Aus dem Buch des hl. Bischofs Augustinus über die Sorge für die Verstorbenen
Die Sorge für einen Toten, die Herrichtung zum Begräbnis, der äußere
Prunk beim Leichenbegängnis sind eher ein Trost für die Überlebenden,
als eine Hilfe für den Toten. Gleichwohl darf man die Leiber der
Verstorbenen nicht mißachten oder vernachlässigen, vor allem nicht die
der Gerechten und Gläubigen, da der Geist sich ihrer in gottgefälliger Weise als Werkzeuge und Hilfsmittel zur Ausübung aller
guten Werke bediente. Ein vom Vater hinterlassener Rock oder ein Ring
oder sonst etwas dergleichen ist den Hinterbliebenen auch um so teurer,
je größer ihre Liebe zu den Eltern war; ebenso darf man auch den Leib
nicht mißachten, da er uns doch viel näher steht und viel enger mit uns
verbunden ist als irgendein Gewand.
Er ist nicht bloß ein Schmuckstück
oder ein äußeres Hilfsmittel, er gehört zur Natur des Menschen selbst. Darum wurden auch die Leichen der Gerechten des Alten Bundes mit der
gebührenden Pietät behandelt, Leichenbegängnisse wurden gefeiert und für
ihr Begräbnis wurde Sorge getragen, ja sie selbst haben schon bei
Lebzeiten bezüglich ihres Begräbnisses und der Übertragung ihres
Leichnams ihren Kindern Weisungen gegeben. Die liebevolle Erinnerung und die Gebete, die von gläubigen Angehörigen
den Toten gewidmet werden, bringen ohne Zweifel denen Nutzen, die bei
Lebzeiten es sich verdient haben, daß solches ihnen nützen kann. Auch
wenn irgendein Umstand es mit sich bringt, daß die Leiber überhaupt
nicht beerdigt werden, oder wenn keine Möglichkeit gegeben ist, sie an
heiliger Stätte beizusetzen, so dürfen dennoch die Gebete für die Seelen der Verstorbenen nicht
unterlassen werden. Daß sie für alle, die in der christkatholischen
Gemeinschaft verstorben sind, verrichtet werden, auch wenn ihre Namen
unbekannt sind, das hat die Kirche bei ihrer allgemeinen Gedächtnisfeier übernommen. Da
werden diese Fürbitten von der einen gemeinsamen frommen Mutter
verrichtet, für alle die keine Eltern, Kinder oder sonstige Verwandte
oder Freunde mehr haben, um dies zu tun. Würden diese Gebete, die in
rechtem Glauben und in frommer Gesinnung verrichtet werden,
unterbleiben, so hätten meines Erachtens die Seelen nichts davon, wenn
der entseelte Leichnam auch an heiliger Stätte beigesetzt würde. Wir glauben also, daß zu den Toten, um die wir uns sorgen, nur das
dringt, was wir ihnen in feierlicher Weise durch das Opfer auf dem
Altar, durch Gebete oder Almosen darbringen. Gleichwohl nützt dieses
nicht allen, für die es dargebracht wird, sondern nur denen, die während
ihres Lebens die Vorbedingungen erfüllt haben, daß es ihnen nützen
kann. Wir können jedoch nicht beurteilen, wer zu diesen gehört; darum
ist es gut, diese Fürbitten für alle Getauften zu verrichten, damit
keiner von denen übergangen wird, denen sie zugute kommen können und
müssen. Denn es ist besser, wenn sein nutzlos verrichtet werden für die,
denen sie weder schaden noch nützen, als daß sie denen vorenthalten
werden, denen sie nützen können. Mit größter Sorgfalt soll ein jeder diese Gaben für seine Angehörigen
darbringen, damit später die seinen für ihn das Gleiche tun. Was für die
Beerdigung des Leibes aufgewandt wird, nützt nichts zum Heile der
Seele, sondern ist nur ein menschlicher Liebesdienst, weil eben niemand
sein eigenes Fleisch haßt. Darum ist es auch ganz recht, für den Leib
des Nächsten alle nur mögliche Sorge zu tragen, wenn ihn sein Geist,
sein Lebensspender, verlassen hat. Und wenn dies schon jene tun, die
nicht an die Auferstehung des Fleisches glauben, um wieviel mehr müssen
es die tun, die daran glauben! Der Liebesdienst, den wir einem toten,
aber zur Auferstehung und zum ewigen Leben berufenen Leib erweisen, kann
so gewissermaßen zu einem Bekenntnis unseres Glaubens an die
Auferstehung werden.
(aus dem Deutschen Brevier übersetzt von Dr. Johann Schenk 1937)