Samstag, 12. Oktober 2013

Predigt vom hl. Thomas v. Aquin - Auf das Fest des heiligen Ambrosius

Auf das Fest des heiligen Ambrosius


 (Aus dem Buch Des heiligen Thomas von Aquin, des englischen Lehrers, Predigten auf das ganze Kirchenjahr)

 

Sieh ein Bienenschwarm war in dem Munde des Löwen und ein Honigkuchen. Judith 14, 2.

 Diese Worte kann man auf den heiligen Ambrosius anwenden und es liegt darin dreierlei angedeutet; zuerst die wunderbare Erscheinung der Bienen in seinem Munde; zweitens seine Tugenden; drittens die Auslegung der heiligen Schrift.


 Das Erste enthalten die Worte: Sieh, es erschien ein Bienenschwarm; buchstäblich, da er in der Wiege lag, kam ein Bienenschwarm, trat in seinen Mund ein und schien hernach in den Himmel zu fliegen, wie es in seiner Lebensgeschichte steht. Das zweite enthalten die Worte: Im Munde des Löwen. Löwe aber heißt der heilige Ambrosius von den sieben Eigenschaften des Löwen. Zuerst wegen des Adels in der Würde, weil er der König der Thiere ist. Auch dieser ist von hoher Abkunft, ein Römer und Fürft von Ligurien. Zweitens wegen der Stärke, weil er sehr starkmüthig war, da sich beinahe der ganze Erdkreis wider ihn verschworen hatte. Er siegte. Drittens wegen der Kühnheit und Großmuth; denn er geht an alles Harte. Auch dieser war kühn, indem er den Kaiser und die Kaiserin und beinahe den ganzen Erdkreis angriff. Darum heißt es (Sprüchw. 30.): "Der Löwe ist das stärkste Thier, es erschrickt vor Niemand, der ihm begegnet. Viertens das Vertrauen auf die Sicherheit, indem es (Sprüchw. 28.) heißt: "Der Gerechte ist wie ein Löwe." Fünftens ist er sehr gütig wie es in der Lebensgeschichte des heiligen Ambrosius heißt. Sechstens ist er der Schrecken der Thiere in der Wildheit; denn durch sein Brüllen erschreckt er die wilden Thiere, d.h. die Ketzer und er erschütterte die Fleischlichgesinnten durch das Gebrüll seiner Predigt. Es heißt (Amos. 3.): "Der Löwe brüllt und wer fürchtet sich nicht?" Siebentens die Klugheit in der Verbergung seiner Spuren; denn er verbarg die guten Werke durch die gute Absicht, wie Chriftus (Matth. 15.) sagt: "Hütter euch, daß ihr euereWerke nicht vor den Menschen thuet, um von ihnen gesehen zu werden."

Das Dritte sagen die Worte: Und ein Honigkuchen. Auf vierfache Weise war ein Honigkuchen in seinem Munde. Zuerst wegen der Auslegung der heiligen Schrift. "Ein Honigkuchen sind zierliche Worte," sagen die Sprüche (18.). Zweitens wegen der Andacht der Seele; wie es (Sprüchw. 24.) heißt: "Iß, mein Sohn, Honig und den süßesten Kuchen." Drittens wegen der süßen Rede, wie das hohe Lied (4.) sagt: "Honig und Milch ist unter deiner Zunge." Viertens wegen des Genusses der Gottheit, wie es (Sprüchw. 15.) heißt: "Wie einer der viel Honig ißt."

Im moralischen Sinne ist zu bemerken, daß jener sieben Eigenschaften vom Löwen und diese vier von dem Honigkuchen für jeden gerechten Mann nothwendig sind. Denn Jedermann muß sich befleißen einer lautern Absicht beim Handeln eines heiligen Gebrülles bei dem Gebete, der Frömmigkeit im Mitleiden, der Großmuth im Angriffe des Harten, der Sicherheit ohne böse Furcht, der Starkrnuth in der Ausdauer, des Edelsinnes in den guten Werken, des Wortes Gottes im Munde, der Andacht im Herzen, der süßen Rede auf der Zunge, des Genusses der Gottheit im Reiche der Ewigkeit. Dazu möge uns der Herr führen.
 Amen.

 

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