: Nehmet hin den heiligen Geist! welchen ihr die Sünden erlasset, denselben sind sie erlassen, und welchen ihr sie behaltet, denselben sind sie behalten. Dann an einem andern Orte spricht der Herr: (c) Wahrlich, ich sage euch, Alles, was ihr auf Erden binden werdet, dassoll auch im Himmel gebunden seyn, und Alles, was ihr auf Erden werdet, das soll auch im Himmel gelöset seyn.

Daraus sieht man klar, daß die Kraft Wirkung dieses Sakramentes vortrefflich sey und voll des Trostes, da alle Sünden, auch die aufs gräulichste begangen worden sind, durch dieses erlassen, und Alle ohne Unterschied losgesprochen werden, welche sich vor Gott im Gewissen schuldig erkennen, und zwar durch das Amt der Priester, aus göttlicher Einsetzung Christi. Daher ist die Gewalt und das Ansehen der Priester jetzt weit vortrefflicher höher zu schätzen, als (d) vormals, da es den selben verliehen ist, nicht den Aussatz des Leibes, sondern die Flecken der Seele, ich sage nicht, zu prüfen und auszusprechen, daß sie gereiniget seyen, sondern ganz und gar zu reinigen, wie Chrysostomus es bezeugt (e).Und (f) St. Augustin spricht: Was thut die Kirche, welcher gesagt ist: was ihr löset, wird gelöset seyn, anderes, als was der Herr zu den Jüngern spricht: (g) Löset ihn und lasset ihn gehen!


II. Warum ist das Sakrament der Buße nothwendig?

Damit der Mensch, welcher nach der Taufe wieder gefallen, und ein Feind Gottes geworden ist, durch dieses Sakrament, nach e langter Vergebung der Sünden, mit Gott wieder versöhnet, und aus einem Todten ein Lebendiger, und aus einem Sünder ein Gerechter werde.

Daher nennen die (a) heiligen Väter die Buße nicht ohne Grund das zwepte Brett nach Sakramente dem Schiffbruche, dadurch nämlich ein jeder, wenn er auch mit noch so vielen und großen Verbrechen beschwert ist, aus dem Strudel der tödtlichen Sünde als aus dem Schiffbruche geführt, und in Gnade und Freundschaft Gottes gebracht werden könne.

III. Wann wird dieses Sakrament recht empfangen und wann wirkt es kräftig?

Wenn derjenige, welcher die Vergebung der Sünden begehrt, diese drey Stücke oder Handlungen beobachtet, die Reue, Beicht und Genugtuung, welche die ganze Bekehrung des Menschen zu Gott, die Pflicht und Erneuerung des Büßers in sich begreifen. Von diesen spricht der heil. Chrysostomus (a) so: Die vollkommene Buse zwingt den Sünder, alles gerne zu ertragen; in seinem Herzen ist die Reue, im Munde die Beicht, im Werke ganze Demuth. Das sagt der heilige Chrysostomus ist eine fruchtbare Buße, daß wir, auf welche Weise wir Gott beleidiget haben, wir beleidigen ihn aber mit Herz, Mund und Werk, auf dieselbe Weise auch Gott versöhnen, und zwar mit dem Herzen durch die Reue, mit dem Munde durch die Beicht, und mit dem Werke durch die Genugthuung.
Zur Reue gehört jener Spruch: (b) ein Gott gefälliges Opfer ist ein betrübter Geist; ein zerknirschtes und demüthiges Herz wirst Du, Gott! nicht verachten.
Die Beicht zeigt der heilige Lukas in diesen Worten an: (c) Viele die gläubig geworden kamen und beichteten und erzählten ihre Werke. Und Jakobus, der Apostel lehrt: (d) Beichtet einer dem Andern eure Sünden.
Endlich zur Genugthuung gehören die würdigen Früchte der (e) Buße, welche Johannes der Täufer fodert, unter welche auch die Almosen zu zählen sind. Von diesen aber spricht Daniel (f) der Prophet: Entledige dich deiner Sünden durch Almosen, und deiner Ungerechtigkeiten durch Erbarmung über die Armen.
Ein großes Laster muß eine große Genugthuung haben, sagt Ambrosius. (g)
Und hieher muß man auch beziehen, was St. Paulus (h) von den beklagenswürdigen Korinthiern spricht, als sie über die Unreinigkeit, Hurerey und Unzucht, die sie getrieben, nicht Buße gethan haben.

