Donnerstag, 3. Oktober 2013

Predigt vom hl. Thomas v. Aquin - Sonntag Septuagesima

  Sonntag Septuagesima


 (Aus dem Buch Des heiligen Thomas von Aquin, des englischen Lehrers, Predigten auf das ganze Kirchenjahr)

 Erste Rede 

  Laufet so, daß ihr es erreichet. 1. Cor. 9, 24.

 Mit diesen Worten ermahnt uns der Apostel an zwei Dinge: zuerst zum Laufen; zweitens zur Ausdauer im Laufen. In Bezug auf das erste ist zu bemerken, daß es einen dreifachen Lauf gibt; der erste ist der, der Natur, Job (9.) sagt: "Meine Tage waren schneller, als ein Läufer." Der zweite ist der der Schuld. Jeremias (23.) sagt: "Ihr Lauf ward böse." Der dritte ist der der Gnade, wie der Apostel sagt (1. Cor. 9.): "Ich laufe so gleichsam nicht ohne Ziel."


 Der Lauf der Natur ist dreifach, denn auf dreifache Weise laufen die Gefchöpfe den natürlichen Gang. Erstens laufen sie um dem Menschen zu dienen. Es heißt (3. Esdr. 4.): "Schnell ist der Lauf der Sonne (denn die Sonne läuft, daß sie dem Menschen dient.) Zweitens, um die Bösen zu strafen, wie die Weisheit (5.) sagt: "Es entbrennt gegen sie das Wasser des Meeres, und die Flüsse laufen stürmisch; gegen sie weht die Gewalt des Windes und der Sturmwind vernichtet sie." Aber naturgemäß bestrafen die Geschöpfe die Empörer gegen ihren Schöpfer, denn die Weisheit (16.) sagt: "Die Kreatur, welche dem Schöpfer dient, entbrennt gegen die Ungerechten und spendet leichter denen die Wohlthaten, welche auf dich vertrauen." Drittens laufen fie ohne ein Ziel vor Augen zu haben; da die Geschöpfe aus nichts entstanden, streben sie naturgemäß nach nichts. Der heilige Augustin sagt: "Was ist das gegenwärtige Leben anders als ein Lauf zum Tode?"

 Der Lauf der Schuld ist gleichfalls dreifach. Zuerst der des Stolzes. Job (15.) sagt: "Er lief gegen den Herrn mit ausgestrecktem Hals, und bewaffnete sich mit fettem Nacken." Der zweite ist der des Geizes. In den Sprichwörtern (1.) heißt es: "Ihre Füße laufen zum Bösen;" denn es ist von den Geizigen die Rede und der Psalmist (49.): "Wenn du einen Dieb sahest, liefest du mit ihm." Der dritte Lauf ist der der Ueppigkeit; der Prediger (7.) sagt: "Ich fand ein bitterers Weib, als den Tod, welche der Strick der Jäger ist; ihr Herz ist die Schlinge, und die Fesseln ihre Hände. - Wie der Ochse zur Schlachtbank, werden die Menschen zur Wollust geführt."

 Der Lauf der Gnade ist gleichfalls dreifach. Der erste ist der der Lehre, wie der Apostel (Galat. 4.) sagt: "Ich verglich mit ihnen das Evangelium, das ich unter den Heiden verkündige, getrennt von denen, welche Ansehen zu haben schienenm, damit ich nicht umsonst liefe oder gelaufen wäre." Der zweite ist der der Erbarmung. Die Schrift sagt von Abraham (Gen. 18.): "Er selbst aber lief zur Heerde und nahm davon ein Kalb," das er für die Gastfreunde bereitete. Der dritte ist der der Standhaftigkeit, wie der Apostel (2. Tim. 4.) sagt: "Ich habe einen guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet; übrigens ist mir hinterlegt die Krone der Gerechtigkeit."

 In Bezug auf das dritte muß man bemerken, daß man auf dreifache Weife laufen muß, wenn man den Preis erlangen will nach welchem Gleichnisse uns der Apofiel zu laufen ermahnt. Zuerst muß man behutsam laufen, damit man nicht falle; zweitens eilig, damit nicht ein Anderer zuvorkomme; drittens ausdauernd, daß er den Lauf nicht unterbreche. So müssen wir um den Siegespreis des ewigen Lebens laufen; zuerst vorsichtig, damit wir nicht in die Grube der Sünde fallen. Der Apostel (Ephes. 5.) sagt: "Sehet zu daß ihr behutsam wandelt." Zweitens eilig, damit wir nicht träge werden. Der Apostel (Hebr. 4.) sagt: "Eilen wir in jene Ruhe einzutreten." Drittens ausdauernd, damit wir nicht vom guten Wandel ablassen. Das Evangelium sagt (Matth. 24.): "Wer ausharrt bis zum End wird selig sein." Aber die Ausdauer im Laufe bewirkt vorzüglich die Geduld, wodurch der Mensch gerne alle Beschwerden erduldet, welche ihm auf dieser Welt entgegenkommen. Der Apostel (Hebr. 12.) sagt: "Legen wir alles Gewicht und die uns umgebende Sünde ab und laufen wir in Geduld zu dem uns festgesetzteu Kampfe, aufblickend zu Jesus, dem Urheber und dem Vollender des Glaubens, welcher freudig das Kreuz bestieg, ohne auf die Schmach zu sehen, und zur Rechten Gottes sitzt."

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