Mittwoch, 23. Oktober 2013

Dritter Fastensonntag - Predigt vom hl. Thomas v. Aquin

 Erste Rede 


Wandelt als Söhne des Lichtes. Ephes.5, 8.

Quelle: Missale romanum ex decreto sacrosancti 
Concilii tridentini restitutum: s. Pii v. pontificis
 maximi jussu editum, Clementis VIII.
 et Urbani VIII. auctoritate recognitum
 Diese Worte enthalten drei Punkte; zuerst, daß wir wandeln sollen; zweitens, daß wir als Söhne, und drittens, daß wir als Söhne des Lichtes wandeln sollen. Denn seitdem es Licht st soll man wandeln. Christus sagt (Joh. 12.): "Wandelt, so lange ihr Licht habet, daß euch die Finsterniß nicht überfalle."

 In Bezug auf den ersten Punkt ist zu bemerken, daß der Wandel des Menschen vierfach ist. Der erste ist der der Natur, wornach der Mensch zum Tode eil. Job (16.) sagt: "Ich gehe den Weg, auf den man nicht zurückkehrt." Der zweite ist der der Schuld, worauf der Mensch von einem Laster zum andern übergeht. Der Psalmist (11.) sagt: "Die Bösen wandeln im Umkreise." Der dritte ist der der Gnade, worauf der Mensch von einer Tugend zur andern übergeht. In der Schrift (Gen. 17.) heißt es: "Wandle vor mir und sei vollkommen." Der vierte ist der der Herrlichkeit, worauf die Heiligen nach Christus wandel. Die Offenbarung (3.) sagt: "Sie werden mit mir in weißen Kleidern wandeln, weil sie es würdig sind." Der erste Wandel ist zu ertragen, der zweite zu fliehen, der dritte zu gehen, und der vierte zu wünschen. Zu dem dritten Wandel ermahnt der Apostel mit diesen Worten: "Ich bitte euch, daß ihr Gottes Wege würdig wandelt." 


In Bezug auf die Art und Weise des Wandels ist zu bemerken, daß der Apostel in seinen Briefen uns zwölf Wege zu wandeln lehrt. Von fünf wurde schon am vorhergehenden Sonntage gesprochen, von den sieben andern aber wird hier gehandelt. Wir müssen wandeln in der Neuheit des Lebens, zuerst indem wir das alte Gewand ablegen. Daher sagt er (Röm. 6.): "Wandelt in der Neuheit des Lebens." Zweitens indem wir das Fleisch dem Geiste unterwerfen und nach dem Geiste leben. Darum sagt er (Gal. 5.): "Wandelt im Geiste und vollbringet die Gelüste des Fleisches nicht." Drittens in der Liebe Gottes und des Nächsten. Der Apostel (Ephes. 5.) sagt: "Wandelt in der Liebe wie auch Christus euch liebte." Viertens indem wir ehrbar vor den Menschen wandeln. Darum spricht er (1. Theff. 4.): "Ihr sollt vor denen die außen sind ehrbar wandeln." Fünftens in der Weisheit, indem wir durch süße und nützliche Reden Andere erbauen. Darum sagt wiederholt der Apostel (Col. 2.): "Wandelt in Weisheit vor denen die außen sind." Sechstens in Christus, indem wir ihm nachfolgen und nachahmen. Es heißt (Col. 2.): "Wie ihr Christus kennen gelernt habt, so wandelt in ihm." Siebentens müssen wir im Lichte wandeln und nichts Tadelnswerthes thun, wovon hier die Rede ist. "Wandelt als Söhne des Lichtes."

 In Bezug auf den dritten Punkt heißt es (Joh. 4.): "Wer am Tage wandelt, stößt nicht an." Auf diesen sieben Wegen wandeln die Guten; die Bösen aber wandeln auf sieben anderen Wegen. Zuerst nach dem Fleische, indem sie die Gelüste des Fleisches vollbringen. Die Schrift (Jud. 1.) sagt: " Sie wandeln in dem Fleische nach ihren Lüsten."

Zweitens wandeln sie nach der Welt, indem sie weltlich gesinnt sind. Der Apostel (Ephes. 2.) sagt: "In denen ihr einst wandelte nach der Vergänglichkeit dieser Welt." Drittens wandeln sie in der Eitelkeit und lieben was vergänglich ist. Darum heißt es (Ebend. 4.): "Wie auch die Heiden wandeln in der Eitelkeit ihres Sinnes, indem sie einen verfinsterten Geist haben." Viertens, indem sie unordentlich, unehrbar und zügellos leben. Der Apostel ermahnt (2. Theff. 3.): "Daß ihr euch entziehet von jedem Bruder der unordentlich und nicht nach der Ueberlieferung wandelt, die ihr von uns empfangen habt." Fünftens wandeln sie in ihrer Begierlichkeit und erfüllen ihren Willen, sechstens in der Wollust indem sie ausgelassen leben, siebentens wandeln sie in Trunkenheit und Völlerei. Von diesen dreien sagt Petrus (1. Br. 4.): "Die da wandeln in Wollust, in den Gelüsten, in Trunkenheit, in Fraß und Völlerei, in Berauschung und unerlaubtem Götzendienste." 

Auf diese Weise soll man nicht wandeln, denn die welche so wandeln gehen zu Grunde. Job (6.) sagt: "Sie wandeln umsonst und gehen zu Grunde." Aber die welche auf die erste Weise wandeln gelangen zu den Freuden des ewigen Lebens, welche uns Christus verleihen wolle. Amen. 

(Aus dem Buch Des heiligen Thomas von Aquin, des englischen Lehrers, Predigten auf das ganze Kirchenjahr)