Freitag, 18. Oktober 2013

Der heil. Martyrer Stephan der Jüngere (Vita)

 Der heil. Martyrer Stephan der Jüngere.


 Die Eltern dieses glorreichen Martyrers für die Ehre der unbefleckten Himmelskönigin wohnten zu Konstantinopel und waren sehr reich, aber auch ungemein gottesfürchtig. Ein Kummer aber drückte ihr Herz; sie hatten wohl Töchter, aber keinen Sohn, der ihren Namen und ihren Stamm fortpflanzeu konnte. - Deßhalb gingen die frommen Eltern öfters in die damals berühmte Kirche der Lieben Frau in den Blachernen, und flehten dort um das Geschenk eines Knaben. Am Charfreitage durchwachten sie die ganze Nacht in der Kirche, und die Mutter warf sich voll kindlichen Vertrauens vor das Gnadenbild der Gottesmutter, rief mit heißer Inbrunst ihre Fürbitte an, und that das Gelübde, wenn die Mutter der Barmnherzigkeit ihr einen Sohn schenken werde, denselben ihrem göttlichen Sohne Jesus zu weihen. Während des Gebetes schlief sie ein, und siehe, da erschien ihr in unbeschreiblichem Glanze eine überaus schöne Matrone, welche also zu ihr sprach: "Gehe hin in Frieden, o Frau, es wird dir werden, was du begehrt," und alsbald verschwand. - Anna, so hieß die Mutter, erwachte voller Freude und verließ ganz getröstet die Kirche. - Nach einiger Zeit brachte sie wirklich einen Sohn zur Welt, den Anna alsbald in die Kirche trug und mit den Worten: "Nimm hin das Kind, welches ich dir und deinem Sohne weihe," aufopferte. Hierauf zeigte sie vor ihrem staunenden Manne mit dem Finger auf das Bild der Gottesmutter, und sprach zu ihm: "Diese hat uns den Knaben geschenkt, und ihr sei er daher geweiht." Darob war der fromme Ehegatte sehr erfreut und dankte innig der Lieben Frau für diese Gnade.

 Stephan dem göttlichen Heilande und seiner glorwürdigen Mutter geweiht, wurde von seinen Eltern sorgfältig erzogen, die geschicktesten Lehrer mußten ihn unterrichten und die vollkommenste Kenntniß des christlichen Glaubens wurde ihm beigebracht.

Um dieselbe Zeit geschah es, daß der gottlose Kaiser Leo der Isaurier genannt, vom bösen Feinde aufgestachelt, die Verehrung der Bilder der Heiligen für unerlaubt erklärte, Kirchen plünderte und die Bilder Christi, seiner gebenedeiten Mutter und der Heiligen zerstören ließ. Deßhalb verfolgte er mit größter Grausamkeit die Katholiken. Stephans Eltern, um sich nicht durch Beistimmung zum gottlosen Verfahren des Kaisers der Gefahr auszusetzen, Gott zu beleidigen, begaben sich auf die Flucht. Zuvor aber brachten sie eingedenk, ihres der Lieben gemachten Versprechens, ihren Sohn Stephan, der 15 Jahre zählte, in das Kloster des Berges Skt. Auxentius, um ihn dem Dienste Gottes zu weihen. Der gab ihm das Ordenskleid und im folgenden Jahre legte er die Ordensgelübde ab. Stephan weihte sich mit ungemeinem Eifer den Uebungen aller heiligen Tugenden, wozu ihm die Liebe zu Jesus und die Andacht zur gebenedeiten Gottesmutter besonders antrieb, und als der Abt starb, wurde er wegen seines heiligen Wandels zu dessen Nachfolger erwählt. Als solcher gab er seinen Mönchen ein besonderes Beispiel in der Verehrung der allerseligsten Jungfrau. Vor seiner Kirche stand eine sehr schöne Bildsäule der Lieben Frau, vor welcher beständig eine Lampe brennen mußte. Wenn nun Kranke kamen, um ihn um Genesung anzuflehen, so nahm er Oel aus der Lampe, um sie zu salben und alsbald erlangten die Kranken die Gesundheit.

