Donnerstag, 5. September 2013

Predigt vom hl. Thomas v. Aquin - Dreiundzwanzigster Sonntag nach Pfingsten

Dreiundzwanzigster Sonntag nach Pfingsten

 (Aus dem Buch Des heiligen Thomas von Aquin, des englischen Lehrers, Predigten auf das ganze Kirchenjahr)


Erste Rede

Unser Wandel aber ist im Himmel. Philipp. 3, 20.

Der Apostel lehrt mit diesen Worten, daß der Wandel der Gerechten im Himmel ist, und darum müssen wir wenn wir ihnen ähnlich sein wollen nicht in diesem Elende, sondern im Himmel wandeln. Es wandeln aber die Heiligen im Himmel aus drei Gründen. Zuerst wegen der Sicherheit; denn wer im Himmel wandelt, ist vor den Gefahren dieses kummervollen Lebens sicher. "Befreie mich - sagt Job (17.) - und stelle mich zu dir, und eines Jeden Hand möge wider mich kämpfen." Und der heilige Augustin sagt: "Wer in die Freude seines Herrn eingeht, ist sowohl sicher, als auch befindet er sich sehr wohl und im Besten." Zweitens wegen der Freude. Wer im Himmel wandelt hat gleichsam eine beständige Freude und Fröhlichkeit. "Denn sein Wandel - heißt es (Weish. 8.) - hat keine Bitterkeit und sein Zusammenleben keinen Ekel, sondern Wonne und Freude." Und ein alter Weise (Seneca) sagt: "Der Geist des Weisen ist gleichsam eine Welt über dem Monde; denn
er ist immer heiter." Drittens wegen der Nothwendigkeit des vergänglichen Irdischen. Die Heiligen wissen, daß alles Zeitliche hier schnell vorübergeht. "Es wird aber der Tag des Herrn wie ein Dieb kommen, - sagt der heilige Apostel Petrus (2. Br. 3.) - an dem die Himmel mit großem Krachen zu Grunde gehen werden, die Elemente von der Wärme aufgelöst und die Erde und Alles, was darin ist ausgebrannt werden. Da nun dieß alles zergehen wird wie sehr sollet ihr euch befleißen mit heiligem Wandel und Gottseligkeit zu warten und entgegenzueilen der Ankunft des Tages des Herrn, durch den die Himmel vom Feuer zergehen, und die Elemente von der Hitze des Feuers zerschmelzen! Wir erwarten aber nach seiner Verheißung einen neuen Himmel und eine neue Erde, in welcher Gerechtigkeit wohnet."

 Es wandeln aber die Heiligen im Himmel auf dreifache Weise; zuerst indem sie immer an die Güter des Himmels denken. Zweitens, weil ihr Verlangen immer im Himmel sein muß. Darum soll jener Heilige, welcher zu den Freuden der Himmel überging, im Andenken der Menschen bleiben; weil er in dieser Pilgerschaft nur mit dem Leibe war, aber in jenem himmlischen Vaterlande wandelte. Drittens wandeln die Heiligen im Himmel, indem sie einen himmlischen Wandel führen. Denn unser Wandel ist dann im Himmel, obwohl wir auf Erden leben, wenn dort unsere Hoffnung ist; weil wir im Erkennen und Wollen den Engeln ähnlich sind. Aber in drei Punkten ift der Wandel der Heiligen dem der Engel ähnlich. Zuerst in der Reinigkeit; zweitens in der Einfalt ohne Arglist; drittens in der Liebe. Diese drei Eigenschaften findet man vorzüglich in den Engeln, die Einfachheit in der Wesenheit ,die Reinheit in der Natur, die Liebe in der Gnade. In diesen drei Stücken besteht der Wandel der Heiligen; darum sagt der Apostel (2. Cor. 12.): "Denn dieß ist unser Ruhm, das Zeugniß unsers Gewissens, daß wir in Einfalt des Herzens und Aufrichtigkeit vor Gott, nicht in fleischlicher Weisheit, sondern in der Gnade Gottes in dieser Welt und vorzüglich bei euch gewandelt haben."

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen