Samstag, 2. November 2013

Predigt vom Hl. Bonifatius - Wie man hier leben soll und wie das zukünftige Leben beschaffen ist.

Achte Rede 

Wie man hier leben soll und wie das zukünftige Leben beschaffen ist.

Denken wir. geliebteste Brüder! stets daran, wie wir in dem gegenwärtigen Leben leben sollen und wie wir nach dem Ende dieses Lebens leben werden. Die Menschen können wahrlich nicht zu Grunde gehen, wie die der Vernunft entbehrenden Thiere, sondern jeder Mensch hat eine ewige Seele, welche nach dem, was sie Gutes oder Böses im Körper vollbracht hat, gerichtet werden wird, denn es gereicht Jedem zum Heile, den Geboten Gottes zu gehorchen und stets mit aller Anstrengung seinen Willen zu thun, da er will daß alle Menschen selig werden und Niemand zu Grund gehe (Vgl. I. Tim. 2, 4.). Deßhalb setzte er nach dem Sacramente der Taufe die zweite Reinigung durch die Buße, damit das Böse welches wir nach der Abwaschung durch die Taufe verüben, durch das Heilmittel der Buße getilgt werde, und damit wir, die wir vorher in bösen Handlungen begriffen waren später nach der Bekehrung in guten Werken leben, weil es nicht genügt, daß wir nur das Böse lassen, wenn wir nicht alsbald auch das Gute thun, was uns anbefohlen ist,

