Mittwoch, 23. Oktober 2013

Zweiter Fasten-Sonntag - Predigt vom hl. Thomas v. Aquin

 Erste Rede 


Wir bitten und  beschwören euch, Brüder, daß ihr so wandelt, wie ihr es von uns gehört habt, daß man wandeln soll. 1. Theff. , 1.

 In dieser Epistel ermahnt uns der Apostel zu fünf Stücken; zuerst, daß wir nach Gott wandeln sollen; zweitens,daß wir Gott zu gefallen suchen; drittens daß wir heilig, d.h. rein werden; viertens, daß wir den Nächsten nicht beleidigen. Dieß enthalten die Worte: Ihr habt gehört wie man wandeln und Gott gefallen soll; der Wille Gottes ist euere Heiligung; daß Niemand im Handel seinen Bruder betrüge oder hintergehe! Fünftens, daß wir uns vor der Sünde dcr Wollust hüten, was die Worte sagen: "daß ihr euch vor der Hurerei enthaltet."

 In Bezug auf den ersten Punkt ist zu bemerken, daß der Apostel uns zwölf Wege zu wandeln lehrte; von diesen will ich hier fünf, die andern am folgenden Sonntage anführen. Denn zuerst müssen wir wandeln in der Demuth, daß wir nicht von Hoffart aufgeblasen auf dem schmalen Weg zu wandeln nicht vermögen. Zweitens sollen wir wandeln in Geduld, daß wir die Mühen und Widerwärtlgkeiten des Weges gerne aushalten. drittens in Sanftmuth, daß wir Begleiter auf dem Wege haben und diese auf dem Wege nicht beleidigen. Viertens sollen wir wandeln in Liebe, daß wir mit den Begleitern gute Gespräche führen und fünftens in Geduld, daß wir die Schwachheiten der Heiligen ertragen. Von diesen fünf  Punkten spricht der Apostel (Ephes. 4.): "Daß ihr würdig wandelt in aller Demuth (erster Punkt), und Sanftmuth (zweiter Punkt), in Geduld (dritter Punkt), einander ertragend (vierter Punkt), in Liebe (fünfter Punkt)." 


In Bezug auf das Zweite ist zu bemerken, daß uns fünferlei nothwendig ist um Gott zu gefallen; zuerst, daß wir ihn als allmächtig und gerecht über Alles fürchten; zweitens, daß wir von ihm als dem Erlöser Alles hoffen. Davon sagt der Psalmist (149.): "Der Herr hat sein Wohlgefallen an denen, die ihn fürchten und auf seine Barmherzigkeit hoffen." Der dritte Punkt ist, daß wir ihn als höchstes Gut über Alles lieben. Die Schrift (Sprichw. 8.) sagt: "Ich liebe die welche mich lieben." Viertens, daß wir Beschwerden für ihn gerne übernehmen. Die Schrift sagt (Judith 8.): "Alle die dem Herrn gefielen gingen durch viele Trübfale hindurch." Fünftens, daß wir die leiblichen Vergnügen für ihn verachten und dem Geiste nach leben. Daher sagt der Apostel (Röm. 8.): "Die im Fleische sind können Gott nicht gefallen; ihr aber seid nicht im Fleische, sondern im Geiste, wenn doch der Geist Christi in euch wohnt."

 In Bezug auf den dritten Punkt ift zu bemerken, daß wir aus fünf Gründen heilig, d.h. rein zu leben suchen sollen. Zuerst, damit wir Gott ähnlich werden. Der Apostel (1. Petr. 1.) sagt: "Seid heilig, weil auch ich heilig bin." Zweitens, daß wir Christus der uns mit vielen Koften und Aufwand heiligte nicht beleidigen. Die Offenbarung (1.) sagt: "Der uns liebte und uns von unsern Sünden in seinem Blute wusch." Drittens, daß wir nicht von dem Eintritte in die himmlische Stadt abgehalten werden wie die Schrift (Offenb. 2.) sagt: "Es geht da nichts Beflecktes hinein." Viertens, daß wir für die Gnade empfänglich werden. Die Weisheit (7.) sagt: "In eine heilige Seele gestaltet er sich um, und die Freunde Gottes setzte er als Propheten ein." Fünftens, daß wir Gott anzuschauen verdienen. "Selig, die reinen Herzens sind - sagt die Schrift (Matth. 5.) - denn sie werden Gott anschauen." Dieß möge uns Gott verleihen.

 (Aus dem Buch Des heiligen Thomas von Aquin, des englischen Lehrers, Predigten auf das ganze Kirchenjahr)