IV. Was ist die Reue?

Sie ist ein Schmerz des Gemüthes, und ein Abscheu, welcher über die Sünden wegen der Beleidigung Gottes gefaßt wird, verbunden Mit dem Vorsatze, das Leben zu bessern.
Diese Reue (a) wird erlangt, wenn einer die Schändlichkeit, Größe und Menge seiner Sünden fleißig betrachtet; wenn er die Beleidigung der höchsten Güte, den Verlust der Gnade Gottes und der übrigen Gaben sorgfältig bedenkt; wenn er die unvermeidliche Nothwendigkeit des ungewissen Todes (b), die schreckliche Strenge des zukünftigen Gerichtes, und auch die ewigen Strafen, welche den Sündern bereitet sind, erwägt und fürchtet.
Hieher gehört der Spruch Ezechiä: (c) Ich will vor dir zurückdenken auf allje meine Jahre in Bitterkeit meiner Seele. Und der Spruch Davids: (d) Vor deinem Gerichten fürchte ich mich. Und was der Nämliche beseufzet und flehet: Ich bin geplagt und sehr gedemüthiget; ich heule vor Seufzen meines Herzen. Und bald hernach: Ich will meine Ungerechtigkeit anzeigen und mich bekümmern wegen meiner Sünde.
Ja auch offenbar ist die Stimme Gottes an den Sünder: (e) Du hast deine erste Liebe verlassen; gedenke daher, wovon du abgefallen bist, und thue Buße. Aber auch Christus spricht im Evangelium: (e) Fürchtet euch vor dem der nachdem er getödtet hat auch die Macht hat in die Hölle zu werfen; so sage ich euch, diesen fürchtet (f).
Dieser Schmerz der Reue denn bereitet uns endlich zur Vergebung der Sünden vor, wenn er (g) mit dem Vertrauen auf die göttliche Barmherzigkeit verbunden wird und mit dem Willen, Alles zu leisten, was zum Sakramente der Buße gehört.

V. Ist die Beicht nothwendig?

Ja, sie ist es: aber nicht nur, wie einige falsch meinen, jene innerliche, die vor Gott täglich (a) geschehen soll nach dem Beyspiele Davids, der da spricht: Ich habe gesagt: (b) ich will wider mich dem Herrn meine Ungerechtigkeit bekennen: sondern auch die äußere, welche vor dem Priester (c) geschieht, über alle Vergehungen, die nach fleißiger Erforschung des Gewissens dem Menschen in Sinn kommen.

Also stehet von den Christen der ersten Kirche geschrieben: (d) Viele, welche glaubten, kamen und beichteten und erzählten ihre Werke.
Daß diese Art und Weise zu beichten notwendig sey, bestätigen nicht nur (e) die heiligen Rechte der Kirche, und die ehrwürdigen Schriften der Väter (f), sondern auch die göttlichen Worte Christi fassen sie in sich und erklären sie, da er spricht: (g) Welchen Ihr die Sunden erlasset, denselben sind sie erlassen, und welchen ihr sie behaltet, denselben sind sie behalten. Nun Sünden erlassen oder behalten (da das Aemter eines Richters sind), kann kein Priester wohl und recht, wenn er nicht die Sache des Sünders, über welche geurtheilt werden muß, vorher wohl erkannt und durchschaut hat. Die Erkenntniß dieser Sache aber kann nicht anders erlangt werden, als daß derjenige, welcher sich dem Priester, als seinem (h) Richter und (i) Arzte zu erkennen und loszusprechen übergiebt, durch ein freywilliges Bekenntniß seine Wunden, jede besonders, entdecke, und so eröffne, damit der Priester klar erkennen möge, wo die Sünden zu lösen, und wo sie zu binden sind.