 Mittlerweile starb der Kaiser Leo und sein ausgelassener Sohn Konstantin folgte ihm auf dem Throne. Auch er war ein grimmiger Feind der Bilder. Mit Hilfe schlechter Bischöfe gelang es ihm, ein angebliches Konzilium zu halten, wo man den frevelhaften Beschluß faßte, die Verehrung der Heiligenbilder zu verdammen. Auch suchte man im ganzen Reiche durch alle Verfolgungsmittel die Katholiken zur Unterschrift des verwerflichen Beschlusses zu zwingen. Besonders war dem gottlosen Kaiser, der bereits alle Bilder in der berühmten Gnadenkirche der Blachernen hatte zerstören lassen, daran gelegen, die Unterschrift des heiligen Abtes Stephan zu erhalten, der wegen seiner Heiligkeit weit berühmt war, und deßhalb durch sein Beispiel großen Einfluß hatte. Stephan hatte sich in eine öe Gegend Bithyniens zurückgezogen, und auf einem Berge eine so kleine Zelle zur Wohnung gewählt, daß er darin kaum aufrecht stehen, noch sich niederlegen konnte. In diese enge Zelle verschloß er sich und gab sich darin nur mehr der Betrachtung und dem Gebete hin. Zu ihm hatte nun der Kaiser einen schlauen Beamten geschickt, der ihn bewegen sollte, ebenfalls in das Verdammungsurtheil gegen die Verehrung der Bilder einzustimmen. Doch der heil. Stephan wies seine Anträge mit Verachtung zurück. Darüber ward aber der Kaiser so erbittert, daß er den Heiligen gefangen nehmen ließ. Nun wurden verschiedene Anklagen gegen ihn erhoben, er wurde schändlich mißhandelt, auch mußte er mit Ketzern eine Disputation halten, und da er siegreich die Wahrheit der Verehrung der Bilder vertheidigte, wurde er auf eine ferne Insel verbannt. Dort auchte und fand er eine Höhle, wo in einer Kapelle die heil. Mutter Anna verehrt wurde. Diesen Ort wählte er sich zu seiner Wohnung und fristete sein Leben von Kräutern und Wurzeln. Bald sammelten sich um ihn mehrere seiner Jünger, welche vom Berge Auxentius vertrieben worden waren, und Gott lohnte seine standhafte Glaubenstreue mit der Gabe der Wunder, die überallhin Staunen erregten und die Zahl der Vertheidiger der Heiligenbilder vermehrten. - Ein Soldat aus Armenien gebürtig, war von einer Krankheit ganz gekrümmt. Dieser besuchte den Heiligen und bat ihn um Hilfe. Stephan hielt ihm das Bild Christi und der L. Frau vor Augen und gebot ihm dieselben zu verehren, und als der Soldat dieses that, ward er plötzlich ganz gesund. Der Soldat kehrte in das Lager zurück, und von seinen Kameraden gefragt, wie er denn geheilt worden sei, gab er zur Antwort: "Der Mönch Stephan befahl mir die Bilder Christi und seiner heiligen Mutter zu verehren; ich that es und ward gesund." Da riefen die Soldaten aus, du bist ein Götzendiener geworden, und berichteten die Sache durch den Präfekten an den Kaiser. Dieser ließ den Soldaten vor sich rufen und brachte ihn durchdas Versprechen ihn zum Hauptmanne zu machen, dahin, daß er die Bilder Christi und der Lieben Frau verfluchte. Aber kaum hatte der undankbare Gottesverächter den Pallast des Kaisers verlassen und sein Pferd bestiegen, als die Rache des Himmels auf ihn traf. Das Pferd bäumte sich, schleuderte ihn auf die Erde und zertrat ihn wüthend mit den Hufen.

