Donnerstag, 17. Oktober 2013

Marcus XVI, 14. - 18. Goldene Kette (Catena Aurea)

Marcus 16, 14 - 18


14. Zuletzt erschien er aber den Elfen, da sie zu Tische saßen, und verwies ihnen ihren Unglauben und die Härte ihres Herzens, weil sie denen, welche ihn nach der Auferstehung gesehen hatten, nicht glaubten.

15. Und er sprach zu ihnen: Gehet hin in die ganzeWelt, und prediget das Evangelium jeglichem Geschöpfe.

16. Wer glaubt und sich taufen läßt, wird selig werden: wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden.

17. Es werden aber denen, welche glaubten, diese Wunder folgen: In meinem Namen werden sie Teufel austreiben, mit neuen Sprachen reden,

18. Schlangen aufheben, und wenn sie etwas Tödtliches trinken, wird es ihnen nicht schaden; den Kranken werden sie die Hände auflegen und sie werden gesund werden.

In dem Marcus das Evangelium schließen will (Glossa (non exstat)), erwähnt er die letzte Erscheinung, welche Christus nach seiner Auserstehung mit den Jüngern hatte, indem er sagt: Zuletzt erschien er aber den Elfen u.s.w.- Es ist aber zu bemerken (Gregor. hom. 29.in Evang.), was Lucas in der Apostelgeschichte (Cap.1) erzählt: Indem er mit ihnen aß, befahl er ihnen, von Jerusalem sich nicht zu entfernen, und kurz darauf heißt es: Er erhob sich vor ihren Augen. Denn er aß und fuhr empor, damit nämlich durch die That des Essens die Wirklichkeit des Fleisches deutlich würde. Daher heißt es auch hier, daß er zuletzt, als sie zu Tische saßen, ihnen erschien. -  Er erschien aber den Elfen (Hieronymus), da sie zumal versammelt waren, damit Alle Zeugen wären und Allen erzählten, was sie gemeinsam sahen und hörten.

 Es folgt: Und er verwies ihnen ihren Unglauben und ihre Hartherzigkeit, weil sie denen, welche ihn nach seiner Auferstehung sahen, nicht glaubten. - Wie geschah aber dieses zuletzt  (August. de cons. Ev. II. c. ult.)? Denn das letzte Mal ist jenes, wo die Apostel den Herrn auf der Erde sahen, nämlich vierzig Tage nach seiner Auserstehung. Wollte er ihnen alsdann es verweisen, daß sie denen nicht geglaubt hätten, welche ihn nach der Auserstehung sahen, nachdem sie ihn schon nach seiner Auserstehung so oft gesehen hatten? Es bleibt also nur die Annahme übrig, daß Marcus der Kürze wegen "zuletzt" ohne Zusatz setzte, weil an jenem Tage dieses die letzte Erscheinung war, da es schon Nacht zu werden anfing, als die Jünger von dem Flecken nach Jerusalem zurückkehrten, und, wie Lucas sagt, die Elf und die, welche bei ihnen waren, von der Auferstehung des Herrn im Gespräche antrafen. Da also diese, wie Marcus sagt, zu Tische saßen, und, wie Lucas sagt, noch redeten, erschien der Herr in ihrer Mitte, und sprach zu ihnen: Der Friede sei mit euch! wie Lucas und Johannes sagen. Jene Worte also, welche der Herr damals nach Lucas und Johannes sprach, sind dieser Verweis, wovon hier Marcus spricht.

 Aber es ergibt sich eine neue Schwierigkeit, wie nach Lucas der Herr den Elfen, da sie zu Tische saßen, erschienen sei, wenn es am Sonntage, wo der Herr auferstand, da es schon Nacht war, geschah, da Johannes deutlich sagt, Thomas sei nicht bei ihnen gewesen. Aber wir glauben, daß er damals, als die Zwei von dem Flecken zurückgekehrt waren und mit den Elfen gesprochen hatten, wie man bei Lucas findet, hinausgegangen und inzwischen der Herr ihnen erschienen sei. Und Lucas gibt in seiner Erzählung den Ort an, wo man annehmen kann, daß Thomas, während sie so redeten, hinausgegangen und hernach der Herr erschienen sei. Aber nach Marcus, welcher sagt: Zuletzt erschien er auch den Elfen, da sie zu Tische saßen, muß man annehmen, daß auch Thomas dort gewesen sei, wenn er nicht trotz der Abwesenheit eines Apostels von Elfen reden wollte, weil diese Gesellschaft der Apostel jetzt diesen Namen hatte, ehe Matthias an die Stelle des Judas trat.

Oder wenn diese Annahme hart ist, so wollen wir annehmen, daß er nach seinen vielen Erscheinungen zuletzt den Aposteln, da sie zu Tische saßen, d.h. am vierzigsten Tage, erschien, und daß er, weil er schon von ihnen hinweg zum Himmel fahren wollte, es ihnen noch ausdrücklicher verweisen wollte, daß sie denen, welche ihn nach seiner Auserstehung sahen, nicht glauben wollten, ehe sie ihn nicht selbst sahen, da ja immerhin nach seiner Auserstehung auf ihre Predigt die Völker, was sie nicht sahen, glauben würden. Und daher sprach der Herr nach diesem Verweise, wie Marcus sagt: Gehet hin in die ganze Welt u.s.w. Wenn sie also dieses verkündigen sollten, sollten sie nicht zuerst selbst zurechtgewiesen werden, welche, ehe sie den Herrn sahen, denen, welchen er zuerst erschien, nicht glaubten? - Darum wies auch der Herr die Jünger zurecht (Gregor. hom. 24. ut sup.), da er sie leiblich verließ, damit die Worte, welche er bei seinem Hinweggehen sagte, in dem Herzen der Zuhörer tieser eingegraben blieben. Er rügt aber den Unglauben (Hieronymus), damit der Glaube eintrete; er verweist ihnen die Herzenshärte, damit ein von Liebe erfülltes weiches Herz an ihre Stelle träte.