VI. Wie schreiben die Väter von der Beicht?

Diese rühmen wahrlich und beweisen uns mit großer Einmüthigkeit nicht nur den Nutzen und Gebrauch der Beicht, welcher allzeit in der Kirche gewesen ist, sondern auch derselben Recht und Nothwendigkeit.
Daß wir aber aus den sehr Vielen wenige und zwar die bewährtesten Zeugen anführen, so sagt am ersten jener große Basilius: (a) Denjenigen, welchen die Ausspendung der Geheimnisse Gottes anvertraut ist, dünkt es nothwendig zu seyn, daß man die Sünden beichten solle. Denn so findet man, daß auch diejenigen, welche vor Zeiten Buße gethan haben, ihre Sünden bey den Heiligen gebeichtet haben.
Dann spricht der heil. Cyprian: (b) Ich bitte euch, Brüder, ein jeder beichte seine Sünde, während der, welcher sündiget, noch in der Welt ist, da seine Beicht noch kann zugelassen werden, da eines jeden Genugthuung und die Vergebung, geschehen durch die Priester, bey dem Herrn angenehm ist.
Zu diesen kommt auch St. Augustins * Spruch, welcher auf diese Weise lehrt: Thuet Buße, wie sie gethan wird in der Kirche, damit die Kirche für euch bitte. Niemand also sage (zu sich): Ich thue es heimlich, bey Gott thue ich es; Gott weiß es, der mir verzeiht, weil ich es im Herzen thue. Ist also ohne Ursache gesagt: (c) Was ihr lösen werdet auf Erde, wird gelöst seyn im Himmel? Sind also die Schlüssel der Kirche Gottes umsonst gegeben? Ist also das Evangelium Gottes eitel? Eitel die Worte Christi? Wir verheißen euch (also), was er versagt? Betrügen wir euch also? - Und an einem andern Orte (d) spricht er: Es giebt Einige, welche meinen, es sey ihnen zum Heile genug, wenn sie Gott allein, dem nichts verborgen ist, vor dem eines Jeden Gewissen offenbar ist, ihre Sünden bekennen. Denn sie wollen nicht, oder schämen sich, oder achten es nicht würdig, sich den Priestern zu zeigen, welche doch der Herr durch den Gesetzgeber gesetzt hat, zwischen Aussatz und (e) Aussatz zu unterscheiden. Aber ich will nicht, daß du in dieser Meinung betrogen werdest, da du dich schämest, vor dem Statthalter des Herrn zu beichten, oder vor Scham vergehest, oder aus Widerwille hartnäckig bist. Denn man muß sich dem Urtheile desjenigen unterziehen, welchen der Herr als seinen Statthalter zu setzen sich gewürdiget hat.
Eben so klar ist was Leo der Große schriftlich hinterlassen hat: (f) Die Barmherzigkeit Gottes kommt dem Falle der Menschen vielfältig zu Hilfe, so, daß nicht nur durch die Gnade der Taufe, sondern auch durch die Arzney der Buße die Hoffnung ewigen Lebens hergestellt werde, damit die, welche die Gabe der Wiedergeburt geschwächt hatten, durch ihr eigenes Urtheil sich verdammen, und so zur Vergebung der Sünden kämen, nachdem die Hilfe göttlicher Güte so verordnet ist, daß die Vergebung von Gott nicht anders, als durch flehentliche Bitten der Priester erhalten werde kann. Denn der (g) Mittler zwischen Gott und den Menschen, der Mensch Jesus Christus, hat diese Gewalt den Vorgesetzten der Kirche übergeben, auf daß sie sowohl denjenigen, die beichten, Genugthuung der Buße auflegen, als auch die durch diese heilsame Genugthuung Gereinigten zur Theilnahme an den Sakramenten, als durch die Thür der Versöhnung ,zulassen möchten.