indem der Prophet sagt: Weiche vom Bösen und thue das Gute (Ps. 33, l5.), denn das Böse des Stolzes muß mit dem Guten der Demuth vertauscht werden, damit wir, die wir durch den Stolz Anhänger des Teufels waren, durch die Demuth Nachfolger Christi werden. Durch den Stolz sind die englischen Gewalten von der himmlischen Herrlichkeit herabgestürzt, durch die Demuth Christi aber, wird das menschliche Geschlecht zu der himmlischen Herrlichkeit berufen. Der Anfang aller Sünde ist der Stolz, durch welchen der Mensch verschmäht den Geboten seines Gottes zu gehorchen. Daher kam der Fall des ersten Menschen, indem dieser verschmähte, dem Gebote seines Schöpfers zu gehorchen. Und so wie jener erste Mensch wegen seines Ungehorsams aus den Freuden des Paradieses herausgeworfen wurde, so vermögen wir durch den Gehorsam gegen die Gebote Gottes zu dem ewigen Leben zu gelangen, indem der Herr in dem Evangelium zu Einem der ihn fragt, wie er das ewige Leben erlangen könne spricht: Willst du zum Leben eingehen so halte die Gebote (Matth. l9, 16. l7.), und unter diesen Geboten des Herrn ist das größte und gerechteste: Du sollst den Herrn deinen Gott lieben, aus deinem ganzen Herzen, aus deiner ganzen Seele und aus allen deinen Kräften, das andere aber ist diesem gleich: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst (Ebend. 22, 37.- 39.), wodurch gesagt werden soll, daß du keinem Andern thun sollst was du von einem Andern nicht gethan haben willst (Vgl. Tob. 4, 16.), was schon selbst die Natur des Menschen lehrt, weil kein Mensch will, daß ihm ein Anderer schade. Er darf deßhalb auch keinem Andern schaden und so wie wir verlangen, daß uns Andere in unsern Nöthen beistehen, eben so müssen wir auch Andern in ihren Nöthen nach dem Vermögen unserer Kräfte beistehen und gütig und barmherzig sein gegen alle Menschen, so wie gegen uns gütig und barmherzig ist, Gott der Vater, welcher seine Sonne aufgehen läßt über Gute und Böse (Matth. 5, 45.) und zur Befruchtung der Samen unserer Erde Regen geben wird, damit die Erde sprosse und Frucht bringe, wodurch das Leben unserer Sterblichkeit erhalten wird. Es ist daher nöthig ihn zu lieben und seinen Geboten zu gehorchen, damit wir durch seine Güte gegen alle Widerwärtigkeiten geschützt werden und durch ihn Ueberfluß an ewigen Gütern zu erlangen vermögen, denn seine Güte verläßt uns nie, wenn wir nicht von seinem Willen abweichen und sein Wille ist unser Heil, unser Glück und unsere ewige Seligkeit. Fliehen wir deßhalb mit aller Kraft die Vergehen und Laster, welche uns der Teufel anräth und üben wir das Gute, welches Gott selbst uns zu thun befahl, nämlich Liebe zu Gott und zu dem Nächsten, wie wir bereits gesagt haben und Güte und Barmherzigkeit gegen die Unglücklichen. Seien wir nicht geizig um einzusammeln und aufzubewahren, sondern gütig im Spenden, weil mancher mit seinem Reichthume sein Leben loskauft (Spr. Salom. 13, 8.) und Christus die Gaben, welche den Armen gespendet werden, vergelten wird, denn wie das Wasser das Feuer löscht, so löscht das Almosen die Sünde (Ecclesiast. 3, 33.). Eben so können durch Fasten, durch Gebet, durch Enthaltsamkeit von fleischlichen Lüsten und durch die Beichte und Buße alle Sünden getilgt werden; keiner aber bleibe unbesorgt in seinen Sünden liegen, weil Niemand seinen letzten Tag voraus wissen kann, sondern Jeder erhebe sich durch die Beichte und Buße und kehre zurück zu seinem Gotte und Herrn, weil dieser gütig ist im Verzeihen, wenn wir nicht zögern werden, Buße zu thun. Seien wir keusch und nüchtern an unserm Körper, indem wir Unzucht und andere körperliche Unreinigkeiten fliehen und alle unerlaubte Ergötzungen von uns ferne halten. Reinigen wir unsere Herzen und Körper vor dem Angesichte unseres Herrn und Gottes, damit wir würdig sind dem heiligen Geiste als Wohnung zu dienen. Lasse sich keiner von euch Diebstahl und Raub, falsches Zeugniß, Meineid, Todschlag und ähnliche Verbrechen zu Schulden kommen, keiner hege gegen den Andern Neid oder Feindschaft oder geheimen Groll, sondern verkehre friedlich mit Allen, da der Herr sagt: Selig sind die Friedsamen, denn sie werden Kinder Gottes genannt werden (Matth. 5, 8.). Vor Schmaußerei und Völlerei, vor unnützen Worten und schändlichen Reden hütet euch in jeder Weise, weil wie der Apostel sagt, Säufer das Reich Gottes nicht besitzen werden (I. Korinth. 6, l0.). Wollet euch mit Zeichendeutereien, Zaubereien und Binden (Vgl. Br. 5l. und die Verhandlungen des Concliums zu Liftinä (743)) weder befassen, noch an sie glauben, denn sie sind Aeußerungen des Teufels und nicht Lehren des Herrn, dagegen eilt zur Kirche Christi und sucht daselbst Gesundheit für euere Körper und Heil für euere Seelen; denn Heil und Leben von uns Allen steht in der Gewalt des allmächtigen Gottes, dessen Güte nie die auf ihn Hoffenden verläßt; hoffen und glauben wir deßhalb, daß durch seine Güte uns alles Gute zukommt. Seien wir geduldig und vergelten Niemand Böses mit Bösem, sondern verzeihen wir Denen die gegen uns fehlen, damit die göttliche Barmherzigkeit sich würdige uns unsere Vergehen zu verzeihen, wie wir in dem Gebete des Herrn zu sprechen pflegen. Haben wir stets und überall Gott vor Augen, und wenn wir uns fürchten, vor dem Menschen zu sündigen, um wie viel mehr müssen wir es vor den Augen Gottes, welcher Alles, was wir denken, sprechen oder thun, auf das Genaueste sieht. Ihn haben wir in unserm Leben allenthalben als Zeugen, ihn haben wir nach diesem Leben als Richter, erfüllen wir daher stets mit ganzer Liebe und mit ganzer Kraft seinen Willen, damit er sich würdige, uns die ewige Herrlichkeit mit seinen Heiligen zu verleihen, und damit wir, während die Gottlosen für ihre Sünden und Laster mit dem Teufel den ewigen Flammen überliefert werden, würdig erscheinen, durch die Barmherzigkeit der göttlichen Gnade für die guten Werke mit Christus und den Schaaren der Engel in die Freuden der ewigen Seligkeit einzugehen.
(Aus Sämmtliche Schriften des Heiligen Bonifacius des Apostel der Deutschen. Zweiter Band 1859)