Montag, 9. September 2013

Predigt vom hl. Thomas v. Aquin - Zwanzigster Sonntag nach Pfingsten

Zwanzigster Sonntag nach Pfingsten

 (Aus dem Buch Des heiligen Thomas von Aquin, des englischen Lehrers, Predigten auf das ganze Kirchenjahr)


Erste Rede

 Sehet, wie ihr behutsam wandelt. Ephes. 5, 15.


 Der Apostel ermahnt uns in diesem Briefe zum behutsamen Wandel und gibt in Bezug auf den Wandel drei Lehren. Zuerst, daß wir mit Vorsicht wandeln sollen. "Seid nicht unverständig." Zweitens mit Fähigkeit. "Berauschet euch nicht mit Wein." Drittens mit Demuth. "Danket allezeit für Alles Gott und dem Vater im Namen unsers Herrn Jesu Christi." In Bezug auf den ersten Punkt zeigt er die Klugheit im Wandel in drei Stücken; zuerst in der Auswahl der Werke. "So sehet zu Brüder, wie ihr vorsichtig wandelt, nicht wie Unweise, sondern wie Weise." Zweitens in der Benützung des mit Klugheit Ausgewählten. "Und benützet die Zeit; denn die Tage sind böse." Drittens in der Hinneigung zum rechten Endziele. "Darum werdet nicht unverständig, sondern
verstehet was der Wille Gottes ist."i In Bezug auf den zweiten Punkt zeigt er die Fähigkeit im Wandeln in zwei Punkten. Zuerst in der Furcht vor einem Hindernisse. "Berauschet euch nicht mit Wein." Zweitens in der Übung des Guten. "Sondern seid voll des heiligen Geistes." In Bezug auf den dritten Punkt zeigt er die Demuth des geistigen Wandeln in zwei Punkten. Zuerst in Beziehung auf Gott, zweitens in Beziehung auf den Nächsten "Danket allezeit für Alles Gott und dem Vater im Namen unsers Herrn Jesu Christi;.seid einander unterworfen in der Furcht Christi."

 "Seher wie ihr behutsam wandelt." Der Apostel ermahnt uns mit diesen Worten, daß wir aus drei Gründen behutsam wandeln sollen. Zuerst, weil wir mitten unter Fallstricken wandeln. Die Schrift (Sirach. 9.) sagt: "Du gehest und wandelst über den Waffen der Arglistigen." Zweitens, weil wir mitten unter Räubern wandeln, wie der Prophet (Oseas. 6.) sagt: "Wie Räuberrachen sind sie, und halten sich zu den Priestern, die auf dem Wege die morden welche von Sichem kommen;" und Iob sagt: "Zugleich kamen seine Räuber und machten sich einen Weg durch mich." Drittens, weil wir mitten in der Grube wandeln. Die Schrift (Gen. 14.) sagt: "Das Waldthal hatte viele Pechgruben. Isaias (24.) spricht: "Schrecken und Grube und Schlinge über dich. Bewohner des Landes! Wer vor dem Schrecken flieht, wird in die Grube fallen und wer der Grube entkommet wird von der Schlinge gefangen; denn die Schleußen der Höhe thun sich auf und es beben die Gründe der Erde."

 In Bezug auf den ersten Punkt ist zu bemerken, daß wir mitten in drei Schlingen wandeln. Die erste Schlinge ist die Sünde der Stolzen. So heißt es (Ps. 139.): "In diesem Leben, in dem ich wandelte, verbargen die Stolzen mir den Strick." Die zweite ist die Begierlichkeit der Habfüchtigen. "Die reich werden wollen - sagt der Apostel (1. Tim. 6.) - fallen in die Versutchung und die Schlingen des Teufels und in viele unnütze und schädliche Begierden, welche die Menschen in Elend und Verderben stürzen. Die Wurzel alles Bösen ist die Begierlichkeit." Die dritte Schlinge ist die Sünde der Verleumder. "Du befreiest meinen Leib - sagt Sirach (51.) - vom Verderben und von der Schlinge der gottlosen Zunge und von den Lippen der Uebelthäter."

