Dienstag, 1. Oktober 2013

Predigt vom hl. Thomas v. Aquin - Dritter Sonntag im Advent

  Dritter Sonntag im Advent

 

(Aus dem Buch Des heiligen Thomas von Aquin, des englischen Lehrers, Predigten auf das ganze Kirchenjahr)



 Erste Rede 


So betrachte uns der Mensch als Diener Christi. 1. Corinth 4, 1.
Diese Stelle ist von der Epistel auf den vierten Sonntag


 In der vorhergehenden Epistel lehrt uns der Apostel, daß Christus der Diener Aller gewesen sei; denn er spricht: "Ich aber sage, daß Christus der Diener der Beschneidung war," und darum lehrt er uns in dieser Epistel, daß wir Diener Christi sein sollen, und es werden in diesem Briefe sechs Punkte angegeben. Zuerst, daß wir uns zu Dienern Christi machen sollen; zweitens daß wir das vermessene Urtheil fliehen; drittens, daß wir das menschliche Urtheil verachten; viertens daß wir auf unser eigenes Bewußtsein uns nicht vertlassen; fünftens, daß wir jedes Urtheil Christo, als dem Richter überlassen: sechstens, daß wir nur bei Gott Lob suchen. Das erste sagen die Worte: So halte uns der Mensch für einen Diener Christi; das zweite diese: Urtheilet nicht vor der Zeit; das dritte diese: Mir liegt sehr wenig daran, daß ich von euch gerichtet werde; das vierte diese: Ich bin mir nichts bewußt; das fünfte diese: Bis der Herr kommt; das sechste diese: Sodann wird Jeder vom Herrn sein Lob erhalten.


 In Bezug auf den ersten Punkt müssen wir vorzüglich aus drei Gründen Diener Christi sein und ihm dienen. Zuerst, weil er uns Alles was wir sind und vermögen durch die Schöpfung ertheilte; zweitens, weil er uns diente, indem er uns erlöste; drittens weil er uns wiederum bei der Verherrlichung dienen wird. In Bezug auf das erste sagt der heilige Bernard: "Wem soll ich mehr dienen als Jenem durch welchen ich, wenn er gewollt hätte, gar nicht wäre?" und der Psalmist (99.): "Er schuf uns." In Bezug auf das zweite heißt es (Luc. 22.): "Ich bin in euerer Mitte, wie einer welcher dient." Er diente aber leiblich, indem er die Füße wusch, den Schmutz der Sünden durch sein Blut abwusch und sein Fleisch uns darreichte." Daher sagt Johannes (13.): "Er fing an, seinen Jüngern die Füße zu waschen," und wiederum (Offenb. 1.): "Welcher uns liebte und uns von unseren Sünden in seinem Blute wusch," und Isaias (43.): "Ihr machtet mich zum Diener durch euere Ungerechtigkeiten." In Bezug auf den dritten Punkt heißt es (Matth. 26.): "Er nahm das Brod, segnete, brach es und gab es seinen Jüngern," wozu der heilige Bernard sagt: "Ein guter Diener, welcher sein Fleisch zur Speise, sein Blut zum Tranke, und seine Seele zum Lösegelde hingab." Er dient auch wiederum bei der Verherrlichung (Luc. 12.): "Wahrlich, ich sage euch, er wird sich gürten, sie sich setzen lassen und herumgehend ihnen dienen." Wir müssen also seine treuen Diener sein.

 Es ist aber dreierlei, was er vorzüglich an seinen Dienern haßt, nämlich Unbarmherzigkeit, Unfolgfamkeit und Unbrauchbarkeit. Vom ersten heißt es (Matth. 18.): "Gottloser Knecht, die ganze Schuld habe ich dir nachgelassen, weil du mich gebeten hast; hättest nicht auch du dich deines Mitknechtes erbarmen sollen, wie auch ich mich deiner erbarmt habe?" und wiederum (Ebend. 24.): "Wenn aber der böse Diener in seinem Herzen sagt: Mein Herr zögert zu kommen, und anfängt, seine Mitknechte zu schlagen, aber mit den Betrunkenen ißt und trinkt, so wird der Herr jenes Dieners an einem Tage, wo er es nicht hofft, und zu einer Stunde, die ihm unbekannt ist, kommen, ihn trennen und zu den Heuchlern stellen; dort wird Weinen und Zähneknirschen sein." Vom zweiten heißt es (Luc. 12.): "Ein Diener, welcher den Willen seines Herrn weiß, und nicht thut, wird schwer gezüchtigt werden," und vom dritten (Matth. 25.): "Den unnützen Diener wird er in die äußerste Finsterniß werfen."

 Es ist aber wiederum dreierlei, was der Herr von seinen Dienern verlangt; zuerst, daß sie von jedem Schmutze der Sünde rein seien; zweitens, daß sie mit allen Tugenden geziert seien; drittens, daß sie einen ehrbaren Wandel haben. Vom ersten sagt der Psalmist (100.): "Wer auf reinem Wege wandel, der dient mir," und der Apostel (1. Tim. 3.): "Und so sollen sie mir ohne eine Mackel dienen." Vom zweiten spricht der Apostel (2. Cor. 6.): "In Allem sollen wir uns als Diener Gottes darstellen." Vom dritten heißt es (1. Petr. 2.): "Euer Wandel unter den Völkern soll gut sein." Von diesen dreien spricht das alte Testament (Exod. 40.): "Bereite Aaron und seine Söhne, daß sie mir dienen, und wenn sie mit dem Wasser gereinigt sind, ziehe ihnen heilige Kleider an, daß ihre Salbung gesegnet sei." In der Waschung ist die Reinigkeit, in den heiligen Kleidern die Verschiedenheit der Tugenden, in der Salbung ihre Ehrbarkeit, denn davon kommt der Wohlgeruch des guten Namens, wie der Apostel sagt (2. Cor. 1.): "Ihr seid Christi Wohlgeruch."

 Gott fordert aber daß wir ihm auf dreifache Weise dienen, zuerst indem wir ihm nachahmen, zweitens indem wir in seinem Dienste uns freuen, und drittens indem wir ihn fürchten. Vom ersten sagt das Evangelium (Joh. 12.): "Wer mir dienen will, der folge mir nach," vom zweiten der Psalmist (99.): "Dienet Gott freudig," und vom dritten gleichfalls (2.): "Diener Gott in Furcht." Das erste macht unsern Dienst Gott wohlgefällig, das zweite macht uns zum Dienste geschickt, und das dritte erhält uns im Dienste. Der Herr aber verspricht seinen Dienern dreierlei, nämlich Glückseligkeit, Würde und Ewigkeit. Vom ersten ist die Rede bei dem Apostel (1. Tim. 3.): "Denn wer gut dient, erwirbt sich einen guten Lohn;" vom zweiten im Evangelium (Matth. 25.): "Wohlan guter und getreuer Knecht, weil du im Geringen treu warst, will ich dich über Vieles setzen, gehe ein in die Freude deines Herrn." Vom dritten heißt es (Offenb. 7.): "Er wird ihm Tag und Nacht in seinem Tempel dienen," und nachher heißt es: "Zu den Bächen lebendigen Wassers wird er fie führen." Die Quelle des Lebens ist die Ewigkeit. Dionysius sagt: Die Ewigkeit ist der zugleich ganze und vollkommene Besitz des unbeschränkten Lebens. Von diesen dreien sagt Christus (Joh. 12.): "Wo ich bin da wird auch mein Diener sein." Denn wo er ist, da ist die Herrlichkeit, die ewige Freude und die freudige Ewigkeit, wozu uns Gott der Herr führen möge.

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