 Laßt uns nun hören (Gregor. ut sup.), was er ihnen nach der Rüge ihrer Herzenshärte befahl. Es folgt: Gehet hin in die ganze Welt, predigt das Evangelium jeglicher Creatur. Unter jeder Creatur versteht man den Menschen; denn der Mensch hat von jeder Creatur etwas. Denn mit den Steinen hat er gemeinsam das Sein, mit den Bäumen das Leben, mit den Thieren das Fühlen, mit den Engeln das Erkennen. Jeder Creatur wird also das Evangelium verkündet, wenn es nur dem Menschen verkündet wird, weil nämlich Jener unterrichtet wird, wegen dessen Alles auf der Erde erschaffen wurde, und dem nichts in einem gewissen Grade unähnlich ist.

 Auch kann man unter jeglicher Creatur jedes Volk verstehen. Denn vorher hieß es (Matth. 1.): Auf den Weg zu den Heiden sollt ihr euch nicht begeben; jetzt aber heißt es: Verkündet das Evangelium jeglicher Creatur, damit nämlich die zuerst aus Judäa vertriebene Predigt der Apostel uns zu Hilfe käme, weil es diese zum Zeugnisse seiner Verdammung stolz von sich gewiesen hätte. - Oder jeglicher Creatur (Theophylactus), d.h. der gläubigen und ungläubigen.

Es folgt: Wer glaubt und sich taufen läßt u.s.w. Denn es genügt nicht zu glauben; denn der, welcher glaubt und noch nicht getauft ist, sondern noch ein Catechumen ist, hat noch nicht vollkommen das Heil erlangt. - Vielleicht aber mag Jeder zu sich sagen (Gregor. ut sup.): Ich habe schon geglaubt, ich werde selig sein. Er hat Recht, wenn er den Glauben in Werken beweist; denn der Glaube dessen ist wahr, welcher in dem, was er mit Worten sagt, den Werken nicht widerspricht.

 Es folgt: Wer aber nicht glaubt wird verdammt werden. - Was sollen wir also hier in Betreff der unmündigen Kinder sagen (Beda), welche ihres Alters wegen noch nicht glauben können? Denn von den Erwachsenen ist keine Rede; durch Andere glauben also in der Kirche des Erlösers die unmündigen Kinder, wie sie auch von Andern die Sünden, welche in der Tause nachgelassen werden, überkommen haben.

 Es folgt: Denen aber, welche glauben, werden diese Zeichen folgen: In meinem Namen werden sie Teufel austreiben. - Das heißt (Theophylactus.): in die Sinne fallende oder geistige, wie man auch die Worte: Ihr werdet über Schlangen und Skorpionen gehen, verstehen kann. Man kann es auch von wirklichen Schlangen verstehen, wie auch Paulus von einer Viper nicht beschädigt wurde.

 Es folgt: Und wenn sie etwas Tödtliches trinken, wird es ihnen nicht schaden. Viele solche Begebenheiten lesen wir; denn Vielen konnte ein Giftrank, den sie mit dem Kreuze bezeichneten nicht schaden.

Es folgt: Sie werden den Kranken die Hände auflegen u.s.w. - Glauben wir aber darum nicht (Gregor. ut sup.), weil wir diese Wunder nicht sehen? Aber diese waren im Anfange der Kirche nothwendig; denn damit der Glaube der Christen Wurzel faßte, mußte er durch Wunder befestigt werden, weil ja auch wir, wenn wir Bäume pflanzen, sie so lange mit Wasser begießen, bis wir sie in die Erde eingewurzelt sehen, wo wir von der Begießung abstehen. Diese Zeichen und Kräfte müssen wir noch tiefer betrachten; denn die heilige Kirche thut täglich geistiger Weise das, was sie damals durch die Apostel leiblicher Weise that. Denn wenn ihre Priester durch die Gnade der Austreibung den Gläubigen die Hand auflegen und die bösen Geister in ihrer Seele nicht wohnen lassen, was thun sie anders, als daß sie die Teufel austreiben? Und alle Gläubigen welche die weltlichen Worte verlassen, und von den heiligen Geheimnissen sprechen, reden in neuen Sprachen, welche, wenn sie durch ihre guten Ermahnungen die Sünde von ihren Herzen hinwegnehmen, die Schlangen aufheben. Wenn sie giftige Anlockungen hören, aber zum bösen Werke sich auf keine Weise verleiten lassen, so trinken sie etwas Giftiges, aber es schadet ihnen nicht; und so oft sie ihre Nächsten in dem guten Werke schwach werden sehen, aber durch Beispiel ihr Leben bekräftigen, legen sie den Kranken die Hand auf, daß sie gesund werden. Diese Wunder sind um so größer, je geistiger sie sind, und als dadurch nicht die Leiber, sondern die Seelen aufgeweckt werden .