VII. Was ist von der Genugthuung weiter zu halten?

Dieses nämlich, daß die Genugthuung, welche Christus dem Erlöser eigen ist, eine andere sey, und eine andere diejenige, welche den bußfertigen Gläubigen gemein ist. Jene ist mal vollbracht worden an dem (a) Leibe Christi des Gekreuzigten, da er, das Lamm, die Sünden der Welt hinweggenommen hat, damit diejenigen, welche von Natur Kinder (b) des Zorns sind, Gott versöhnet werden; diese aber, welche den Bußfertigen zukommt, wird von den Gliedern Christi in der Kirche täglich vollbracht, wenn wir Büßende nach der Beicht vollbringen, was der Priester, der losspricht, auflegt; oder wenn wir freiwillig würdige Früchte der Buße wirken, dadurch wir die Verirrungen oder Sünden des vorigen Lebens wenigstens zum Theile büßen.
Diese Genugthuung ist zugleich (c) Strafe und Besserung, und verdunkelt also die Wohlthat und Genugthuung Christi des Erlösers nicht, sondern erhebt und verherrlichet sie viel mehr. Denn wenn sie vorhergeht, und vorzüglich wenn sie mitwirkt (d), so üben wir, nach der göttlichen Schrift (e), Gericht und Gerechtigkeit, da wir unsere Missethaten wider uns selbst rächen, und die Ueberbleibsel der Sünden in uns austilgen und uns versöhnen und Gottes Gnade reichlicher uns verdienen, endlich auf diese Weise bezeugen, daß wir Christi Kreuz gerne umfassen (f), uns selbst verläugnen, das Fleisch tödten, von Haß gegen den alten Menschen bewegt, nach höherer Vollkommenheit streben, indem wir wider die Bewegungen eines verdorbenen Gemüthes mit brennendem Eifer und tapfer kämpfen.
Auf diese Weise beflissen sich der Genugthuung (g) David, die Einwohner von Ninive und andere, von welchen es bekannt ist, daß sie im härenen Kleide, in Asche, Seufzen, Trauer, Fasten und andern Plagen gebüßt haben, und von welchen man liest, daß sie deßwegen vor Gott angenehm und bewährt erfunden waren.
Diesen Theil der Buße bestätiget und empfiehlt uns die Schrift, indem sie ruft: (h) Bekehret euch zu mir von eurem ganzen Herzen in Fasten und Weinen, und großer Klage. Und an einem andern Orte (i) Bekehret euch von allen euren Missethaten und thuet Buße, und die Sünde wird euch nicht zum Verderben seyn. Und St. Paulus lehrt, (k) daß eine Traurigkeit die nach Gott geschaffen ist, Buße wirke, und ermahnt überhaupt: (l) Wenn wir uns selbst richten würden, so würden wir nicht von dem Herrn gerichtet.
Daher bedarf es keines Streites über den Namen der Genugthuung, welcher wahrlich den Vätern sehr gemein ist, da diese Sache in den Schriften uns sehr klar vorgehalten wird.

VIII. Einige Sprüche der heiligen Väter über die Genugthuung.

Cyprian jener ausgezeichnet heilige Märtyrer und wichtigste Zeuge, lehrt auf diese Weise: (a) Gott, so sehr er aus Vaterlieb gütig ist, eben so furchtbar ist er in der Majestät des Richters. Der tiefen Wunde soll nicht mangeln eine fleißige und lange Arzney: die Buße soll nicht geringer seyn, als die Sünde. Man muß inständiger bethen, den Tag mit Klage, die Nächte mit Wachen und Weinen schlaflos zubringen, die ganze Zeit mit Thränen und Jammer verzehren, auf den Boden gestreckt in Asche sich legen, im härenen und schlechten Sacke sich wälzen. Und wiederum spricht der Nämliche: (b) Wir müssen Gott bitten und durch unsere Genugthunng besänftigen, unsere Vergehungen fleißig bedenken, unsere Werke und die Heimlichkeiten des Gemüthes wohl beherzigen, und die Schulden des Gewissens erwägen. Und bald hernach spricht er: Lasset uns den Weg der Buße, welchen Vorsteher (*) anweist, (mit Liebe) ergreifen. Lasset uns die belebenden Heilmittel, welche er aus den göttlichen Schriften hervorreicht, zu uns nehmen, und heilsame Arzney suchen für die auch heimlichen Wunden, über welche wir ein Bekenntniß gethan, da wir bey ihm die Last unseres Gewissens ablegten. Lasset uns auch nicht aufhören, Buße zu thun, und der Barmherzigkeit des Herrn abzubitten, damit nicht, was in der Art der Sünde zu wenig zu seyn scheint, durch Vernachläßigung der Genugthuung gehäuft werde.
Und St. Augustin (c) spricht aufs klärste: Es ist nicht genug, die Sitten zu bessern und von bösen Thaten abzustehen, wenn nicht auch für das, was geschehen ist, Gott genug gethan werde durch Seufzen der Demuth, durch das Opfer eines zermalmten Herzens, unter Mitwirkung der Almosen.
Dann lesen wir bey dem heiligen Hieronymus (d) so: Man muß den Leib züchtigen, der sich vielen Lüsten ergeben hat; das lange Lachen muss mit beharrlichem Weinen bezahlt werden; die weichen Decken und sehr kostbaren Seidenzeuge müssen mit dem rauhen härenen Kleide vertauscht werden.
Eben dahin zielt auch der heil. Ambrosius, wenn er spricht (e): Der da Buße wirkt, soll nicht nur seine Sünde mit Thränen auslöschen, sondern auch die begangenen Sünden mit Werken der Besserung bedecken, damit sie ihm nicht zugerechnet werden. Und der Nämliche (f) spricht an einem ander Orte: Einem großen Übel ist eine scharfe und langwierige Arzney nöthig. Ein großes Laster muß auch eine große Genugthuuug haben.
Auf gleiche Weise (g) spricht der heil. Gregor: Man muß sehr wohl bedenken, daß derjenige, welcher sich erinnert, etwas Unerlaubtes begangen zu haben, sich bestreben solle, auch von einigen erlaubten Dingen sich zu enthalten, damit er dadurch seinem Schöpfer einigermassen genugthue.

