Montag, 7. Oktober 2013

Predigt vom hl. Thomas v. Aquin - Auf das Fest der Erscheinung des Herrn

  Auf das Fest der Erscheinung des Herrn


 (Aus dem Buch Des heiligen Thomas von Aquin, des englischen Lehrers, Predigten auf das ganze Kirchenjahr)

 Erste Rede



 Alle von Saba kommen mit Gold und Weihrauch beladen. Isai. 60, 6.

 Diese Worte beziehen sich auf die Weisen. Im moralischen Sinne aber kann man sie auf die Sünder beziehen, welche von dem Schuldzustande zu Gott zurückkehren. Es ist hier zu bemerken, daß drei Dinge den Sündern nothwendig sind; zuerst die Rückkehr vom Bösen. "Die von Saba kommen Alle." Zweitens die guten Werke: "Sie bringen Gold und Weihrauch." Drittens Danksagung. "Und verkünden Gottes Lob."

 In Bezug auf den ersten Punkt ist zu bemerken, daß Saba gefangen oder Gefangenschaft bedeutet und also die Sünde bezeichnet, in der die Seele von den Teufeln gefangen gehalten wird. "Ich habe Freude an dem Gesetze Gottes nach dem innern Menschen - sagt der Apostel (Röm. 7.) - ich sehe aber ein anderes Gesetz in meinen Gliedern dem Gesetze meines Geistes widerstreiten und mich in das Gesetz der Sünde verstricken, das in meinen Gliedern ist." In den Klageliedern (3.) heißt es: "Auf der Jagd fingen mich umsonst wie einen Vogel meine Feinde."

 Der Sünder aber heißt ein Gefangener, weil er von den Tenfeln ergriffen, gebunden, in das Gefängniß geworfen und auf vielfache Weise gemartert wird. Hinsichtlich des ersten und zweiten Punktes heißt es (Sprüchw. 5.): "Die Missethaten fesseln den Gottlosen und mit den Stricken seiner Sünden wird er gebunden." Isaias (3.) sagt: "Sie fallen, werden zertreten und verstrickt und gefangen gehalten." Hinsichtlich des dritten (Klagel. 3.): "Er umgab mich mit einem Gebäude, daß ich es nicht verlasse, beschwerte er meine Fußfessel." Und der Psalmist (142.) sagt: "Er brachte mich in das Dunkel, wie die Todten der Welt und es betrübte sich über mir mein Geist, in mir verwirrte sich mein Herz." Hinsichtlich des vierten sagt Jeremias (2.): "Sieh, es ist böse und bitter für dich, den Herrn, deinen Gott verlassen zu haben und, daß keine Furcht vor ihm bei dir ist. Job (30.) sagt: "Mit Noth und Hunger waren heimgesucht, die in der Wüste nagten, von Jammer und Elend strotzend."

 Saba ist also die Sünde; von Saba kommen heißt von der Sünde zurückkehren. Es heißt (Ps. 13.): "Er wendete die Gefangenschaft seines Volkes ab." Dieß ist zuersft dem Sünder nothwendig. Es heißt (Isai. 1.): "Höret auf, gottlos zu handeln."

 Zweitens sind nothwendig die guten Werke, wie derselbe Prophet sagt (Isai. 1.): "Lernet Gutes thun, suchet, was recht ist." Die guten Werke sind in Gold und Weihrauch angedeutet. Es sind aber dem Menschen ein gutes Leben und ein guter Rufe nothwendig. Der heilige Augustin sagt: "Zwei Dinge sind mir nothwendig, ein gutes Gewissen und ein guter Ruf; ein gutes Gewissen meinetwegen, ein guter Ruf wegen des Nächsten."

 Es heißt aber das gute Leben aus vier Gründen Gold. Denn es ist das Gold sfchön an Farbe, kostbar an Werth, schwer am Gewichte, unverweslich an der Festigkeit. Jede Schönheit besteht in Licht und Schatten. Das Licht sind die Kräfte des Geistes, woelche die Erkenntnißkraft vollenden, die Kräfte des Gefühles welche das Gefühl vollenden. Es heißt (H. Lied 5.): "Mein Geliebter ist weiß und roth, auserlesfen aus Taufenden, sfein Haupt ist das beste Gold, sfeine Haare sind wie eine Palmenkrone, schwarz wie ein Rabe." Die Kostbarkeit ist die Demuth. Isaias (13.) sagt: "Kostbarer wird sein der Mann als Gold, und der Mensch als reines gediegenes Gold." Einen um so größern Werth hat Jemand vor Gott, je mehr er sich demüthigt. Die Schwere ist die Ehrbarkeit der Sitten. Der Psalmist (34.) sagt: "In der gewichtigen Versammlung will ich dich loben." Die Unverweslichkeit ist die Ausdauer. Es heißt (Matth. 10.): "Wer ausharrt bis ans Ende, der wird selig sein;" und (Gen. 2.): "Das Gold jenes Landes ist das beste."

 Diee vier Dinge machen das gute Leben aus, nämlich die Reinigkeit des Herzens, die Ehrbarkeit der Sitten, die Demuth und die Ausdauer. Das Gold bedeutet also das Leben; der Weihrauch bedeutet den guten Geruch, weil er sich ausbreitet und den schlechten Geruch vertreibt. Der Geruch entsteht davon und wird dem Herrn geopfert; so verbreitet sich der Ruf, darum sagt man: Der Ruf - das Gerücht - geht. Die Luft verändert der Weihrauch und der Ruf verwandelt den Nächsten zum Guten durch die Nachahmung. Der Apostel )I. Theff. 2.) sagt: "Denn ihr wurdet Nachahmer, Brüder, der Kirchen Gottes, welche in Judäa sind, in Christo Jesu." Er erzeugt den Wohlgeruch. Der heilige Bernard sagt: "Ein guter Geruch ist ein guter Ruf," und der Apostel (II. Cor. 2.): "Wir sind Christi Wohlgeruch." Er wird Gott geopfert, weil der gute Ruf Gott dargebracht werden muß. Christus (Matt. 5.) sagt: "Lasset euer Licht leuchten vor den Menschen, daß sie euere guten Werke sehen und den Vater preisen, der im Himmel ist."

Das gute Leben also und der gute Ruf sind im Golde und Weihrauche angedeutet. In Bezug auf den dritten Punkt, die Danksagung, ist zur bemerken, daß die zu Gott bekehrte Seele Gott ein vierfaches Lied singen muß, nämlich ein Siegeslied, ein Hochzeitslied, ein Freudenulied und ein Festlied. Ein Siegeslied, weil sie über den Teufel obsiegte; ein Hochzeitslied, weil Christus sich mit ihr verbunden hat; ein Jubellied, weil der König des Himmels ihr große Geschenke von Tugenden und geiftigen Gaben verlieh, ein Festlied, weil der ganze himmlische Hof über ihre Bekehrung ein großes Fest feierte. Hinsichtlich des ersten Punktes heißt es (Isai. 14.): "Und es wird der Tag kommen, wo dir Gott Ruhe geschafft von deiner Mühsal und deinem Schrecken und dem harten Dienst, worin du ehevor gedient." Hinsichtlich des zweiten (Ose. 2.): "Ich will dich mit mir im Glauben vermählen." Hinsichtlich des dritten (Ezech. 16.): "Ich kleidete dich mit bunten Kleidern und zog dir purpurne Schuhe an." Hinsichtlich des vierten (Luc. 15.): "Die Engel Gottes haben eine Freude über einen Sünder der Buße thut."

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