Mittwoch, 2. Oktober 2013

Predigt vom hl. Thomas v. Aquin - Erster Sonntag nach Epiphanie

Erster Sonntag nach Epiphanie

 

(Aus dem Buch Des heiligen Thomas von Aquin, des englischen Lehrers, Predigten auf das ganze Kirchenjahr)

 


Erste Rede


 Bildet euch nicht nach dieser Welt, sondern gestaltet euch um in der Neuheit eueres Sinnes, damit ihr erfahret was der gute wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes ist. Röm. 1, 2.

 In diesen Worten ermahnt der Apostel zu drei Stücken, in welchen die ganze Vollkommenheit des Menschen besteht. Zuerst, daß man die Gestalt der Welt ablege, zweitens, daß man die Form eines neuen Lebens anziehe, drittens, daß man den Willen Gottes zu erkennen suche. Das erste enthalten die Worte: Bildet euch nicht nach der Welt; das zweite diese: Sondern gestaltet euch um in der Neuheit eueres Sinnes; das dritte diese: Daß ihr erkennt was der Wille Gottes ist.


 In Bezug auf das erste ist zu bemerken, daß die Gestalt der Welt dreifach ist. Die erste ist die Begierde nach dem Irdischen; die zweite, die Begierde des Fleisches; die dritte der Stolz des Lebens. Von diesen dreien spricht der heilige Apostel Johannes (1. Joh. 2.): "Alles was in der Welt ist, ist die Begierlichkeit des Fleisches und die Begierlichkeit der Augen und der Stolz des Lebens. Aber diese dreifache Form entspricht einem dreifachen Sein, die erste Form dem irdischen Sein, die zweite dem thierischen und die dritte dem teuflischen. Der Geiz macht den Menschen irdisch; die Begierlichkeit des Fleisches thierisch; der Stolz aber dem Teufel ähnlich. Von diesen dreien sagt Jacobus (3.): "Diese Weisheit kommt nicht von Oben, sondern ist irdisch, thierisch, und teuflisch." Auf die erste Weise werden dieser Welt ähnlich die Geizigen, auf die zweite die Säufer und Unreinen, auf die dritte Weise die Stolzen; und darum gehen sie auch mit der Welt zu Grunde. Gregorius sagt: "Wer sich auf einen Fallenden stützt, muß nothwendig mit dem Fallenden stürzen;" und der heilige Johannes (1. Joh. 2.): "Liebet die Welt nicht, denn sie vergeht und ihre Begierlichkeit."

 In Bezug auf das zweite ist zu bemerken, daß man die Gestalt des neuen Lebens auf dreifache Weise annehmen muß. Die erste ist die Heiligkeit des Willens, die zweite ist die Wahrheit der Rede, die dritte die Billigkeit des Werkes. Die erste bildet das Herz, die zweite den Mund, die dritte die Hand. Von der ersten spricht der Apostel (Ephes. 6.): "Thuet den Willen Gottes aus Innigkeit mit einem guten Willen;" von der zweiten derselbe Apostel (Ebend. 4.): "Jeder rede die Wahrheit mit seinem Nächsten," und so von der dritten Weise (Gal. 6.): "So lange wir Zeit haben, laßt uns Allen Gutes thun." Von diesen dreien heißt es (Ephes. 5.): "Die Frucht des Lichtes aber ist in jeder Güte in Gerechtigkeit und Wahrheit," nämlich in der Güte des Herzens, in der Wahrheit der Rede, in der Gerechtigkeit des Werkes. Die erste Form gibt das englische Sein, die zweite gibt das göttliche Sein, die dritte gibt das himmlische Sein. Durch die Güte wird der Menfch den Engeln ähnlich, durch die Wahrheit Gott, durch die Gerechtigkeit den Heiligen. Von diesen dreien lesen wir in diesem Briefe an die Römer (12.): "Daß ihr euere Leiber darstellet als ein lebendiges heiliges Gott wohlgefälliges Opfer," nämlich lebendig durch die Gerechtigkeit, wodurch der Mensch lebt, wie es heißt (Röm. 1.): "Der Gerechte lebt aus dem Glauben. Heilig durch das gute Leben; denn heilig ist dasselbe als rein; Gott wohlgefällig durch die Wahrheit, weil Gott die Wahrheit ist.

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