Montag, 23. September 2013

Predigt vom hl. Thomas v. Aquin - Auf das Fest des heiligen Silvester

Auf das Fest des heiligen Silvester

 (Aus dem Buch Des heiligen Thomas von Aquin, des englischen Lehrers, Predigten auf das ganze Kirchenjahr)


 Ein Mensch, der in die Fremde ging, rief seine Diener und gab ihnen seine Güter. Matth 25, 14.

 Dieser Mann ist Christus, welcher seine Heimat verließ, in der Menschwerdung, im Leiden, in der Auffahrt. Das erste Mal wanderte er in die Welt; das zweite Mal in die Unterwelt; das dritte Mal in den Himmel. Hinsichtlich des ersten heißt es (Gen. 12.): "Abraham verließ das Land, um nach Aegypten zn wandern." Abraham ist Christus, Aegypten die Welt. Hinsichtlich des zweiten (Luc. letztes Kap.): "Bist du der einzige Fremdling in Jerusalem?" so sprachen si,e als er von der Unterwelt zurückgekehrt war. Hinsichtlich des dritten (Luc. 19.): "Ein angesehener Mann ging in ein entferntes Land, um vom Reiche Besitz zu nehmen."


 Das erste Mal ging er aus drei Gründen in die Fremde, um zu lernen, um zu handeln, um zu beten. Der Schüler geht in die Fremde um zu lernen, der Kaufmann um zu gewinnen, der Gerechte um zu beten. So kam Christus auf die Welt um das Uebel kennen zu lernen, das er aus Erfahrung nicht kannte. Dieses lernt man auf dieser Erde kennen. Der Apostel (Hebr. 5.) sagt: "Er lernte aus dem was er litt, Gehorsam." Er kam ferner um Gewinn zu machen, und er trieb einen wunderbaren Handel, wodurch er um den Denar der Armuth das Himmelreich, um den Denar der Niedrigkeit die Glorie, um den Denar des Todes das Leben einkaufte. Davon spricht der heilige Augustin: "Ich verkaufe. Was? das Himmelreich. Wie theuer? Um die Armuth bekommt man das Himmelreich, um die Niedrigkeit die Herrlichkeit, um die Trauer die Freude, um den Tod das Leben." Christus (Matth. 1.) sagt: "Selig sind die Armen im Geiste; denn ihrer ist das Himmelreich," nämlich kraft des Kaufes. Er kam auf die Welt zum Beten. Es heißt (Luc. 22.): "Und da er in den Todeskampf kam, betete er eifriger."

 In die Unterwelt stieg er aus drei Gründen hinab, um die verlorne Beute wieder zu gewinnen, um den Feind, nämlich den Teufel zu besiegen, um die stärkste Stadt zu erobern. Darum pflegten die Könige und Fürsten das Land zu verlassen. Hinsichtlich des ersten sagt der Apostel (Eph. 4.): "Christus fuhr empor, führte die Gefangenschaft mit sich, und gab den Menschen Gaben." Hinsichtlich des zweiten (Offenb. 20.): Er ergriff den Teufel und band ihn im Abgrunde d.h. in der Unterwelt." Hinsichtlich des dritten: "Er zerbrach die ehernen Pforten."

 Er wanderte in den Himmel aus drei Gründen. Zuerst um das Land des Hungers und jeglichen Elendes zu verlassen, um im Lande der vollkommenen Armuth und des Ueberflusses zu wohnen, um das Reich in Besitz zu nehmen. Darum pflegen die Menschen auszuwandern. Hinsichtlich des ersten heißt es (Ruth. 1.): "Es trat ein Hunger im Lande ein und ein Mann verließ Bethlehem Juda." Hinsichtlich des zweiten (Gen. 35.): "Es kam Jacob nach Mambre, d.h. nach Hebron, wo Abraham und Isaak ein Fremdling war." Hebron bedeutet Klarheit. Hinsichtlich des dritten (Luc. 19.): "Ein vornehmer Mann ging in ein fremdes Land."

 In der ersten Wanderung offenbarte sich seine Demuth; in der zweiten seine Liebe; in der dritten seine Majestät. Hinsichtlich der ersten heißt es (Phil. 2.): "(Ahmet Christus nach) welcher, da er in Gottesgestalt war, es für keinen Raub hielt, Gott gleich zu sein, sondern sich selbst entäußert." Hinsichlich des zweiten (Joh. 15.): "Eine größere Liebe hat Niemand, als daß Jemand sein Leben für sfeine Freunde hingibt." Hinsichtlich des dritten (Apostelgesch. 1.): "Männer von Galiläa, warum wundert ihr euch und schauet zum Himmel empor?" Und der Psalmist (8.): "Deine Herrlichkeit wurde erhöht."

 In der ersten Wanderschaft müssen wir ihn also nachnhmen, daß wir uns demüthigen. Christus (Matth. 10.) sagt: "Lernet von mir, denn ich bin sanftmüthig und demüthig, vom Herzen." In der zweiten ist er zu lieben, damit wir ihn entgegenlieben. "Lieben wir Gott, - sagt Johannes (l. Br. 4.) - denn er hat uns zuerst geliebt." In der dritten muß man sich nach ihm sehnen, daß wir zu ihm eilen. "Ich werde wieder kommen und euch zu mir nehmen" (Joh. 14.), und der Apostel (Hebr. 4.):" Eilen wir, in seine Ruhe einzutreten." Dazu möge uns Christus führen.
 Amen.

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