IX. Findet auch nach dem Tode eine Genugthuung statt?

Um dieses zu erklären, müssen wir auf den verschiedenen Zustand der Sterbenden Acht haben. Denn einige derselben bewahren die Gnade Gottes und die Unschuld des Lebens bis das Ende. Auf diese bezieht sich der Spruch Manassis: (a) Den Gerechten und denjenigen welche nicht gesündiget haben, wie Abraham, Isaak und Jakob, ist keine Buße aufgelegt. Andere zwar haben gesündiget und sind aus der empfangenen Gnade Gottes gefallen, aber sie haben die Flecken der Sünden durch würdige Früchte der Buße in diesem Leben getilgt, wie (d) David, (e) Ezechias, (f) Petrus und (g) Magdalena. Diese zwey Arten von Menschen bedürfen nach dem Tode keiner Genugthuung, sondern sind von derselben gänzlich frey.
Aber es giebt weit mehrere Menschen mittlerer Art, die sterben und (nicht ganz gut und) nicht ganz böse sind, wie (f) St. August sich ausdrückt, welche im Leben nicht vollkommene Buse ihrer Sünden gewirkt haben, und daher durch das Feuer selig werden müssen, damit, was in diesem Leben der gehörigen Genugthuung mangelte, in der andern Welt der göttlichen Gerechtigkeit bezahlt werde: denn es wird nichts Beflecktes in jene heilige Stadt eingehen.
Die nun also gestorben sind - damit wir auf die vorgelegte Frage antworten - diese müssen fürwahr nach dem Tode jene schwere Genugthuung leisten. Unterdessen pflegt Gott nach seiner außerordentlichen Güte dieselbe, (i) auf die fromme Fürbitte der Lebendigen, zu mildern, so daß die Verstorbenen, durch die Bitten ihrer Brüder und Glieder in der Kirche unterstützt, von den Sünden und den erschrecklichen Strafen der Sünden erlediget werden. Und hieher gehört was das Ansehen der heiligen Schrift lehrt: (k) Es ist ein heiliger und heilsamer Gedanke, für die Verstorbenen zu bethen, damit sie von ihren Sünden erlediget werden. Daher ist jener Judas Machabäus gelobt worden, weil er aus besonderem Antriebe der Religion sorgfältig und kostspielig veranstaltet hat, für die Sünden der Verstorbenen nicht nur Gebethe, sondern auch das Opfer darzubringen.
Dieser Meinung treten die ehrwürdigen Kirchenversammlungen (m) und Vater bey, welche die wahre Lehre der Kirche überliefert haben. Aus diesen sey für Viele nur Einer, und zwar der nämliche höchst glaubwürdige Zeuge Angustinus (n), angeführt, der da spricht: In den Büchern der Machabäer lesen wir von dem Opfer, welches für die Verstorbenen dargebracht worden ist.
Wenn es aber auch durchaus nirgends in den alten Schriften gelesen würde, so gilt doch nicht wenig die Autorität der ganzen Kirche, die in dieser Gewohnheit leuchtet, wo in den Gebethen der Priester, die Gott dem Herrn vor seinem Altare ausgegossen werden, auch das Gedächtniß der Verstorbenen seinen Platz hat. Und wieder an einem andern Orte spricht er: (o) Man muß nicht glauben, daß es andere zukünftige Strafen gebe, welche reinigen, als die vor jenem letzten und schrecklichen Gerichte, und was ist klarer als jene Worte: (p) Durch die Gebethe der heiligen Kirche, und das heilsame Opfer und die Almosen, die für ihre (der Verstorbenen) Seelen gespendet werden, wird den Abgestorbenen ohne Zweifel geholfen, so daß der Herr mit ihnen barmherziger verfahre, als es ihre Sünden verschuldet haben. Denn dieses wurde von den Vätern überliefert und die ganze Kirche beobachtet es. So lehrte St. Augustin vor 1200 (jetzt 1500) Jahren, daß wir unterdessen auch die, welche älter sind, als er, übergehen: (q) Cyprian, (r) Origenes, (s) Dyonys und (t) Klemens, welche in dieser Lehre aufs einhelligste zusammen stimmen.
Deshalben ermahnt (u) Chrysostomus öffentlich, daß sowohl wir selbst den Verstorbenen nach Kräften helfen, als auch andere erinnern sollen, daß sie für dieselben bethen. Denn nicht ohne Ursache ist solches von den Aposteln verordnet worden, daß bey der Feyer der furchtbaren Geheimnisse das Gedächtniß der Verstorbenen gehalten werde. Denn sie wissen wohl, daß ihnen von daher großer Gewinn und viel Nutzen komme. So Chrysostomus.
Das ist es endlich, was die Kirche, die treue Auslegerin der Schrift, bis jetzt wider die (x) Arianer gelehrt; nämlich: daß ein (y) Fegfeuer sey, oder ein Ort der Besserung (der Reinigung), wie es Augustinus (z) nennt, und daß dort die Strafen der Sünden, welche hier die Buße nicht vollkommen ausgelöscht hat, von den in Christus verstorbenen Gläubigen gebüßt und versöhnt werden sollen, wenn sie anders nicht, wie St. Augustin (a) spricht, durch das fromme Gebeth der Lebendigen erlediget werden.

