Dienstag, 3. September 2013

Catechismus Romanus - Wie man beten müsse

Römischer Katechismus (Catechismus). Nach dem Beschlusse des Conciliums von Trient und auf Befehl des Pabstes Pius V. herausgegeben. Passau, Druck und Verlag von Friedrich Winkler 1839

Vierter Teil - Achtes Hauptstück - Wie man beten müsse.


 

I. Das Volk soll über die beste Art und Weise, zu beten belehret werden, und was es heisse, im Geiste und in der Wahrheit beten. 

 

1) Wenn das Gebet nicht recht verrichtet wird, nützt es nichts. 2) Wer im Geiste und in der Wahrheit bete.

I. Es liegt sehr viel daran, wie wir uns des heiligen Gebetes bedienen; denn obgleich das Gebet ein heilsames Gut ist, so nützt es doch, wenn es nicht recht verrichtet wird, keineswegs; denn wir erlangen oft gar nicht, um was wir bitten, wie der heil. Jakobus sagt, aus dem Grunde, weil wir nicht recht beten. [Jak. 4,13] Daher sollten die Seelsorger das gläubige Volk belehren, welches die beste Art zu beten sey, sowohl öffentlich, als allein für sich. Diese Vorschriften eines christlichen Gebetes sind uns durch die Lehre Christi des Herrn ertheilet worden.
II. Man muss also beten im Geiste und in der Wahrheit. Denn der himmlische Vater will solche haben, die ihn anbeten im Geiste und in der Wahrheit; [Joa. 4,23] auf diese Weise aber betet der, welcher von Herzen und mit flammendem Seeleneifer bittet; von dieser geistigen Gebetsweise schliessen wie das mündliche Gebet nicht aus. Jedoch glauben wir mit Recht jenem Gebete den Vorzug ertheilen zu müssen, welches von einem entzündeten Gemüthe ausgeht, und dieses erhört
Gott, vordem die geheimen Gedanken der Menschen offen da liegen, wenn es auch nicht vom Munde ausgesprochen wird. Er hörte das innerliche Gebet der Anna, der Mutter Samuels, von der wir lesen, [1. Regg. 1,10.-13] dass sie inbrünstig gebetet, und doch nur die Lippen bewegt habe. So betete David. Denn er sprach: Mein Herz hat zu dir gesagt: Es suchet dich mein Angesicht. [Ps. 26,3] Beispiele hievon findet sich hie und da in den heiligen Schriften.

 

II. Welches der vorzüglichste Nutzen des Gebetes sey. 

 

Das mündliche Gebet hat seinen eigentümlichen Nutzen und Notwendigkeit. Es entzündet den Seeleneifer, und entflammet die heilige Gesinnung des Betenden. Diess schrieb der heilige Augustin auf folgende Weise an Proba: Bisweilen ermuntern wir uns selbst heftiger durch Worte und andere Zeichen zur Vermehrung des heiligen Verlangens. Wir werden manchmal durch eine heftige Begierde und Andacht des Gemüthes gedrängt, unsere Gesinnung mit Worten auszudrücken; denn wenn das Gemüth in Freude sich erhebet, muss auch die Zunge frohlocken; und es geziemt uns wahrlich, dieses überströmende Opfer der Seele und des Leibes darzubringen. Dass die Apostel auf diese Weise zu beten pflegten, erfahren wir an vielen Stellen, aus der Apostelgeschichte und aus den Briefen des Apostels.

 

III. Das mündliche Gebet ist nicht so nothwendig, wenn man für sich allein, als wenn man öffentlich betet. 

 

Es gibt eine zweifache Weise zu beten, das geheime Gebet und das öffentliche. Beim geheimen Gebete, wo man für sich allein betet, bedienen wir uns der Aussprache oder des mündlichen Gebetes, um den innerlichen Eifer und die Andacht zu unterstützen; beim öffentlichen Gebete, welches zur Erregung der Andacht des gläubigen Volkes angeordnet ist, kann zu gewissen und festgesetzten Zeiten das mündliche Gebet nicht unterlassen werden.

 

IV. Die Christen allein beten im Geiste, und sollen lang andauernde Gebete nicht scheuen. 

 

Die Gewohnheit aber im Geiste zu beten, die den Christen eigen ist, üben die Ungläubigen keineswegs. Von ihnen kann man Christus den Herrn so sprechen hören: Wenn ihr aber betet, sollt ihr nicht viel reden, wie die Heiden; denn sie meinen, dass sie erhöret werden, wenn sie viele Worte machen. Seyd also nicht wie sie: denn euer Vater weiss schon vorher, was ihr brauchet, ehe ihr ihn darum bittet. [Matth. 6,7.8] Wenn er aber dasVielschwätzen verbietet, so ist er doch weit entfernt, lange andauernde Gebete, welche aus einem heftigen und anhaltenden Seeleneifer entspringen, zu verwerfen; vielmehr ermahnet er uns sogar durch sein eigenes Beispiel zu einem solchen Gebete, da er nicht nur Nächte im Gebete zubrachte, [Luc. 6,8] sondern dreimal das nämliche Gebet wiederholte. [Matth. 26] Es ist also nur gemeint, dass Gott eitlen Wortschwall nicht erhöre.