 Darüber von Zorn ergrimmt, befahl der Kaiser den heiligen Stephan vor seinen Richterstuhl zu schleppen. Auf dem Wege dahin, ließ sich der Heilige von einem frommen Katholiken eine Münze geben und steckte sie in seinen Mantel. Vor dem Kaiser stehend vertheidigte er aus der heil. Schrift und aus den Büchern der heiligen Väter und Concilien muthig die Verehrung der Heiligenbilder.

In Verlaufe seiner Rede zog er die Münze mit dem Bildnisse des Kaifers hervor und fragte, welche Behandlung derjenige verdiene, der die Münze mit dem Bilde des Kaisers mit Füssen treten würde? Alle riefen aus, man müßte ihn bestrafen. "Wohlan," entgegnete der Heilige, "es ist ein schreckliches Verbrechen das Bild eines sterblichen Kaisers zu entehren, und das Bild des himmlischen Königs und seiner glorreichen Mutter sollte man ungestraft in das Feuer werfen dürfen?" Bei diesen Worten warf er die Münze auf die Erde und trat sie mit Füßen. - Als die Freunde und Schmeichler des Kaisers dieß sahen, wollten sie ihn in das Meer werfen, allein der Kaiser gestattete es nicht, sondern ließ ihn ins Gefängniß abführen, um ihn für eine andere Marter aufzubewahre.

Im Kerker fand der Heilige dreihundert zwei und vierzig Mönche, welchen der grausame Kaiser wegen der treuen Verehrung der Heiligenbilder, theils die Nasen theils die Ohren abschneiden, theils die Augen ausstechen und die Hände abhauen ließ. - Aus dem Kerker ward nun ein Kloster, das von Gebet und heil. Gesang widerhallte. Ein frommes Weib brachte dem Heiligen drei Bilder, das Bild der seligsten Jungfrau mit dem Jesuskinde auf dem Arme und die Bilder der heiligen Apostel Petrus und Paulus, auch brachte sie ihm Brod und Wasser zur Nahrung während der 11 Monate, die er im Kerker zubrachte. - Als aber die Zeit nahte wo der Heilige des Martertodes sterben sollte, ließ er die fromme Wittwe vor sich kommen, dankte ihr herzlich für die empfangenen Wohlthaten und sprach dann: "Nimm wieder zurück die heiligen Bilder und bewahre sie treu, sie mögen dir im Leben zum Schutze gegen jede Unbild dienen. Morgen reise ich in eine andere Welt ab und zu einem andern Kaiser." Das Weib nahm mit Thränen Abschied, wickelte die Bilder in seine Leinwand und trug sie nach Hause.

 Des anderen Tages befahl der Kaiser, den Heiligen mit Ruthen zu Tode zu peitschen. Die zu dieser bestimmten Schergen hatten aber den Muth nicht das Urtheil ganz zu vollstrecken. Sie ließen den Heiligen halbtodt liegen. Als der grausame Kaiser dieß erfuhr, rief er aus: "Wird mich denn Niemand von diesem Mönche befreien?" Sogleich eilte eine Rotte Bösewichter in den Kerker, ergriff den Heiligen, band ihm Stricke um den Hals und scheppte ihn durch die Strassen der Stadt, wobei er mit Steinen beworfen und mit Stöcken geschlagen wurde. Einer dieser Unmenschen versetzte ihm endlich einen heftigen Schlag auf den Kopf, daß ihm das Hirn hervorquoll. Den entfesselten Leichnam mißhandelte man so lange, bis seine Gliedmaßen zerstreut umherlagen und die Eingeweide mit dem ganzen Gehirne dahinflossen. Dies geschah im Jahre 764. 
(Buttler.Bonifatius de Div. B.V.M.)
 Worte des heiligen Bernardin: "Durch die heilbringende Vermittlung der heiligen Jungfrau wandte Gott sein Antlitz dem Menschengeschlechte wieder zu, welches er wegen der Sünde Evas abgewendet hatte."

aus dem Buch Legende von den lieben Heiligen Gottes Georg, Ott 1861