 In Bezug auf den zweiten Punkt ist zu bemerken, daß wir gleichfalls mitten unter drei Räudern wohnen. Der erste ist der Teufel; darum sagt die Schrift (Joh. 10.): "Der Dieb kommt nur um zu rauben und zu tödten und zu vernichten." Der zweite ist der Schmeichler, wie der Prophet Oseas (7.) sagt: "Diebe steigen ein und rauben und Straßenräuber sind draußen." Die Diebe sind die Schmeichler. Der dritte ist der leere Ruhm. Darum sagt der heilige Gregorius: "Gleichsam wie ein Räuber gesellt sich auf dem Wege die menschliche Gunst hinzu und plündert die Unklugen, welche sie findet. Darum will der geplündert werden, welcher seinen Schatz öffentlich auf dem Wege trägt." Denn wie ein Räuber ist das Streben nach menschlichem Lobe, welches von der Seite sich denen nähert, welche am geraden Wege wandeln damit es im geheimen gezogenem Schwerte den Wanderern des Leben raube." Der heilige Chrysostomus sagt: "Es gibt nur einen einzigen Dieb, welcher den im Himmel hinterlegten Schatz raubt, nämlich die Eitelkeit." Die Teufel rauben die Seelen, die Schmeichier die Reinheit des Gewissens, die Eitelkeit den Lohn der ewigen Herrlichkeit.

 In Bezug auf den dritten Punkt ist zu bemerken, daß wir gleichfalls mitten in drei Gruben wandeln. Die erste isi das Weib oder die Wollust. Die Schrift (Sprichw. 22.) sagt: "Eine tiefe Grube ist der Mund des fremden Weibes; über wen der Herr zürnet, der fällt hinein." Das will sagen: Wer sich der Wollust überläßtl, fällt in den Abgrund der Hölle. Die zweite ist Fraß und Völlerei. Die Sprüche (23.) sagen: "Wer hat Weh? Wessen Vater hat Weh? Wer hat Zank? Wer fälll in Gruben? Wer hat Wonden ohne Ursache? Wer trübe Augen? Nicht die, so beim Weine verweilen, und sich darauf legen, Becher zu leeren?" Die dritte ist die Arglist der Heuchler und Giftmischer, wie Isaias (34.) sagt: "Eine Grube hatte der Igel," welher die Falschen bedeutet, welche ihre Absichten unter doppelten Dörnern verstecken. Das Evangelium (Matth. 28.) sagt: "Die Füchse haben ihre Höhlen."

 Wegen der Gefahr der Schlingen müssen wir immer vor dem Herrn behutsam wandeln. Weil er die Füße von der Schlinge herauszieht. Der heilige Augustin sagt: "Ich widerstehe den Versuchungen, damit meine Füße nicht verstrickt werden, womit ich deinen Weg wandle, und ich erhebe zu dir die unsichtbaren Augen, daß du von der Schlinge meine Füße herausziehst. Daher mögest du sie befreien; denn wenn sie verstrickt werden, säumest du nicht sie herauszuziehen, ich aber laufe bei allenthalben gelegten Schlingen herum." Wegen der Gefahr von Seite der Räuber, müssen wir vorsichtig wandeln und uns mit geistigen Waffen rüsten. "Darum ergreifet - sagt der Apostel (Ephes. 6.) - dieWaffenrüstung Gottes, demit ihr am bösen Tage widerstehen könnet." Wegen der Gefahr von Seiten der Gruben müssen wir vorsichtig wandeln und mit Ernst und dem Lichte der Gnade einhergehen. "Lasset uns wie am Tag, ehrbar wandeln," spricht der Apostel (Röm. 13.).
2. Rede

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