X. Welches ist das Lob und die Würde der Buße?

Sie ist der Anfang der evangelischen Predigt, eine Freude der Engel im Himmel, der schmale Weg auf Erde, und die enge Pforte, durch welche die Gläubigen zum Leben vordringen, und die sich Gewalt anthun, das Himmelreich an sich reißen. (a) Die Buße richtet die Gefallenen auf, heilt die Verwundeten, stärkt die Schwachen, belebt die Todten, stellt die Verlornen wieder her, und endlich alles, was die Sünde verderbt, erneuert die Buße in uns wieder. Durch diese bezeugen wir den Haß des alten Lebens, und die Verachtung unser selbst und alle Unterwerfung; unter ihrer Leitung erlangen die Betrübten (b) Trost, die Verwundeten Heilung, und die Niedrigen Erhöhung. Die Buße ist es, durch welche wir die Teufel und die Ansteckung der Laster überwinden, dadurch wir die verdienten (c) Strafen abwenden, den Zorn Gottes besänftigen, die Gnade erwirken, und die ewige Herrlichkeit uns bereiten.
Daher jene Stimmen Christi im Evangelium: (d) Thut Buße, denn das Himmelreich ist nahe gekommen. (e) Ich bin nicht gekommen, die Gerechten, sondern die Sünder zur Buße zu rufen. (f) Wenn ihr nicht Buße thut, so werdet ihr sämmtlich zu Grunde gehen.
Der aber endlich thut wahre Buße, - damit wir dieses alles mit den Worten des h. (g) Cyprian schließen, - welcher den Gebothen Gottes und des Priesters Gehorsam leistet, und durch seinen Gehorsam und die gerechten Werke den Herrn gewinnt.