Sonntag, 6. Oktober 2013

Predigt vom hl. Thomas v. Aquin - Auf das Fest der heiligen Agnes

Auf das Fest der heiligen Agnes


 (Aus dem Buch Des heiligen Thomas von Aquin, des englischen Lehrers, Predigten auf das ganze Kirchenjahr)

 Erste Rede 

Du befreitest mich von einer ungerechten gottlosen befleckten Zunge Sirach 51,7.

 Dieß sind die Worte der heiligen Agnes, welche Gott für ihre Befreiung dankt. Sie spricht aber, daß sie von einer dreifachen Zunge befreit sei, nämlich von der befleckten, der ungerechten und gottlosen. Die befleckte Zunge ist die des Gottlosen, welcher zu unreinen Dingen anreizt, die ungerechte die des Vorgesetzten (Präfes), welcher den Göttern zu opfern befahl; die gottlose Zunge, die des Volkes, das sie zum Tode forderte. Die erste Zunge ist böse, die zweite gottloser, die dritte am gottlosesten.


 Diese drei Zungen können jene drei Zungen bedeuten, welche das Verderben in die Welt brachten. Die erste ist die des Teufels, welcher Eva fragte; die zweite ist die der Eva, welche zweifelhaft antwortete; die dritte die des Adam, welcher sich unklug entschuldigte. Der Teufel fragte zuerst, zweitens machte er einen falschen Schluß und drittens fügte er eine Lüge hinzu. Denn er fragte in Bezug auf den ersten Punkt: Hat euch denn Gott befohlen? u.s.w.; in Betreff des zweiten sagte er: Keineswegs sollet ihr sterben; hinsichtlich des dritten: Ihr werdet sein wie die Götter.
Eva zog das, was sie gewiß wußte, in Zweifel, indem sie sagte: Daß wir nicht etwa sterben. Adam entschuldigte die begangene Sünde auf unkluge Weise, indem er sprach: Das Weib, das du mir zur Genossin gegeben hast, gab mir von dem Baume und ich aß (Gen. 3.).
 Diese Zungen brachten auf solche Weise den Tod in die Welt. Denn Gott hat den Tod nicht gemacht - sagt die Schrift (Weish. 1.) - und am Untergange der Lebendigen freut er sich nicht; aber die Gottlosen rufen ihn mit Worten und Werken herbei; sie halten ihn für einen Freund, und fahren dahin, und machen einen Bund mit ihm; denn sie verdienen es, daß sie ihm zu Theil werden." Oder diese drei Zungen brachten den Tod herbei und verkehren die Welt bis auf diese Stunde. Die befleckte Zunge ist die Zunge des Unreinen und Unzüchtigen; die gottlose die des Meineidigen oder Lästerers; die ungerechte die des Verleumders. Hinsichtlich der ersten heißt es (Sirach. 37.): "Die Zunge vernichtete viele Helden." Hinsichtlich der zweiten (Sprüchw. 17.): "Der Böse gehorcht der gottlosen Zunge." Hinsichtlich der dritten (Sprüchw. 18.): "Ich umgab meine Ohren mit Dörnern," und (Weish. 1.): "Bewahret die Zunge vor Verleumdung."

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