Dienstag, 8. Oktober 2013

Predigt vom hl. Thomas v. Aquin - Auf das Fest des heiligen Apostel Matthias

Auf das Fest des heiligen Apostel Matthias


 (Aus dem Buch Des heiligen Thomas von Aquin, des englischen Lehrers, Predigten auf das ganze Kirchenjahr)

 

Kommet zu mit Alle, die ihn mühselig und beladen seid und ich will euch erquicken. Matth. 11, 28.

 In diesen Worten liegen fünf Punkte; zuerst das große Wohlwollen Gottes; zweitens die große Güte; und drittens die große Freigebigkeit Gottes. Viertens liegt darin unsere große Noth und fünftens der große Nutzen zu ihn zu gehen. Das Erste liegt in dem Worte: Kommet. Wahrhaft eine große Erbarmung, daß der erhabene Gott einen so niedrigen Diener ruft, und er selbst kann sich beklagen; Ich habe meinen Diener mit eigenem Munde gerufen und er achtete es nicht. Das Zweite liegt in dem Worte: Zu mir; denn das Gute theilt sich nach Dionysius selbsti mit; seine Natur ist es, sich selbst hinzugeben Seine Güte spricht er selbst aus (Gen. 5.): "Ich bin dein übergroßer Lohn." Das Dritte seine Freigebigkeit drückt das Wort: Alle, aus; denn seine Güte hat keine Grenzen, sie will sich Allen mittheilen. Der Apostel sagt (l. Tim. 6.): "Welcher alle Menschen selig machen will." Das Vierte sagen die Worte: Die ihr mühselig und beladen seid. Wir schmachten in diesem Leben unter einer vielfachen Last.


 Die erste ist die Größe der Sünde. Der Psalmist (73.) sagt: "Meine Missethaten gingen über mein Haupt." Die zweite ist die Bosheit der Teufel. Es heißt (Deut. 26.): "Es peinigten uns die Aegypter (d.h. die Teufel), indem sie uns schwere Lasten auflegten." Drittens die Strenge der Vorsteher. Christus (22.) sagt: "Sie legen schwere Lasten auf." Viertens die Verweslichkeit. Die Weisheit (9.) sagt: "Der Leib welcher verweset, beschwert die Seele." Fünftens die Begierlichkeit des Irdischen. Es heißt (Gen. 13.): "Und sie konnten nicht gemeinsam wohnen, denn sie waren beschweret" (nach einer andern Uebersetzung) und (Zachar. 5.): "Die Gottlosigkeit sitzt auf dir." Sechstens die Grausamkeit der Tyrannen oder der weltlichen Fürsten. Der Prophet (Ose. 8.) spricht: "Sie werden ein wenig von der Last des Königs und der Fürsten ausruhen." Siebentens die Lasti irdisch gesinnter Menschen. Es heißt (Isai. 45.): "Mit den Zugthieren haben wir euere Lasten mit großer Anstirengung bis zur Ermüdung geführt." Achtens die Eitelkeit der Welt. Im Propheten (Nahum 1.) heißt es: "Last über Ninive," d.h. die Welt. Neuntens die Vielheit der Strafen. Es heißt (Habacuc 1.): "Die Luft welche Habacuc sah." Und hernach redet er von vielen Strafen. Zehntens die Vielheit der Gesetze, Verordnungen und Gewohnheiten. Es heißt (Apostelgesch. 9.): "Warum suchet ihr eine Last aufzulegen, die weder wir, noch unsere Väter tragen konnten?" Elftens der Mangel der Nächstenliebe. "Traget Einer des Andern Lasten," sagt der Apostel (Gal. 6.). Zwölftens die Nothwendigkeit zu sterben, wie es heißt (Sirach 40.): "Viele Mühseligkeit ist allen Menschen anerschaffen. Ein schweres Joch liegt auf den Kindern Adams vom Tage an, da sie aus dern Mutterleibe kommen bis auf den Tag da sie in die Erde, die unser aller Mutter ist, begraben werden."

 Da wir unter einer solchen Last seufzen, so müssen wir zu Gott unsere Zuflucht nehmen, der uns zu befreien verspricht. "Ich will euch erquicken." Mit welchem Brode? Mit dem Brode des Lebens, wie Christus (Joh. 6.) sagt: "Das Brod das ich geben werde, ist mein Fleisch für das Leben der Welt." Mit dem verborgenen Manna. Es heißt (Offenb. 2.): "Ich will ihm ein verborgenes Manna geben." Mit dem Baume des Lebens, wie es heißt (Ebend): "Dem, der überwindet, will ich vom Baume des Lebens zu essen geben." Das erste ist der Empfang seines Leibes; das zweite die Süßigkeit der geiftigen Andacht; das dritte die Frucht des geistigen Lebens, wie der Apostel (Gal. 3.) sagt: "Die Früchte des Geistes sind Freude, Friede, Geduld," u.s.w. in der Gegenwart; aber welche in der Zukunft? Davon spricht Isaias (25.): "Der Herr wird auf diesem Berge allen Völkern ein Mahl von fetten Speifen, ein Mahl von Wein, von markigem Fett, von geläutertem Wein bereiten." Dazu möge uns der Herr führen. Amen.  

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