 

V. Das Gebet der Heuchler verwirft Gott. 

 

Die Heuchler beten nicht von Herzen, und von ihrer Art zu beten mahnet uns Christus der Herr durch folgenden Ausspruch ab: Wenn ihr betet, sollt ihr nicht seyn wie die Heuchler, welche gern in den Synagogen und an den Strassenecken stehen und beten, damit sie von den Menschen gesehen werden. Wahrlich, sage ich euch, sie haben ihren Lohn schon empfangen. Du aber, wenn du betest, gehe in deine Kammer und schliess die Thüre zu, und bete zu deinem Vater im Verborgenen: und dein Vater, der im Verborgenen sieht, wird es dir vergelten. [Matth. 6,5.6] Die Kammer, welche hier genannt wird, bezieht sich auf das Herz des Menschen; aber es ist nicht genügend, nur hineinzugehen, sondern man muss es überdiess noch verschliessen, damit nichts von Aussen in die Herzen eindringe oder einschleiche, wodurch die Reinheit des Gebetes verletzt werden könnte; dann gewahret der himmlische Vater, der die Herzen und geheimen Gedanken Aller ganz durchschaut, dem Betenden sein Verlangen.

 

VI. Wenn das, wornach wir verlangen, lange nicht gewähret wird, so soll man von dieser Andachtsübung nicht ablassen.

 

Das Gebet fordert ferner Ausdauer; welche grosse Kraft diese habe, zeigt der Sohn Gottes durch das Beispiel jenes Richters; welcher, obschon er weder Gott fürchtete, noch die Menschen scheute, durch die Ausdauer und den Fleiss der Wittwe besiegt, ihr Verlangen gewährte. Daher muss man beständig zu Gott beten, und nicht jene, nachahmen, welche, wenn sie einmal oder zweimal beten, und nicht erlangen, um was sie bitten, des Betens müde werden; bei diesem Geschäfte darf man nicht ermüden, wie uns Christus und die Apostel lehren. Sollte jedoch bisweilen der Wille ermatten, so sollen wir Gott um Kraft zur Ausdauer bitten.

 

VII. Christus befahl uns, in seinem Namen zu bitten, wenn wir vom himmlischen Vater etwas verlangen wollen. 

 

Auch will der Sohn Gottes, dass unser Gebet in seinem Namen zum Vater gelange; denn durch sein Verdienst und die Gnade des Fürsprechens erhält es ein solches Gewicht, dass es vom himmlischen Vater erhöret wird. Er sagt ja beim heil. Johannes: Wahrlich, wahrlich, sage ich euch, wenn ihr den Vater in meinem Namen um etwas bitten werdet, so wird er euch geben. Bisher habt ihr um nichts in meinem Namen gebeten. Bittet, so werdet ihr empfangen, auf dass eure Freude vollkommen werde. [Joa. 16,23.24] Und wiederum: Um was ihr den Vater in meinem Namen bitten werdet, das will ich thun. [Joa. 14,13]

 

VIII. Beim Gebete muss man den Feuereifer der Heiligen nachahmen, und mit der Bitte Danksagung verbinden. 

 

Lasst uns nachahmen den Feuereifer heiliger Menschen, den sie beim Gebete anwendeten. Aber mit der Bitte wollen wir auch Danksagung verbinden, nach dem Beispiele der Apostel, welche diese Gewohnheit immer beobachteten, wie man beim Apostel sehen kann.

 

IX. Damit das Gebet eifrig und wirksam sey, muss man fasten und Almosen geben. 

 

Zum Gebete sollen wir Fasten und Almosen fügen. Das Fasten ist gewiss mit dem Gebete am innigsten verbunden; denn die mit Speise und Trank überladen sind, deren Gemüth ist darniedergedrückt, so dass sie weder zu Gott aufblicken, noch daran denken können, was sie mit dem Gebete wollen. Diesem folgt das Almosengeben, welches ebenfalls mit dem Gebete sehr enge verwandt ist. Denn wer, der Vermögen hat, demjenigen wohlzuthun, der von fremder Mildthätigkeit leben muss, und seinem Nächsten und Bruder nicht hilft, soll sich getrauen zu sagen, die Liebe sey in ihm? Oder wie soll der, welcher ohne Liebe ist, Gottes Hilfe anflehen? ausser er flehet, da er um Verzeihung der Sünde bittet, zu Gott um Liebe. Daher ist es göttliche Anordnung, der Wohlfahrt der Menschen zu Hilfe zu kommen. Denn da wir durch Sündigen entweder Gott beleidigen, oder den Nächsten verletzen, oder uns selbst beschädigen; so besänftigen wir Gott durch heiliges Gebet; durch Almosengeben tilgen wir die Beleidigungen der Menschen aus; durch Fasten reinigen wir uns von eigenem Unflathe des Lebens. Und obgleich jedes Gebet gegen alle Gattungen von Sünden vieles nützet, so ist doch eigentlich jedes einzelne den Sünden, die wir anführten, angemessen und passend.

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